Zuger Regierungsrat überprüft die Wirksamkeit

Eltern und Lehrer finden Französisch doof

Auch im Schulhaus Kirchmatt, hier im Bild, wird ab der fünften Klasse Französisch unterrichtet.

(Bild: Stadtschulen Zug)

Immer wieder wird Frühfranzösisch zum Zankapfel der Öffentlichkeit. Nun hat der Zuger Regierungsrat die Situation im Kanton evaluiert, um mit Halbwahrheiten aufzuräumen und Streitpunkte zu klären. Jetzt steht er aber vor neuen Herausforderungen.

Schon mit zehn Jahren Französisch lernen – macht das Sinn? Darüber wird immer wieder gestritten. Die CVP-Fraktion hat den Regierungsrat 2013 dazu aufgefordert, eine Evaluation zu den bisherigen Erfahrungen zum Thema «Frühfranzösisch an der Primarschule» durchzuführen. «Über den Sinn und Unsinn von keiner, einer oder zwei Fremdsprachen an der Primarschule wird auch sieben Jahre nach der Abstimmung im Kanton Zug noch rege diskutiert», schrieb die CVP damals.

Daraufhin hat der Regierungsrat zusammen mit anderen Kantonen beim Institut für Mehrsprachigkeit der Universität Fribourg (IfM) und der Pädagogischen Hochschule Fribourg (PHF) eine Evaluation der bisherigen Erfahrungen in Auftrag gegeben. Heute wurden die Ergebnisse bekannt. Hier geht’s zum Bericht.

Mehr Stunden = bessere Schüler

Im Bericht ist zu lesen, dass die Zuger Schüler im Französisch-Lesen sowohl in der sechsten als auch in der achten Klasse insgesamt erheblich besser abschneiden als die Schülerinnen und Schüler der andern Kantone (Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz und Uri).

«In der achten Klasse sind die Französisch-Kompetenzen der Zuger Schülerinnen und Schüler im Vergleich zum Durchschnitt aller Kantone leicht oder deutlich höher», schreiben das IfM und die PHF in ihrem Bericht. Grund für die guten Ergebnisse der Zuger Schüler verortet der Bericht in der höheren Stundendotation (siehe Tabelle).

«Vom absoluten Niveau her ist das nicht erfreulich.»
Regierungsrat Stephan Schleiss

 

Französisch-Lektionen pro Woche bis 6. Klasse

Französisch-Lektionen pro Woche bis 8. Klasse

Englisch-Lektionen pro Woche bis 8. Klasse

Zug

6

14

16

Luzern

4

10

16

Nidwalden

4

10

16

Obwalden

6

12

16

Schwyz

4

12

14

Uri

9

16

Für den statistischen Dämpfer sorgen aber die Zahlen zur Erreichung der Lehrplanziele. Auch da schneiden die Zuger Schüler zwar besser ab als die Schüler der anderen Kantone, dennoch sind die Zahlen teilweise erschreckend tief. So erreichen beispielsweise bloss knapp acht Prozent aller Achtklässler die Lernziele im Französisch Sprechen.

Stephan Schleiss, Bildungsdirektor des Kantons Zug, sagt: «Vom absoluten Niveau her ist das nicht erfreulich.» Zwar bleibe den Schülern bis zum Abschluss der obligatorischen Schulzeit und dem Erreichen der Lernziele noch ein Jahr Zeit. «Aber das IfM beurteilt dieses Jahr als nicht als ausreichend, damit eine Mehrheit die Lernziele erreicht», so Schleiss.

Schüler und Eltern finden Französisch doof

Weiteres Vorgehen

Da weder an den Lehrpersonen noch an der Anzahl Stunden etwas geändert werden muss oder kann, bleibt die Erreichung der Lernziele die Herausforderung. Um das Spannungsfeld zwischen tatsächlich erreichten und vorgegebenen Lernzielen zu minimieren, werden gesamtschweizerisch Lösungsansätze gesucht.

Der Zuger Regierungsrat wirft die Frage auf, ob man in zwei Fremdsprachen die gleichen Ziele erreichen könne, wenn nicht die gleiche Anzahl Unterrichtslektionen zur Verfügung stehen. Die Zentralschweizer Kantone werden gemäss Angaben des Zuger Regierungsrats eine Arbeitsgruppe für die vertiefte Analyse der Ergebnisse einsetzen. Darüber hinaus werde sich im Jahr 2017 die schweizweite Überprüfung der Grundkompetenzen (ÜGK)
 der ersten Fremdsprache widmen. Diese Ergebnisse seien aber abzuwarten, bevor im gesamtschweizerischen Kontext die Lehrplanziele diskutiert werden können, so der Regierungsrat.

Das Thema ist für die Kantonsratssitzung am 14. April 2016 trakdandiert.

Beim Vergleich der beiden Fremdsprachen zeigt der Bericht eine Verlagerung der Kompetenzen hin zum Englisch. Erklären kann man das möglicherweise auch damit: Gemäss des Berichts lernen über 60 Prozent der Achtklässler nicht gerne Französisch, wohingegen beim Englisch 70 Prozent der Schüler angeben, eher beziehungsweise sehr gerne Englisch zu lernen.

Diese Einstellung scheint sich auch mit derjenigen der Eltern zu decken. So würden 96 Prozent der Antwortenden der Aussage «In unserer Familie betrachten wir Englisch als wichtiges Fach» eher oder völlig zustimmen. «Der entsprechende Anteil für das Französische ist mit 60 Prozent deutlich geringer», so der Bericht.

Und das zieht sich durch: Die motiviertesten Lehrpersonen sind die Englischlehrer der achten Klassen. Hingegen gäbe es in der Gruppe der Französischlehrpersonen der Sekundarstufe l einen substanziellen Anteil an Lehrpersonen, deren Motivation gering ist (knapp 15 Prozent), ist weiter zu lesen.

Pas de problème, alors?

Muss man denn etwas unternehmen, damit die Schüler auch beim Französisch auf Kurs kommen? Stephan Schleiss wiegelt ab: «Bei den Lehrern können wir nicht mehr besser werden.» Da hätten die Zuger bereits top qualifiziertes Personal. Mehr Zeit für den Französisch-Unterricht könne man auch nicht mehr investieren, weil man in Zug schon am oberen Limit sei. «Das richtet den Blick natürlich auf die Lernziele, die jedoch gesamtschweizerisch in der EDK geregelt werden.» Zudem solle keinesfalls überreagiert und der gesamtschweizerischen Überprüfung von 2017 vorgegriffen werden, erklärt Schleiss (siehe Box).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es einen Zusammenhang zwischen den Sprachkompetenzen und der Anzahl Lektionen pro Woche gibt. Je mehr Französisch und Englisch gebüffelt wird, desto besser beherrschen die Schüler die Sprache. Da Zug im Vergleich mit den anderen Kantonen mehr Lektionen pro Woche für Fremdsprachen ermöglicht, schneiden die Zuger Schüler bei den Tests auch besser ab. Umgekehrt zeigt der Bericht aber auch, dass weniger Lektionen zu schlechteren Kompetenzen führen.

Deshalb schreibt der Regierungsrat in seinem Antrag, dass er das Modell 3/5 (Beginn Englisch in der dritten und Französisch in der fünften Klasse) beibehalten und an einer grosszügigen Stundendotation festhalten möchte: «Die vorliegenden Ergebnisse geben keinen Anlass, vom demokratisch legitimierten Modell abzuweichen.»

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