Bauernpartei oder Wirtschaftsturbo?

«Es braucht Mut, der SVP beizutreten»

Ihr Wahlkampf ist im Schuss, seit neuestem auch mit dem Dreiradpiaggio: Die Zuger SVP will mehr Sitze gewinnen. Im Piaggio gibt es schon mal einen. (Bild: zvg)

Der SVP läuft es gut im Kanton Zug. Aber politisiert die Partei im Wirtschaftskanton nicht an ihrer Basis vorbei? Mehr Expats bedeutet ja auch: Mehr Ausländer. Nationalrat Thomas Aeschi erklärt, wie man gleichzeitig bedingungslose Wirtschaftspartei und gesellschaftlich konservativ sein kann.

Thomas Aeschi sitzt in der Brasserie Schiller an der Bar, fürs Interview, und bestellt Mineralwasser. Gleich um die Ecke ist die Unternehmensberatungsfirma, für die er arbeitet, und nach Feierabend fährt Aeschi nach Baar, wenn gerade keine Session ist. Denn der junge Ökonom ist nicht nur Nationalrat, er ist auch Vizepräsident der Zuger SVP. Und er hat grosses mit ihr vor.

zentral+: Thomas Aeschi, die SVP Zug steht so gut da wie noch nie, ist in den Gemeinden und im Kanton gut vertreten, hat zwei Sitze im Regierungsrat. Kann es überhaupt noch besser werden?

Thomas Aeschi: Selbstverständlich kann es noch besser werden. Im Regierungsrat sind wir gut vertreten, da stellen wir uns mit unseren beiden Bisherigen wieder auf. Im Kantonsrat wollen wir aber zulegen, und das müssen wir auch: Damit wir unsere 19 Sitze im Kantonsrat halten können, müssen wir wegen des doppelten Pukelsheim mehr Wähler mobilisieren, als bei den letzten Wahlen. Wir sind überzeugt, dass das klappt und streben sogar mehrere Sitzgewinne an.

zentral+: Aber kann sich die SVP im Kanton Zug denn überhaupt profilieren? Sie unterscheidet sich in ihren Positionen nicht so stark von der Zuger CVP oder der FDP.

Aeschi: Als einzige Partei hat sich die SVP gegen das bürger-, gewerbe- und wirtschaftsfeindliche Gebührengesetz eingesetzt. Das Volk lehnte das Gesetz wie die SVP ab und stimmte in 10 von 11 Gemeinden dagegen. Auch beim Integrationsgesetz, bei welchem die Eigenverantwortung bei der Integration durch Staatsbürokratie abgelöst hätte werden sollten, ergriff die SVP wieder das Referendum und auch dieses Mal folgte das Volk klar der SVP – in keiner Gemeinde erhielt Mitte-Links eine Mehrheit. 

zentral+: Und die Zuger SVP, kann sie auch eigene Ideen auf den Tisch bringen?

Aeschi: Natürlich, wir sind die Partei des Mittelstands, des Gewerbes und der Bauern und stehen für den eigenverantwortlich handelnden Bürger ein. So hat die SVP in der laufenden Legislatur das unnötige Littering-Gesetz abgelehnt und Steuersenkungen für das Gewerbe mitgeprägt.

zentral+: Dass sie die Parteien des Mittelstandes und des Gewerbes sind, behaupten CVP und FDP von sich genauso.

Aeschi: CVP und FDP haben dem bürger-, gewerbe- und wirtschaftsfeindlichen Gebührengesetz zugestimmt. CVP und FDP haben dem unnötigen Integrationsgesetz zugestimmt. CVP und FDP haben das bürokratische Littering-Gesetz unterstützt. Nein, die SVP hat auch im Zuger Kantonsrat oft eine andere Meinung als Mitte-Links. In Bern sind die Differenzen aber sicherlich extremer: So besetzen im KMU-Ranking des Schweizer Gewerbeverbands SVP-Politiker die ersten 50 Plätze. Zudem hat sich die SVP im Zuger Kantonsrat mit Vehemenz für eine elektronische Abstimmungsanlage eingesetzt. Diese wurde nun vor kurzem mit der neuen Geschäftsordnung genehmigt. Es wird spannend sein, nach deren Einführung das Stimmverhalten der Parteien zu analysieren.

zentral+: Die SVP ist spürbar homogener als andere Parteien, als etwa die CVP, die in Zug einen rechten und einen linken Flügel hat, die sich klar unterscheiden. Altbundesrat Adolf Ogi hat kürzlich kritisiert, es gäbe keinen inneren Widerstand mehr in der SVP. Ist man bei der Volkspartei zu wenig kreativ, um divergierende Meinungen zu haben?

Aeschi: (lacht) Bestimmt nicht, wir sind kreativ. Aber die SVP ist tatsächlich sehr homogen, ich denke, das liegt daran, dass wir uns einfach ideologisch alle sehr nahe stehen. Und es wird schon auch heftig debattiert in den Fraktionssitzungen.

zentral+: Nun ist Zug ein Wirtschaftskanton, die ländlichen Teile werden immer kleiner. Kann die SVP mit ihrem ländlich geprägten Weltbild hier überhaupt punkten?

Aeschi: Man muss schon sehen, die Wurzeln des Kantons sind sehr ländlich. Und es gibt auch noch eine ganze Reihe von Bauernhöfen, deren Interessen wir sehr wohl vertreten. Als Volkspartei finden in der SVP aber sowohl Bauern als auch Gewerbler eine Heimat und gerade in Zug sind beide wichtig. Aber gerade hier ist auch das Thema der Masseneinwanderung aktuell, es gelangen viele Menschen an uns, die sagen, es werde nirgends im Kanton mehr Deutsch gesprochen, sie fühlten sich nicht mehr wohl. Da müsse man doch etwas unternehmen.

zentral+: Aber die SVP befürwortet ja das Steuersystem des Kantons Zug genauso wie die anderen bürgerlichen Parteien. Und das zieht nun mal internationale Firmen mit internationalen Mitarbeitern an. Politisiert die Partei da nicht an der Basis vorbei, die der Einwanderung von Expats kritisch gegenübersteht?

Aeschi: Auch nach Annahme unserer Masseneinwanderungsinitiative soll die Wirtschaft weiterhin gut qualifizierte Leute aus dem Ausland einstellen können. Aber bei den weniger gut qualifizierten Ausländern, beim Familiennachzug und im Asylwesen besteht dringender Handlungsbedarf, die Einwanderung einzuschränken.

zentral+: Im Kanton Zug boomt die Baubranche, das ländliche Zug schrumpft immer weiter. Wiesen verschwinden, alte Häuser werden abgerissen. Die SVP gibt sich konservativ, aber setzt sie sich denn tatsächlich auch für eine Bewahrung von Landschaft und alten Häusern ein? Oder ist Ihnen das Interesse der Bauunternehmer wichtiger?

Aeschi: Natürlich setzt sich die SVP auch für die Bewahrung von historischen Häusern ein. Aber es ist nun mal ein Interessenskonflikt zwischen Denkmalpflege und Bauherrschaft, die Interessen müssen in jedem Fall spezifisch beurteilt werden. Zum Bauboom und der Bewahrung von Landschaft: Der SVP-Baudirektor Heinz Tännler setzt sich stark für eine bauliche Verdichtung ein, damit der Verbrauch von Fruchtfolgeflächen möglichst klein gehalten werden kann. Er macht das hervorragend.

zentral+: Nun hat die Zuger SVP auch eine starke Jungpartei, die etwa mit Beni Riedi auch im Kantonsrat vertreten ist. Wie kann die konservative Partei junge Menschen abholen?

Aeschi: Viele Junge sind sehr besorgt über die politische Entwicklung. Haben Angst, dass die Schweiz zu viele Freiheiten aufgibt, dass sie schleichend der EU beitritt. Es gibt sehr viele SVP-Themen, die auch junge Leute interessieren. Wenn sich eine junge Baarerin nachts in Zug nicht mehr sicher fühlt, wenn sie vom Nachtzug aus Zürich aussteigt, dann tritt sie der SVP bei. Und wir bemühen uns auch aktiv um die Jungen. Kantonsrat Beni Riedi und Kantonsratskandidat Gregor Bruhin veranstalten zum Beispiel regelmässig Grillabende für politikinteressierte junge Leute. Aber ja, es braucht auch bei jungen Leuten immer noch Mut, der SVP beizutreten.

zentral+: Wieso braucht das Mut?

Aeschi: Es gibt viele, teilweise auch von den Medien verbreitete Vorurteile über die SVP. Doch mittels einer soliden Sachpolitik stossen diese beim Volk immer weniger auf Gehör, wie auch die erfolgreiche Abstimmung vom 9. Februar 2014 über die SVP Masseneinwanderungsinitiative gezeigt hat.

zentral+: Und stimmen diese Vorurteile nicht?

Aeschi: Die Themen der SVP bewegen die Wähler: Ausländerkriminalität, Einwanderungsdruck, schleichender EU-Beitritt, Missbrauch von Sozialwerken, usw. Schliesslich geht es bei all diesen Themen darum, das traditionelle Erfolgsmodell der Schweiz zu bewahren und dafür zu sorgen, dass auch unsere Kinder in einer freien und unabhängigen Schweiz aufwachsen dürfen.

 

Thomas Aeschi hat grosses vor mit der Zuger SVP: Er will noch mehr Sitze holen im Kantonsrat. Wie das geht? Mit geballter Wirtschaftsfreundlichkeit.

Thomas Aeschi hat grosses vor mit der Zuger SVP: Er will noch mehr Sitze holen im Kantonsrat. Wie das geht? Mit geballter Wirtschaftsfreundlichkeit.

(Bild: zvg)

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Markus Mathis
    Markus Mathis, 13.09.2014, 21:24 Uhr

    Ich mag den Zuger Büchsenmacher Manfred Pircher von der SVP. Nicht weil ich seine politischen Ansichten teile, sondern weil er echt und einer aus dem bodenständigen Teil der Partie ist.

    Thomas Aeschi ist für mich nicht echt. Ein Unternehmensberater, der vor 20 Jahren wohl bei der FDP gelandet wäre, jetzt aber bei den Nationalkonservativen die besseren Karrierechancen sieht. Leute wie er oder Regierungsrat Heinz Tännler, ehemals FDP und vormals Chef-Justitiar der korrupten FIFA, der es nicht so gerne mag, wenn das gemeine Volk am Zugersee Würste brätelt, sind für mich Fürsprecher der internationalen Finanzaristokratie. Jetzt haben sie sich gegen Gebühren und fürs Kleingewerbe eingesetzt – ja super! Ihre Anti-Europa-Politik mit ihren negativen Konsequenzen für die bilateralen Abkommen wird den kleinen und mittleren Unternehmen einen ungleich grösseren Schaden zufügen, als ihre zum Scheitern verurteilte Symbolpolitik Positives zu bewirken vermöchte. Profitieren könnten davon nur die grossen internationalen Konzerne, die Finanzaristokratie, die Heuschrecken.

    Aeschi, Tännler & Co. könnten 365 Tage im Jahr im Sennenkutteli rumrennen und sich nur von Puurezmorge ernähren, sie sind und bleiben eine Mogelpackung.

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  • Profilfoto von Philip C. Brunner
    Philip C. Brunner, 13.09.2014, 17:35 Uhr

    Ich, als selbständiger Zuger KMU Unternehmer freue mich jedenfalls sehr über die Erfolge von SVP Nationalrat Thomas Aeschi. Er vertritt seit letzter Woche nicht nur meine Interessen ganz direkt in der WAK-N (Nationalrat). Seit 1999 war kein Zuger Nationalrat mehr dort – und das merkt man auch ständig – der Kanton Zug wird laufend finanziell geschwächt wo es nur geht. Die Nachricht ist für unseren Kanton auch eine sehr gute, weil enorm wichtige zukünftige Geschäfte wie die USR III, Anpassungen beim NFA und so weiter in dieser Kommission vorbereitet werden und der Kanton Zug in Bern dank Aeschi ein bisschen mehr an Einfluss gewinnt. Erfreuliche Aussichten und herzliche Gratulation – bei gleichzeitigem Dank an die SVP-Wähler im ganzen Land, welche der SVP-Fraktion in dieser wichtigen Kommission insgesamt sieben Sitze zugeteilt haben.
    In einem Jahr sind wieder Wahlen: Ich unterstütze den erfolgreichen SVP-Nationalrat Thomas Aeschi bei seiner Wiederwahl in die Grosse Kammer in Bern schon heute! Es braucht auf jeden Fall mehr solche Volksvertreter wie ihn in Bern.
    Philip C. Brunner, Zug

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  • Profilfoto von philippe.koch gmx.ch
    philippe.koch gmx.ch, 12.09.2014, 21:22 Uhr

    Man sollte sich von der Rhetorik nicht täuschen lassen: Thomas Aeschi vertritt nicht die Interessen der SchweizerInnen, des Mittelstandes oder der Bauern. Er vertritt die Interessen der globalen Elite, zu der er natürlich selber gehört. So war er etwa Young Global Leader am WEF 2014, hat an den renommiertesten und teuersten Privatuniversitäten der Welt Diplome gemacht und arbeitet ausschliesslich für global tätige Unternehmensberater – also genau das Gegenteil einer klassisch Schweizerischen KMU-Biographie. In Bern hat er noch nie ein Anliegen unterstützt, dass die Landschaft, das bauliche Erbe oder die Umwelt schützen würde. Dafür umso mehr die Anliegen von Steueroptimieren und globalen Wirtschaftsopportunisten. Mit diesem Profil entspricht er ziemlich genau der neuen SVP-Generation, die sich einen Deut um die Schweiz oder sonst um ein Land schert. Ziel ist einzig die Profitmaximierung der Elite. Oder in den Wort von Warren Buffet: “There’s class warfare, all right, but it’s my class, the rich class, that’s making war, and we’re winning.”

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