Kunst mitten im Luzerner Verkehr

«Es gibt viele scheussliche Kreisel»

Das Kunstwerk «Tension - Energy» des griechischen Künstlers Costas Varotsos. (zod) (Bild: zod)

Ein Verkehrskreisel, könnte man meinen, ist nichts Besonderes. Und doch gibt es einige Objekte im Kanton Luzern, die mit aussergewöhnlicher Kunst in der Mitte auftrumpfen. zentral+ stellt einige dieser Kunstobjekte vor und zwei Kreiselkünstler erzählen, wie sie mit ihren Werken etwas «Ästhetisches» im grauen Verkehrsalltag schaffen wollten.

In den letzten vier Jahren (2011-2014) wurden auf den Luzerner Kantonsstrassen um die 20 neue Kreisel gebaut. Das sind durchschnittlich fünf Kreisel im Jahr. Während der Strassenbau an sich wenig interessant ist, gibt es neben den einfachen Erdwällen und Blumenbeeten auch kreativere Kreiselinhalte.

Aber hier setzt der Kanton einige Vorschriften fest, um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten. Das Objekt darf sich im Kreisel nicht bewegen, nicht aktiv leuchten und die Autofahrer nicht blenden. Auch Werbung und Verweise auf Firmen sind nicht gestattet, so die Empfehlung der Abteilung Verkehr und Infrastruktur (vif) in einem Merkblatt. Eigentlich sollte das Objekt maximal neun Meter hoch sein. Dennoch haben wir einen gigantischen Stahlkörper in Root gefunden, der 25 Meter aus einem Kreisel in die Höhe ragt.

Neben diesem futuristischen Werk wird ein Kreisel in Eschenbach vorgestellt, der zurzeit unter den Top 10 auf einer Schweizer Website für Kreiselkunst weilt. Auf dieser Website kann man für seine Lieblingskreisel abstimmen. Als Erstes erklären jedoch zwei regionale Luzerner Künstler, wie sie die Kunst in ihren Kreiseln gestaltet haben und welche Ideen dahinter stecken.

10’000 Plättchen im Kreisel

«Ich finde, es gibt viele scheussliche Kreisel und für mich war es wichtig, etwas Ästhetisches zu kreieren», erklärt Urs Heinrich, ein freischaffender Künstler, der 2011 das Kunstobjekt auf dem Kreisel in Dagmersellen entwarf. Aber Kunst sei natürlich immer subjektiv und Geschmacksache.

Der Wettbewerb für die Kreiselkunst wurde vom Schweizerischen Plattenleger-Verband initiiert, der neben dem Kreisel sein Bildungszentrum hat. «Bedingung war, dass das Objekt aus Keramikplatten bestehen wird», so Heinrich. Er konnte den Wettbewerb für sich entscheiden und Lernende des Bildungszentrums des Schweizerischen Plattenlegerverbandes setzten seine Pläne in die Tat um. Fast 10’000 solcher Plättchen wurden auf elf Stelen befestigt. Das Kunstprojekt kostete insgesamt 50’000 Franken.

Das Objekt muss flexibel sein, erklärt Heinrich, denn der Kreisel ist nur ein Provisorium und soll noch verkleinert werden. Die jetzigen elf Stelen, die drei Meter hoch und drei Tonnen schwer sind, sollen um zwei Stelen reduziert werden. «Wenn man am Objekt vorbeifährt, dann hat man immer eine andere Sicht auf den Innenraum. Fast wie ein bewegtes Bild», erklärt Heinrich die Idee hinter seinem Objekt.

Nein das ist nicht der Eingang zum Schwimmbad sondern ein Kreisel in Dagmersellen. (zod)

Urs Heinrich ist es wichtig, dass er selbst und andere Leute Freude an seinen Werken haben. (zod)

(Bild: zod)

Der «Hurlisbus»

Der Künstler Hans Mehr aus Rain ist ähnlicher Meinung wie Heinrich: «Es gibt genügend Beispiele von langweiligen und kreativlosen Kreiseln.» Mehr hat in Rain das Kunstobjekt «Rotator» auf dem Kreisel im Gebiet Sandblatte erstellt. Sein Ziel sei es gewesen, mit seinem Kreisel ein Zeichen zu setzen und zur kulturellen Identität im Dorf Rain beizutragen. Mehr arbeitet seit 10 Jahren in einem Atelier in Rain und stellt Skulpturen und Plastiken her.

Seine Idee war es, eine Art «Hurlibus» zu kreieren, der auf dem Kreisel «tanzt». «Ein Hurlibus dreht sich und wird immer langsamer bis er umfällt», so Mehr. Diese «ruhende» Dynamik sollte die Verkehrsberuhigung, die ein Kreisel herbeiführt, darstellen. Mehr investierte rund 200 Stunden in das 1150 Kilogramm schwere Kunstobjekt, das aus rohem Stahlblech hergestellt wurde. Für die Setzung Ende 2007 flog ein Hubschrauber das Objekt zum Kreisel. 50’000 Franken betrug das Budget des Projekts, das bisher sein einziges Kreiselkunstobjekt ist. Mehr will jedoch mehr: «Für weitere Kreiselgestaltungen bin ich jederzeit ansprechbar.»

Hans Mehr entwarf das Kunstobjekt «Rotator», das an einen Hurlibus erinnert. (zod)

Hans Mehr entwarf das Kunstobjekt «Rotator», das an einen Hurlibus erinnert. (zod)

(Bild: zod)

Komplexes Werk für 450’000 Franken

Auch in Root war ein Künstler am Werk. Allerdings ein Grieche und kein Luzerner: Costas Varotsos. 25 Meter hoch und 9 Tonnen schwer ist seine gebogene Stahlkonstruktion in Form einer Nadel, die auf dem Kreisel in Root steht. Ein 140 Meter langes Seil verbindet die Nadel mit einer Betonschale in einem zweiten Kreisel. «Für die Erstellung des Kunstwerkes war eine Ausnahmebewilligung sowie eine Sondernutzungsbewilligung des Kantons Luzern notwendig», erklärt André Wespi, Gemeindeschreiber von Root. Diese Bewilligung laufe noch 55 Jahre. Dies ist anhand der Grösse und des Preises dieses Kunstwerks wohl eine angemessene Laufzeit.

Denn für das 2011 eingeweihte Werk wurden 450’000 Franken per Fundraising gesammelt. Hauptsponsoren waren unter anderem Holcim, Implenia und Sika. Auch die Gemeinde Root zahlte einen Betrag an das Objekt. Organisator war der Verein «Kunst im Rontal» und der Leitung von Friederike Schmid. «Dieses Werk war das bisher komplexeste, was ich je realisierte – es ist nämlich nicht eine statische Skulptur, sondern ein dynamisches Werk», erklärt Schmid. Je nach Temperatur hebe sich die Betonschale und das Seil zwischen den Kreiseln bleibe somit straff.

Das Kunstwerk «Tension - Energy» des griechischen Künstlers Costas Varotsos. (zod)

Das Kunstwerk «Tension – Energy» des griechischen Künstlers Costas Varotsos. (zod)

(Bild: zod)

Preis bleibt vertraulich

In Altishofen war hingegen Bruno Tanner am Werk, der schon mehrere Kreiselprojekte im Kanton Luzern umgesetzt hat. Dort stellte er eine radartige 15 Tonnen schwere Skulptur auf. Sie ist fünf mal zehn Meter gross und soll zusammen mit dem Kreisel zur Verkehrsberuhigung beitragen. «Der Verkehr auf der Strecke Dagmersellen bis Willisau hat in den letzten Jahren extrem zugenommen», erklärt Peter Galliker vom Logistikunternehmen Galliker Transport AG. Galliker war es, der sich zusammen mit der Gemeinde für den Bau eines Kreisels einsetzte.

«Der Kreisel sollte jedoch nicht nur ein Kreisel sein», sagt Galliker. Weil sie zu den grössten Arbeitgebern in Altishofen gehören würden, finanzierte die Familie Galliker das Kunstprojekt von Tanner. Wie in Eschenbach will man in Altishofen nicht verraten, wie teuer das Objekt an sich war.

Beim Bau des Kreiselaussenraumes 2011 wurden die Kosten zwischen Kanton und Gemeinde aufgeteilt: Altishofen zahlte laut Angaben der Gemeindeverwaltung 560'000 Franken. (zod)

Beim Bau des Kreiselaussenraumes 2011 wurden die Kosten zwischen Kanton und Gemeinde aufgeteilt: Altishofen zahlte laut Angaben der Gemeindeverwaltung 560’000 Franken. (zod)

(Bild: zod)

Ein Stein an Seilen

Auch in Eschenbach wurde der Kreiselinhalt zu einem Teil von einem Unternehmen finanziert: der Möbel Egger AG. Nachdem ein Wettbewerb mit Studenten gemäss dem «Seetaler Boten» scheiterte, nahm sich der damalige Gemeindeamman Josef Bucher der Aufgabe selber an. Seit Anfang 2013 hängt nun ein 5,7 Tonnen schwerer Stein in einem roten Rahmen am Eingang des Dorfes und dieser ist nicht zu übersehen. Die Kosten für das Objekt übernahm, neben der Möbel Egger AG, die Gemeinde. Wie viel die Steinkonstruktion gekostet hat, wird nicht kommuniziert, doch Bucher sagt, dass die Kosten «verträglich» gewesen seien, da kein Künstlerhonorar angefallen sei.

Die Gesamtkosten des Kreiselbaus, ohne das Kunstobjekt, lagen bei rund 500’000 Franken. Der Kreisel sei zusammen mit der Grossüberbauung «Rothlipark» entstanden und wurde von verschiedenen Investoren und der Gemeinde bezahlt. Der Kanton habe zudem einen kleineren Beitrag beigesteuert.

Der Alt Gemeindeammann Josef Bucher entwarf das Kunstobjekt in Eschenbach gleich selbst. (zod)

Der Alt Gemeindeammann Josef Bucher entwarf das Kunstobjekt in Eschenbach gleich selbst. (zod)

(Bild: zod)

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1 Kommentar
  • Profilfoto von tschovanni
    tschovanni, 07.08.2014, 17:37 Uhr

    Die «Kreiselkünstler» sollten einmal die echten Kreisel-Kunstwerke in Südfrankreich, z. Bsp. an der Rocade est (Ost-Umfahrung) in Alès anschauen. . . . diese würden ob der «Kreiselthemen» in Erstaunen erstarren, dass man sowas realisieren kann!

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