Der Schweizer Fotograf Bernd Nicolaisen zeigt seine Werke in Luzern. Es geht um Eis, um Zeit und um Vergänglichkeit. Und dafür gibt es in Luzern den idealen Ort.
Die Bilder sehen aus wie aus einer Traumwelt, künstlich oder wie gemalt, doch es sind Fotografien. Fotografien, die in Gletschern entstanden sind.
Der Fotograf heisst Bernd Nicolaisen und stellt nun – passend – im Luzerner Gletschergarten aus. Nicolaisen lebt und arbeitet in der Nähe von Bern. Er ist jedoch oft in Island unterwegs – im Eis. Mit kaum Licht und an Stellen, die nur wenige Menschen jemals gesehen haben.
Tagelang zu zweit im Eis
Seit über zehn Jahren arbeitet Nicolaisen mit dem Bergführer Einar Rufar Sigurdsson zusammen. Dieser wohnt im Süden Islands und kennt die sechs Gletscher bestens, in welchen die beiden gearbeitet haben. «Sie verändern sich im Laufe eines Jahres ständig», erklärt Nicolaisen. Deshalb sind sie vor allem zwischen Mitte November und Mitte März im Innern der Gletscher. «Die Wege sind bis zu drei Stunden lang, das Material tragen wir mit. Ab und zu gehen wir auch über die Gletscher und seilen uns ab.» Die beiden Männer arbeiten in Tagesetappen von vier bis sechs Stunden, meistens sind sie dabei über vier Tage lang in den Gletschern unterwegs.
Die Fotografien von über tausend Jahre altem Eis sind zwischen 2004 und 2016 in der Schweiz und in Island entstanden. Am Gorner- und Theodulgletscher sowie an fünf Gletschern im Süden Islands, darunter die Gletscherzunge Breidamerkurjökull des Vatnajökull. Ergänzt wird die Ausstellung durch aktuelle Werke, die das erste Mal der Öffentlichkeit vorgestellt werden und durch den Film Restlicht von Christoph Frutiger.
Ein Festhalten der Zeit und der Vergänglichkeit
Nicolaisen stellt bei seinen Aufnahmen seit Jahren Themen wie Zeit und Vergänglichkeit in den Fokus. Diesen Ansatz hat Nicolaisen neben den Fotografien in den Gletschern bereits bei früheren fotografischen Arbeiten von Jahresringen kalifornischer Bergpinien umgesetzt.
Doch nichts eignet sich für die Darstellung des Phänomens Zeit besser als die Abbildung von Gletschern: Zwar sind sie jahrhundertealt, aber ihre Eismassen schwinden stetig und erinnern damit an die eigene Vergänglichkeit und die der Natur.
In der Ausstellung im Gletschergarten geht es um unberührte Orte der Einsamkeit, der Stille. Die alles dominierende Farbe ist Blau – in allen Variationen und Nuancierungen. Linien- und Rahmengeber ist die ins Eis eingelagerte Asche und der eingeschlossene Sauerstoff im Wechselspiel mit schwarzen Lavasedimenten. Sie ergeben immer wieder neue Kombinationen von Farben, Licht und Formen.
Die Ausstellung im Gletschergarten Luzern wird am 12. Mai 2016 um 18 Uhr bei der Vernissage eröffnet.
Sie dauert bis am 8. Januar 2017.
So entstehen surreal wirkende Aufnahmen, die die Phantasie des Zuschauers anregen. Nicht die objektive Wirklichkeit steht im Fokus der Aufnahmen, sondern die Schattierungen, Strukturen und Konturen des Eises. Nicolaisen erkundet die gefrorene Zeit, um sie sichtbar zu machen.
Der Reiz der Bilder wird durch die extremen Lichtbedingungen betont. Für Nicolaisen ist es wichtig, das richtige und nötige Restlicht für seine Aufnahmen zu finden. Die zum Teil irreal wirkenden Lichteffekte sind dabei von der realen Lichtsituation vor Ort abhängig.
Nicolaisen arbeitet für seine Aufnahmen vor allem analog mit der Grossbildkamera (8×10’’), die er klassisch zu schwarzweissen Gelatin-Silver-Prints weiterverarbeitet. Die farbigen Prints sind digital entstanden.
In Luzern wird jetzt das uralte Wasser, das in Form des gefrorenen Eises bereits über hunderte von Jahren überstanden und weite Wege zurückgelegt hat, in die Gegenwart transferiert und bildlich dargestellt. Der Betrachter sieht Gletscheroberflächen, Eishöhlen und Tunnel, die vor ihm kaum ein Mensch gesehen hat. Der heute oft thematisierte «Gletscherschwund» gibt den Arbeiten von Bernd Nicolaisen eine zusätzliche, ökologische Dimension.
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