Nun ziehen alle Parteien an einem Strick

Doch ein Parlament? Im fünften Anlauf soll es in Ebikon endlich klappen

Die Initiative wird von allen Ortsparteien mitgetragen. (Bild: zvg)

Luzern, Kriens, Emmen und Horw haben bereits ein Gemeindeparlament. Nun entscheiden die Stimmbürger von Ebikon, ob sie sich künftig von Politikern vertreten lassen wollen. Die Parteien sind sich einig – das war nicht immer so.

Ebikon ist ein politischer Sonderfall. Die Gemeinde kennt zurzeit weder eine Gemeindeversammlung noch ein Gemeindeparlament. Vor vier Jahren wurde das schweizweit einzigartige Kommissionsmodell eingeführt: Die Mitglieder dieser Gremien beraten den Gemeinderat, haben aber keine Entscheidkompetenz.

Das hat zuletzt vermehrt kritische Töne hervorgerufen: Die Motivation der Mitglieder leide darunter, der Graben zur Bevölkerung werde tiefer, es fehle an Transparenz.  «Die Mitsprache ist nicht gegeben, das Interesse an der Politik geht zurück», sagt SVP-Präsident Stefan Bühler. Sein Fazit fällt darum deutlich aus: «Das Kommissionenmodell hat für eine Gemeinde mit der Grösse von Ebikon versagt.»

Einzigartiger Weg führte in eine Sackgasse

Deshalb steht nun – wieder einmal – eine Weichenstellung an. Am 27. September entscheiden die Ebikoner und Ebikonerinnen, ob sie ein Gemeindeparlament einführen wollen. Die Initiative dafür ist gemeinsam von den Ortsparteien lanciert worden (zentralplus berichtete).

CVP, FDP, Grüne, Grünliberale, SP und SVP erhoffen sich von einem Gemeindeparlament mehr politische Mitwirkung und Transparenz. «Die Parteien und die Bevölkerung hätten mehr Mitspracherecht, die Entscheide wären breiter abgestützt», sagt Stefan Bühler stellvertretend für die Ortsparteien, die laut einer Mitteilung noch nie alle an einem Strick gezogen hätten.

«Politik fände nicht mehr hinter verschlossenen Türen statt, sondern öffentlich.»

Stefan Bühler, Initiativekomitee

Interessierte Bürger könnten die Sitzungen zudem vor Ort mitverfolgen, die Entscheidungen und Diskussionen würden – auch dank den Medien – auf ein breiteres Echo stossen. «Politik fände nicht mehr hinter verschlossenen Türen statt, sondern öffentlich», so Bühler.

Als Misstrauensvotum gegenüber dem Gemeinderat will er die Initiative keineswegs verstanden wissen. Auch die mit einem Parlament einhergehende Machtbeschneidung der Exekutive sei nicht das primäre Ziel. 

Ebikon mit seinen knapp 14'000 Einwohnern ist von den grossen Gemeinden im Luzerner Zentrum die einzige, die kein Parlament hat. In Luzern (48 Mitglieder), Kriens (30), Emmen (40) und Horw (30) tagen die Grossstadträte beziehungsweise Einwohnerräte regelmässig.

Wie gross das Ebikoner Parlament wäre, lässt die Initiative offen. «Der Grundtenor ist: Es soll kein aufgeblähtes System werden, aber gross genug, sodass auch Kleinstparteien darin vertreten sind», sagt Bühler. Auch die Frage, wie die Pensen der Gemeinderäte ausgestaltet würde, müsste neu geklärt werden. Über die Details gäbe es eine zweite Volksabstimmung.

Mehrere Anläufe sind gescheitert

Die Idee für ein Gemeindeparlament ist ein politischer Dauerbrenner. Ebikon hat in den letzten 50 Jahren bereits viermal darüber abgestimmt –stets gab es ein deutliches Nein.

Zuletzt im Jahr 2014: Damals lehnte die Stimmbevölkerung einen Einwohnerrat mit fast 70 Prozent Nein-Stimmen klar ab. Trotzdem hoffen die Ortsparteien jetzt auf einen Sinneswandel. «2014 kannte die Bevölkerung das Kommissionenmodell nicht. Heute weiss man um dessen Schwächen», begründet SVP-Präsident Stefan Bühler den Optimismus. «Und: Damals haben sowohl der Gemeinderat als auch die CVP die Nein-Parole herausgegeben.» Sie kritisierten ein Parlament damals als unnötige und teure Einschränkung der Mitsprache der Stimmberechtigten.

Nachdem er 2014 noch einen Einwohnerrat ablehnte, zeigt sich der Gemeinderat von Ebikon (von links: Andreas Michel, Mark Pfyffer, Daniel Gasser, Susanne Troesch-Portmann, Hans Peter Bienz) nun offen für einen Systemwechsel. (Bild: zvg)

Inzwischen sprechen auch sie sich für einen Einwohnerrat aus. Dass die Stimmbürger mit einem Parlament zurückgebunden würden, ist laut Initianten nicht der Fall. «Auch mit einem Einwohnerrat hat die Bevölkerung immer noch das letzte Wort, denn nach wie vor werden die wichtigen Geschäfte an der Urne entschieden.»

2014 schätzte der Gemeinderat die zusätzlichen Kosten für einen Einwohnerrat auf 300'000 bis 400'000 Franken pro Jahr. Dass ein Parlament teurer wird als das heutige System, bestreiten die Ortsparteien nicht. «Wir sind aber überzeugt, dass uns mehr Mitsprache und Demokratie das wert sein muss», sagt Stefan Bühler. 

Eine Umfrage im Nachgang der Abstimmung zum gescheiterten MParc-Projekt 2019 gibt den Initianten Auftrieb. Sie zeigte, dass der Einwohnerrat das favorisierte politische Modell wäre. 28 Prozent sprachen sich dafür aus, wobei der Wunsch nach einem Wechsel vor allem bei der älteren Bevölkerung ausgeprägt ist (siehe Grafik unten). Noch 2013 waren es lediglich 17 Prozent.

Ob das Gemeindeparlament nach vielen gescheiterten Anläufen also tatsächlich endlich auf Anklang stösst, zeigt sich am 27. September. Bei einem Ja soll der erste Ebikoner Einwohnerrat im Jahr 2024 gewählt werden.

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