Luzerner Fachstelle für Suchtprävention

«Es ist unrealistisch zu glauben, dass es jemals eine drogenfreie Jugend geben wird»

Der Mischkonsum bei Jugendlichen scheint tendenziell zuzunehmen. (Symbolbild: Adobe Stock)

In Sachen Suchtprävention kommt der Luzerner Fachstelle Akzent eine bedeutende Rolle im Kanton zu. Wir haben nachgefragt, wie sie bei ihrer Arbeit genau vorgeht – und weshalb sie mit Kita-Leiterinnen zusammenarbeitet.

Wenn es um Suchtprävention geht, kommt man in Luzern nicht um sie herum: die Fachstelle «Akzent Prävention und Suchttherapie». Im Auftrag des Kantons und den Gemeinden unterstützt sie Fachleute wie Lehrpersonen, Jugendarbeitende oder Kita-Leiterinnen.

Kita-Leiterinnen? Warnt man etwa schon 5-Jährige vor Alkohol und Drogen? Jacqueline Mennel, Bereichsleiterin Prävention, verneint. Das wäre völlig daneben, wie sie schreibt. Wichtig sei in diesem Alter vielmehr, Kinder bereits früh dabei zu unterstützen, Kompetenzen wie Selbstwahrnehmung, Kommunikationsfertigkeiten, Problemlösefähigkeiten oder kritisches und kreatives Denken aufzubauen.

«Das hilft, später in einer allfälligen schwierigen Lebenssituation etwa nicht auf Suchtmittel zurückzugreifen, weil sie andere Bewältigungsstrategien kennen.» Und das sei – nebst Wissensvermittlung – auch der Ansatz von Akzent: Lebenskompetenzen zu stärken und Risiken zu minimieren beziehungsweise Schutzfaktoren zu stärken.

Was Wertschätzung bewirken kann

Das klingt ein wenig abstrakt. Wie geht Akzent konkret dabei vor? «Der Aufbau einer wertschätzenden Beziehung im Alltag, in der man Kindern etwas zutraut und sie ermuntert, selbstbewusst Herausforderungen anzugehen, ist sehr wichtig», so Mennel. Dazu haben sie verschiedene Materialien, Ideen oder Spiele für die jeweiligen Lebensphasen entwickelt, die Fachpersonen einsetzen können.

«Fachpersonen sind sich manchmal gar nicht bewusst, was sie im Kleinen ganz Wichtiges bei den Kindern und Jugendlichen bewirken können, was Prävention pur ist.» Wichtig sei ihnen auch, dass Fachpersonen in der Früherkennung und Frühintervention bei gefährdeten Kindern und Jugendlichen sensibilisiert sind und konstruktiv und richtig reagieren. Auch da unterstütze Akzent Fachpersonen adäquat.

Jacqueline Mennel, Bereichsleiterin Prävention bei Akzent. (Archivbild: zentralplus) (Bild: ida)

Lehrerinnen in der Pflicht

Im Fokus der Präventionsarbeit von Akzent steht ein «ganzheitliches, vernetztes Vorgehen», in das sie verschiedene Schlüsselpersonen involvieren. Das Team von Jacqueline Mennel berät und schult beispielsweise Lehrer, Sozialarbeiterinnen, Jugendarbeiter, Arbeitgeberinnen, Pflegefachpersonen oder Eltern.

«Der Mischkonsum steht bei uns sehr weit oben auf der Prioritätenliste.»

Jacqueline Mennel

Gerade Schulen kommt eine wichtige Rolle zu. «Wir gehen selber beispielsweise schon länger nicht mehr in Schulklassen, sondern unterstützen Lehrpersonen, Lehrerteams oder die Schulsozialarbeit darin, wie sie effektive Suchtprävention betreiben können», sagt Mennel. In ihren Augen sei das eine nachhaltigere Art von Prävention, als wenn sie für zwei Lektionen etwas über die Gefährlichkeit von Substanzen erzählen – und es sich damit hat.

Nach Drogentoten: Schullektion zu Xanax auf die Beine gestellt

In den letzten Jahren sind in Luzern mehrere Jugendliche gestorben, weil sie Drogen und Medikamente genommen und den Mischkonsum unterschätzt hatten (zentralplus berichtete). Nicht nur Jugendliche wissen zu wenig über die Problematik, sondern auch Fachstellen. Genaue Daten fehlen, eine nationale Studie soll aber dieses Jahr noch gestartet werden. «Die verstorbenen Jugendlichen stimmen mich sehr traurig», sagt Mennel.

Auf die Ereignisse hat man bei der Fachstelle reagiert. Auch viele Schulen seien auf Akzent zugekommen und hätten nach Unterstützung gefragt. «Der Mischkonsum steht bei uns sehr weit oben auf der Prioritätenliste», betont Mennel. Deswegen haben sie auch eine spezielle Schullektion für Sekundarschulen und Gymnasien zum Thema Xanax, Tilidin und Mischkonsum zusammengestellt. Weiter haben sie Infoflyer für Schulen erstellt oder informieren an Elternabenden gemeinsam mit der Polizei zum gefährlichen Mischkonsum oder schulen Lehrpersonen an internen Weiterbildungen dazu.

«Man kann nicht generell davon sprechen, dass nur Luzerner Jugendliche ein Drogenproblem haben.»

Jacqueline Mennel

Laut Angaben der Regierung auf einen Vorstoss der grünen Kantonsrätin Rahel Estermann hin hat sich die Zusammenarbeit zwischen Akzent und der Polizei «intensiviert». Mennel betont, die Zusammenarbeit sei sehr gut und bestehe schon lange. «Wir sind regelmässig in Kontakt miteinander und verweisen je nach Art der Anfragen von Schlüsselpersonen aufeinander.»

In Gymnasien fehlt ein niederschwelliges Beratungsangebot

Kürzlich monierte Kantonsrätin Rahel Estermann, dass es an Gymnasien eine Lücke gebe, weil als erste Anlaufstelle in Gymnasien Klassenlehrpersonen und die sogenannte interne Schulberatung dient – welche wiederum aus Lehrpersonen zusammengestellt ist. (zentralplus berichtete).

Auch der Fachstelle Akzent ist diese Lücke bekannt. «Den Gymnasien ist diese Problematik bewusst und wir stellen fest, dass diesbezüglich Schritte unternommen werden.»

Ohne Prävention ein «noch viel grösseres Problem»

Zu denken gibt der Bereichsleiterin Prävention die aktuelle Coronasituation: «Mir macht jedoch der zunehmende Leistungsdruck und die momentan schwierige Situation rund um Corona Sorgen. Dies fördert die Flucht in psychoaktive Substanzen.»

Laut Jacqueline Mennel ist der Kanton bezüglich Prävention insgesamt gut aufgestellt. «Es ist jedoch unrealistisch zu glauben, dass es jemals eine drogenfreie Jugend geben wird», so die ehemalige SP-Kantonsrätin. Noch in jeder Generation hätten Jugendliche mit psychoaktiven Substanzen experimentiert. «Man kann aber nicht generell davon sprechen, dass nur Luzerner Jugendliche ein Drogenproblem haben. Und ganz wichtig: Der Grossteil lebt drogenfrei.»

Das sei verschiedenen Faktoren zu verdanken – nicht zuletzt auch der Prävention. «Ich bin überzeugt: Ohne Sucht- und Gesundheitsprävention hätten wir jetzt ein noch grösseres Problem.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Brigitte Matteuzzi
    Brigitte Matteuzzi, 20.02.2021, 12:31 Uhr

    Dieses Vorgehen, schon im Kindergarten das Selbstvertrauen zu stärken, ist VORBILDLICH! DAS ist der richtige Ansatz, und nicht das blöde Geschwafel über Rassismus und „Gendernewusstsein“.. Hierzu werden sogar Leute als Gäste eingeladen, die mit ihrer Vergangenheit oder ihrem Zustand nicht fertig werden — einfach unverantwortlich, aber im Trend, leider.

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