Bilanz einer verrückten Saison

Endet der FCL-Traumlauf mit einem Happy End?

Sie hatten gegen Sion Grund zum Feiern: Adrian Winter (von links), Ridge Mobulu und Doppeltorschütze Dario Lezcano. Am Boden kniend Claudio Lustenberger und Nicolas Haas. (Bild: Dominik Stegemann)

Eine sehr aussergewöhnliche Saison geht für den FC Luzern zu Ende. Nach dem grossartigen 3:0 Sieg gegen Sion steht der FCL auf dem hervorragenden 5. Tabellenrang. Und mit Basler Support könnte der FCL auch ausserhalb der Schweiz für Furore sorgen. zentral+ zieht Bilanz, schaut zurück – und optimistisch nach vorne.

Die Saison 2014/2015 ist Geschichte. zentral+ zieht Bilanz, schaut zurück und nach vorn. Die Saison 2014/15 enthielt ein so kurzes wie erfolgloses europäisches Kapitel. 2014 hiess der Gegner Perth. Die fussballerisch limitierten Schotten waren für den FCL Start- und Endpunkt der europäischen Spiele. Das Heimspiel endete 1:1. Auswärts gingen die Innerschweizer in einem dramatischen Penaltyschiessen unter.

Katastrophale Vorrunde

Der Start in die Meisterschaft missriet vollständig. Erst im 13. Saisonspiel konnte sich die Mannschaft den ersten Saisonsieg erkämpfen (3:2 gegen den FCZ). Zu dieser Zeit hiess der Chef an der Seitenlinie schon nicht mehr Carlos Bernegger, sondern Markus Babbel. Der emotionsgeladene Bernegger wurde nach 18 Monaten im Amt als Trainer entlassen. Bernegger führte den FCL eine Saison zuvor in den Europacup. Der Wechsel zu Markus Babbel alleine verursachte jedoch noch keinen Umschwung. Der FCL stand am Ende der Hinrunde noch immer auf dem letzten Tabellenplatz. Zwei Siegen standen in der Vorrunde neun Niederlagen gegenüber. Sieben Spiele endeten unentschieden.

Frischer, fitter, Fringer

Im Winter wurde das Kader durch die beiden Rückkehrer Tomislav Puljic und Cristian Ianu ergänzt. Diese Entscheidung fällte der bodenständige Sportchef Rolf Fringer. Dieser übernahm den Posten von der polarisierenden Persönlichkeit Alex Frei. In der Winterpause veränderte sich viel. Das Team startete zwar nicht mit überragenden Resultaten in die zweite Saisonhälfte, jedoch konnten klare Veränderungen erkannt werden. Im Bereich der körperlichen Fitness, wie aber auch mental, machten die Spieler enorme Fortschritte unter der Leitung Babbels. Mit Hilfe eines kurzen, aber punktereichen Zwischenspurts, 19 Punkte in sieben Spielen, verabschiedete sich der FCL endgültig vom Tabellenende. Plötzlich kam die attraktive Europa League wieder in Griffweite.

Die Mannschaft nahm rasant Fahrt auf. Die 34. Runde wurde glücklich mit 1:0 gegen die Young Boys gewonnen. Der Dämpfer kam in der 35. Runde, das wichtige Heimspiel gegen den FCZ ging mit 0:1 verloren. Den Treffer leitete der wohl konstanteste FCL-Spieler der Saison, Remo Freuler, mit einem höchst unglücklichen Fehlpass ein. Gerade er, der sich mit einem Treffer in Bern noch als Siegestorschütze feiern lassen konnte.

Traumhafte letzte Runde

Das letzte Saisonspiel von diesem Freitagabend gegen Sion konnte mit einem so ungefährdeten wie von den Fans euphorisch gefeierten 3:0 Heimsieg gewonnen werden. Der FCL ging mit einer beruhigenden 2:0 Führung in die Pause. Beide Tore schoss Dario Lezcano.

Kurios war der zweite Treffer. Diesem Tor ging ein doppelter Lattenknaller von Claudio Lustenberger voraus, Lezcano brauchte nur noch einzuschieben. Eben diesem Lustenberger gelang dann in der zweiten Halbzeit doch noch ein Treffer. Der FCL-Captain schob eine perfekte Vorlage von Schneuwly an Sion-Keeper Andris Vanins vorbei. «Wir hatten vor dem Spiel noch einmal das Ziel, alles aus uns herauszuquetschen», berichtete Babbel nach Spielschluss. Dieses Ziel wurde voll und ganz erreicht.

Dario Lezcano hämmerte für den FCL den Ball gleich zwei Mal ins gegnerische Netz (Bild: Dominik Stegemann).

Dario Lezcano hämmerte für den FCL den Ball gleich zwei Mal ins gegnerische Netz (Bild: Dominik Stegemann).

Dank diesem Sieg konnte der FC Luzern am Freitagabend auch noch am FC St. Gallen vorbeiziehen. Wobei die gleichzeitig spielenden Ostschweizer bis 13 Minuten vor Schluss gegen Basel 3:2 führten. Ein Sieg der Walliser hätte den Luzernern den Sprung auf Platz 5 und somit die Aussicht auf ein Europa-Ticket vermiest. Doch dann drehte der Schweizer Meister das spektakuläre Spiel noch und schickte St. Gallen mit 4:3 nach Hause. Als die über 11’000 Zuschauer in der Swissporarena davon erfuhren, explodierte die eh schon hervorragende Stimmung vollends.

Nach dem Spiel gab es kein Halten mehr. Die Mannschaft und der ganze Staff feierten ausgelassen vor dem FCL-Anhang, dirigiert von Alain Wiss. Wiss kletterte nach Spielschluss gar in die Fankurve und übernahm den Part am Megaphon. Mit diesem souveränen Sieg konnte der FCL die starke Form der Rückrunde bestätigen. Hinter dem FC Basel sammelte der FC Luzern am meisten Punkte in der zweiten Saisonhälfte. 

Über 11'000 Fans spornten am Freitagabend den FCL gegen Sion an. Es war die wohl besten Stimmung in der Swissporarena in der abgelaufenen Saison (Bild: Dominik Stegemann).

Über 11’000 Fans spornten am Freitagabend den FCL gegen Sion an. Es war die wohl besten Stimmung in der Swissporarena in der abgelaufenen Saison (Bild: Dominik Stegemann).

Wiss geht – und wer mit ihm?

Im Hinblick auf die nächste Saison wird es einige personelle Veränderungen geben. Der Littauer Wiss verlässt den Verein nach einer beachtlichen Anzahl von 200 Meisterschaftsspielen. Vor dem letzten Saisonspiel gegen Sion wurde er von den Fans mit unzähligen Sprechchören empfangen. Sein letzter Einsatz im FCL-Dress ging nach 67 Minute unter Standing Ovation zu Ende. Noch ist offen, wo der beliebte Allrounder nächste Saison spielen wird. Der vom FCL offerierte Einjahresvertrag war ihm ein zu kleiner Vertrauensbeweis.

Alain Wiss bedankt sich bei den FCL-Offiziellen und den Fans für die tolle Zeit in Luzern. Die Fans dankten es ihrerseits mit langen Sprechchören (Bild: Dominik Stegemann).

Alain Wiss bedankt sich bei den FCL-Offiziellen und den Fans für die tolle Zeit in Luzern. Die Fans dankten es ihrerseits mit langen Sprechchören (Bild: Dominik Stegemann).

Jedoch stehen noch mögliche weitere Veränderungen des FCL-Kaders an. Der begnadete Passgeber Jakob Jantscher, welcher erst vor kurzem wieder ein Aufgebot für die österreichische Fussballnationalmannschaft erhielt, wird von vielen Vereinen umworben. Wer 1,7 Millionen für ihn aufwirft, wird sich wohl bald zeigen. Auch der erfolgreichste FCL-Torschütze mit 17 Saisontreffern, Marco Schneuwly, hat verständlicherweise das Interesse anderer Vereine geweckt (zentral+ berichtete). Zusammen mit dem antrittstarken Dario Lezcano, bildeten die zwei Offensivspieler ein extrem torgefährliches Angriffsdreieck. Lezcano, der Chancentod der Vorrunde, legte in der Rückrunde eine extrem positive Steigerung hin. 

Nico Haas wird in der neuen Saison sicher voll in den Kreis der ersten Mannschaft rücken, er schliesst seine Ausbildung diesen Sommer ab. Das FCL-Eigengewächs ist eine Hoffnung für die Zukunft. Des Weiteren wird Nachwuchschef Andy Egli den FC Luzern verlassen. Unter seiner Leitung konnte der Luzerner Nachwuchs beachtliche Erfolge feiern, unter anderem holten sich die Jungen den Sieg am 77. FIFA Youth Cup – eine bemerkenswerte Leistung!

Hoffen auf die Basler

Auf der Tabelle belegt der FCL den 5. Schlussrang. Dieser berechtigt, falls der FCB den Cup am Sonntag, 7. Juni zu Hause in Basel gewinnt, zur Qualifikation für die Europa League. In Luzern schaut man deshalb sehr gespannt Richtung Cupfinal. Die Europa League würde dem FCL viele Vorteile bescheren (zentral+ berichtete) und wäre das perfekte Happy End dieser Saison. Doch auch sollte die Qualifikation nicht gelingen, kann die Überraschungsmannschaft der Rückrunde gestärkt und zuversichtlich die Zukunft planen.

Mit diesem Spruchband bedankten sich die FCL-Spieler beim Publikum (Foto: Dominik Stegemann).

Mit diesem Spruchband bedankten sich die FCL-Spieler beim Publikum (Foto: Dominik Stegemann).

(Bild: Dominik Stegemann)

FCL-Trainer Markus Babbel war nach dem Spielschluss des letzten Saisonspiels hin und weg von der wohl besten Stimmung dieser Saison im Stadion. Er sprach von einer Gänsehaut, welche er nach Spielschluss im Stadion bekam: «Für diese lohnt es sich, hart zu arbeiten.» Der sonst eher zurückhaltende FCL-Coach fügte euphorisch hinzu: «Ich möchte mal wissen was los ist, wenn wir wirklich was gewinnen!»

«Ich möchte mal wissen was los ist, wenn wir wirklich was gewinnen!»

Markus Babbel, FCL-Trainer

Na, das ist doch eine Ansage für das kommende Fussballjahr!

Trainer Markus Babbel hat hervorragende Arbeit geleistet und kann entsprechend gelassen Interviews geben (Bild: Dominik Stegemann).

Trainer Markus Babbel hat hervorragende Arbeit geleistet und kann entsprechend gelassen Interviews geben (Bild: Dominik Stegemann).

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