Interview mit Zuger Guthirt-Pfarrer Urs Steiner

«Es handelt sich hier nicht um Sozialwohnungen»

Die Kirche Guthirt in Zug: Zu ihr gehört eine Pfarrkirchen-Stiftung, die Wohnungen besitzt. Wer als Mieter einziehen darf, entscheidet der Pfarrer – was im Fall einer Expat-Familie für Streit sorgte.

(Bild: Remo Wiegand)

Weil die Kirchenstiftung von Guthirt in der Stadt Zug einem gut verdienenden Expat den Vorzug bei der Vergabe einer günstigen Wohnung gegeben hat, ist Streit entstanden. Die Vormieterin beklagte sich darüber, dass keine bedürftigen Personen für die Wohnung berücksichtigt wurden. Ebenso störte es sie, dass der Pfarrer eigenmächtig gehandelt habe (zentralplus berichtete). Nun bezieht der Guthirt-Geistliche in einem Interview mit zentralplus Stellung.

zentralplus: Herr Steiner, mal ehrlich, warum wurde die günstige Drei-Zimmerwohnung an einen Expat vergeben, der bei Johnson&Johnson arbeitet und ein gutes Einkommen bezieht?

Urs Steiner: Es handelt sich nicht um einen Expat. Der Nachmieter hat einen ganz normalen Schweizer Arbeitsvertrag. Die Familie war bereits viele Jahre in Zug wohnhaft, bevor der Mann für ein Jahr ins Ausland versetzt wurde.

zentralplus: Das heisst aber doch, dass er gut verdient. Warum also muss man dann so eine gut gestellte Person in eine preisgünstige Wohnung lassen?

«Nur weil jemand bei einer internationalen Firma arbeitet, heisst das noch lange nicht, dass es sich um einen Grossverdiener handelt.»

Urs Steiner, Pfarrer Guthirt

Steiner: Es handelt sich bei unserer Überbauung weder um Sozialwohnungen, noch sind sie in irgend einer Weise subventioniert. Zur Mieterschaft gehören einige Familien, die seit jeher im Guthirt-Quartier beheimatet sind. Wir haben in der Überbauung einen guten Generationenmix und ebenfalls verschiedene Nationalitäten beziehungsweise Familien mit Migrationshintergrund. 

 

Pfarrer Urs Steiner.

Pfarrer Urs Steiner.

(Bild: zvg)

zentralplus: Was heisst das konkret?

Steiner: Das heisst konkret, dass mir eine gute Durchmischung der Mieterschaft wichtig ist. Besagte Vormieterin konnte jahrelang von der guten Wohnlage und der bezahlbaren Miete profitieren, die so tief wie möglich und so hoch wie notwendig kalkuliert ist. Im Übrigen zieht jetzt eine Familie mit zwei Kindern in die Wohnung, welche die Vormieterin bisher alleine bewohnt hat.

zentralplus: Trotzdem: Warum hat die Wohnung nicht jemand erhalten, für den diese Dreizimmer-Wohnung für 1’800 Franken wirklich eine günstige Wohnung im teuren Zug darstellt?

Steiner: Nur weil jemand bei einer internationalen Firma arbeitet, heisst das noch lange nicht, dass es sich um einen Grossverdiener handelt. Ausschlaggebend war einerseits der Umstand, dass die Familie zwei Kinder hat, und dass sie sich in der «Good Shepherd’s Catholic Community» engagiert hat, und dies auch in Zukunft tun wird. Wir fragen bei der Vergabe von Wohnungen nie nach der Religionszugehörigkeit. Wenn sich aber eine Familie in der Kirche engagiert, dann versteht es sich von selbst, dass ihr eine kirchliche Stiftung eine gewisse Priorität einräumt.

zentralplus: Müsste die Wohnungseigentümerin, die kirchliche Stiftung der Guthirt-Kirche, aber nicht grundsätzlich mehr caritative Kriterien bei der Wohnungsvergabe an den Tag legen?

Die Zuger Guthirt von innen.

Die Zuger Guthirt von innen.

(Bild: Remo Wiegand)

Steiner: Unsere Stiftung ist auf verschiedenen Ebenen sozial engagiert und unterstützt unter anderem einige Familien, damit sie sich zum Beispiel die Mieten in Zug leisten können. Wir leisten einen nicht unerheblichen Beitrag an sozial weniger gut gestellte Personen im Quartier und in der Stadt Zug.

zentralplus: Last, but not least, wird Ihnen, Herr Steiner, vorgeworfen, dass Sie diskussionslos und in Gegenwart von anderen Mietinteressenten entschieden hätten, dass der Expat die Wohnung bekommt?

Steiner: Diese Frage basiert auf falschen Informationen! Offenbar aufgrund persönlichen Frusts erfindet die Vormieterin eine süffige Situation. Sie verbrämt dabei ihre persönlichen Interessen mit einem Engagement für sozial schwächer Gestellte und lenkt dabei vom Umstand ab, dass es ihr darum ging, ihre Möbel an Nachmieter zu verkaufen.

zentralplus: Sie lenken ab, Herr Steiner. Sie waren es doch, der über den neuen Mieter entschieden hat.

«Dies ist schlicht und einfach eine Lüge, denn er spricht sehr wohl ein ausgezeichnetes Deutsch.»

Urs Steiner

Steiner: Bei der besagten Wohnungsbesichtigung waren weder ich persönlich, wie mir in der Frage unterstellt wird, noch andere Mietinteressenten anwesend. Fakt ist, dass die Vormieterin den Mietinteressenten respektlos angeblafft hat, in der Schweiz spreche man deutsch. Wider besseren Wissens behauptet sie, sie hätte sich mit Handzeichen verständigen müssen, denn der Herr wäre der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen. Dies ist schlicht und einfach eine Lüge, denn er spricht sehr wohl ein ausgezeichnetes Deutsch. Bewusst falsche Informationen zu verbreiten, erachte ich als respektlos, unredlich und unanständig. Richtig ist, dass ich entscheide, wer eine Wohnung bekommt – und dazu spreche ich mich mit meinem Stiftungsrat ab.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon