Luzerner Joghurts sollen gesünder werden

Emmi entschärft versteckte Zuckerbomben im Kühlregal

23,4 Gramm Zucker enthält ein Becher Waldbeeren-Joghurt der Coop-Eigenmarke. Zu viel, finden Konsumentenschützer und Ernährungsberater.

(Bild: jl)

Was Coop ankündigt, ist beim Luzerner Grossunternehmen Emmi schon längst Thema: Weniger Zucker in Joghurts. Doch viel gesünder wird’s nicht.

Die bunten Früchte auf dem Deckel sind trügerisch: So gesund Fruchtjoghurts aussehen mögen, in punkto Zucker sind sie es nicht. Zwischen fünf bis acht Würfelzucker enthält ein Becher. Doch es geht etwas: Wie Coop im Sonntagsblick angekündigt hat, wird der Zuckergehalt von Joghurts der Eigenmarken schrittweise gesenkt.

Diese werden vom Luzerner Unternehmen Emmi hergestellt. Und auch bei Emmi ist der Zucker schon länger ein Thema. «Wir haben in den vergangenen Jahren bereits bei zahlreichen Produkten den Zuckergehalt reduziert und werden dies auch weiterhin tun», sagt Sibylle Umiker, Leiterin Media Relations bei Emmi. Bei den Joghurts und Quarks sei der Anteil an zusätzlichem Zucker in den letzten Jahren um zehn bis 30 Prozent reduziert worden.

«Das hätte schon viel früher passieren müssen.»

Andrea Heller, Ernährungsberaterin

Auch die Desserts – etwa Griesstöpfli oder Milchreis – stehen auf dem Prüfstand. Coop und Emmi haben nebst neun weiteren Unternehmen letztes Jahr eine Absichtserklärung mit dem Bund unterzeichnet: Sie versprechen, bis 2019 die Rezepturen ihrer Joghurts und Frühstücksmüesli unter die Lupe zu nehmen, um die Zuckerfallen zu mildern.

Besser: Naturjoghurt

Für die Ernährungsberaterin Andrea Heller aus Horw ist das ein längst überfälliger Schritt. «Das hätte schon viel früher passieren müssen.» Die Tendenz zu Übergewicht sei in der heutigen Gesellschaft sehr ausgeprägt, deshalb müsse ein Umdenken stattfinden. Der hohe Zuckergehalt in vielen Produkten führt laut Heller dazu, dass sich bereits Kinder – «die Konsumenten der Zukunft» – an zu viel Zucker gewöhnen. 

Als Ernährungsberaterin rät sie klar von Fruchtjoghurts ab. «Wenn schon, sollte man Naturjoghurt wählen und frische Beeren darunter mischen, das ist weitaus gesünder», sagt Heller.

«Zucker hat in einer gesunden Ernährung durchaus Platz, es ist lediglich eine Frage der Menge»

Sibylle Umiker, Emmi

Anders sieht man es bei Emmi. Ein Fruchtjoghurt ganz ohne Zucker – das wird es auch in Zukunft nicht geben. «Weil der Zucker – genauso wie Fett – ein Geschmacksträger ist, sind der Zuckerreduktion auch gewisse Grenzen gesetzt», sagt Sibylle Umiker von Emmi. Zucker wird bei Emmi denn auch keinesfalls verteufelt. «Zucker hat in einer gesunden Ernährung durchaus Platz, es ist lediglich eine Frage der Menge», so Umiker.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, pro Tag 50 Gramm Zucker zu sich zu nehmen. Das ist die weniger als die Hälfte dessen, was die Schweizer konsumieren: nämlich pro Tag knapp 120 Gramm − rund 30 Würfelzucker.

Der Kunde bestimmt

Und deshalb ist klar: Extrem viel gesünder werden die Joghurts im Supermarkt nicht. Jene von Coop zum Beispiel enthalten in Zukunft nur ein halbes Prozent weniger Zucker. Das hat seinen Grund: Was nicht schmeckt, findet den Weg in den heimischen Kühlschrank nicht. «Das Sprichwort ‹Der Mensch ist ein Gewohnheitstier› hat einen wahren Kern», begründet Sibylle Umiker.

Es sei deshalb anspruchsvoll, den Zucker in einem Produkt so zu reduzieren, dass der Konsument dies akzeptiere. Das hat Emmi vor wenigen Jahren mit den bei Kindern beliebten Früchtequarks erlebt: Mit dem reduzierten Zuckergehalt brachen auch die Verkaufszahlen ein.

Deshalb sei es das oberste Ziel, die Konsumenten an weniger süsse Nahrungsmittel zu gewöhnen. «Das gelingt beispielsweise, indem man den zugesetzten Zucker schrittweise und über eine längere Zeitspanne hinweg reduziert.
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Ein kleiner Schritt

Auch Konsumentenschützer plädieren seit längerem für eine Reduktion des Zuckers in den «unschuldigen» und als gesund beworbenen Produkten wie Joghurt oder Müesli. Die Massnahmen von Grosskonzernen wie Emmi, Migros oder Coop werden indes nüchtern beurteilt.

«Ich verstehe die Argumentation der Unternehmen, dass sie die Konsumenten mit dem neuen Geschmack nicht überfordern wollen», sagt Josianne Walpen, Leiterin Ernährung bei der Stiftung für Konsumentenschutz. «Aber sie haben in den letzten Jahrzehnten mit der Beigabe von Zucker extrem übertrieben. Das nun sind minim kleine Schritte in die richtige Richtung.»

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