Zurich Versicherung baut in der Letzi neu

Einmal mehr geht in der Stadt Zug günstiger Wohnraum verloren

Dem Abbruch geweiht: Die Liegenschaften Chamerstrasse 67 und 70 in Zug. (Bild: Beat Holdener)

Hiobsbotschaft für die Bewohner der Liegenschaften Chamerstrasse 68 und 70 in Zug: Sie müssen ihre Wohnungen bis Herbst 2022 verlassen. Die Zurich Versicherungsgesellschaft als Eigentümerin will lukrativere Neubauten erstellen.

Die beiden über 70 Jahre alten Wohnhäuser bei der Bushaltestelle Letzi sind dem Abbruch geweiht. Das machen die ausgesteckten Baugespanne deutlich. In den nächsten Wochen wird das Baugesuch im Amtsblatt ausgeschrieben. Die Mieterschaft der 24 Wohnungen war bereits im September über das Vorhaben informiert worden. Ihnen wurde angeboten, das Mietverhältnis bis zum geplanten Baubeginn im Herst 2022 zu erstrecken.

Für die oft langjährigen Bewohnerinnen wird es auch in diesem Zeitraum schwierig, eine vergleichbare, bezahlbare Bleibe zu finden. Im Moment zahlen sie nach eigenen Aussagen 1200 bis 1300 Franken für vier Zimmer. Wohnungen in dieser Preisklasse sind in Zug äusserst rar. Für ältere Mieterinnen bleibt nach einer Kündigung oft nur das Altersheim.

Mehr Wohnungen – aber teurere

Die Zurich-Versicherung will die Häuser abbrechen und plant dort 38 neue Wohneinheiten. Diese sollen einen mittleren Baustandard aufweisen, der lokalen Nachfrage entsprechen und zu ortsüblichen Preisen vermietet werden. Der Bezug ist für 2024 geplant. Eine umfassende Sanierung der bestehenden Gebäude sei im Rahmen eines Studienauftrags geprüft worden.

«Wegen der stark veralteten Gebäudestruktur, der von den Behörden geforderten baulichen Verdichtung sowie der Kosteneffizienz wäre eine Sanierung aber unverhältnismässig», sagt Zurich-Mediensprecher David Schaffner. «Neubauten haben überdies den Vorteil, dass sie energetisch deutlich besser abschneiden.» Die letzte Renovation in einem der Gebäude fand vor rund 30 Jahren statt.

«Betreffend Chamerstrasse prognostiziere ich mindestens eine Verdoppelung der heutigen Mietpreise.»

Urs Bertschi, Co-Präsident Mieterinnen- und Mieterverband Kanton Zug

Zurich verspricht, die Mieter bei der Wohnungssuche zu unterstützen und zeigt sich optimistisch: «Erfahrungsgemäss finden die meisten innerhalb von zwei Jahren eine neue Wohnung, die ihren Bedürfnissen entspricht.» Ein Angebot, wieder an den alten Ort zu ziehen, besteht nicht. Nur sehr wenige Mieterinnen würden laut David Schaffner während eines Neubaus zwischenzeitlich eine Wohnung suchen und möchten dann wieder an den bisherigen Wohnort zurückkehren.

Trübe Aussichten für die jetzigen Bewohner an der Chamerstrasse: Die Nachfolgewohnungen werden voraussichtlich doppelt so teuer. (Bild: Beat Holdener)

Gemäss der Zurich erhöht der Neubau die Anzahl der Wohnungen am Standort um 58 Prozent und leistet somit einen Beitrag zu einer Ausweitung des Angebots. Das wirke einer preistreibenden Verknappung des Wohnangebots entgegen.

Für kritische Politikerinnen ist es jedoch ein weiteres Beispiel für die systematische Vertreibung von Wenigverdienenden aus der Stadt Zug. Die Mieten an der Chamerstrasse werden sich mindestens verdoppeln. Das prognostiziert Urs Bertschi, SP-Gemeinderat, Mitglied der Bau- und Planungskommission, Co-Präsident und Geschäftsleiter des Mieterinnen- und Mieterverbandes Kanton Zug.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von René Gruber
    René Gruber, 22.02.2021, 11:10 Uhr

    Also wenn ich mich nicht täusche, ist die Nummer 67 nicht auf der selben Strassenseite wie die Nummer 70 oder? Die Nummer 70 Tragen im übrigen 4 Gebäude mit Zusatz a-h, vielleicht wäre da eine Präzisierung unter Umständen beruhigend für Bewohner nicht betroffener Häuser.

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    • Profilfoto von Beat Holdener
      Beat Holdener, 22.02.2021, 21:52 Uhr

      Besten Dank für den Hinweis. Wir haben die Angabe korrigiert. Es handelt sich um die Hausnummern 68 und 70.

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