Tote Füchse, stolze Jäger und Händler in Sursee

Einheimischer Pelz am «Fäälimärt» – zu Tiefpreisen

Am «Fäälimärt» in Sursee wurde am Dienstag rege gehandelt. (Bild: jav)

Wer Pelz tragen und sich dabei nicht schlecht fühlen will, der setzt am besten auf Schweizer Rotfuchspelz. Kaufen kann man den etwa am regionalen «Fäälimärt» in Sursee. Ein Besuch in einer anderen Welt, in der die finanziellen Zeichen auch schon besser standen.

Der Händler kramt ein paar Franken aus seinem Lederbeutel, der Jäger steckt sie in die Brusttasche seiner Uniform – die Preise für Schweizer Rotfuchs sind dieses Jahr nicht gerade berauschend. Doch das trübt die Stimmung am Zentralschweizer «Fäälimärt» in Sursee kein bisschen. Rund 1’800 Besucher fanden am Dienstagvormittag den Weg in die Stadthalle – ein neuer Besucher-Rekord.

Es ist schon morgens um acht ziemlich eng zwischen den Jägern, Händlern und ihren Pelzen. Mit Leidenschaft wird gehandelt und «gemärtet». Vor allem Rotfüchse, wenige Marder und ganz wenige Dachse gehen über die Festbankgarnituren. Die Jäger schreiten stolz die Treppe zur Stadthalle hinunter und präsentieren ihre Beute den Händlern. Es wird diskutiert und gelacht, Hände werden in hitzigen Diskussionen verworfen und Köpfe in fröhlicher Aufregung geschüttelt.

Jagen, verkaufen, weiterverkaufen

Schweizweit treffen sich Jäger und Pelzhändler zwischen Januar und März auf regionalen Fell- und Pelzmärkten. So auch diesen Dienstag in Sursee. Hier bringen Jäger aus der Region ihre «Bälge» an die Schweizer Pelzhändler, welche die Rohfelle verarbeiten und dann ins Ausland, an Schweizer Verarbeiter oder an Private weiterverkaufen.

Die Preise seien in den letzten Jahren stark gesunken, hört man überall. In den 60er-, 70er-Jahren bekamen die Jäger noch um die 50 Franken für einen Fuchs. Dieses Jahr sind es zwischen acht und zwölf Franken pro «Balg», wie man die Rotfuchsfelle nennt. Für ein schönes Marderfell gibt es noch 20 Franken.

An einem schönen Stück Holz aufgehangen sehen die Füchse einfach besser aus. (Bild: jav)

An einem schönen Stück Holz aufgehangen sehen die Füchse einfach besser aus. (Bild: jav)

575 Felle wandern über die Tische

«Ein schöner Balg hat ein dichtes Fell ohne abgewetzte oder abgestrichene Stellen und ist relativ breit», erklärt uns der Händler Vitus Lüönd, der gerade die Schnur von einem Bund Bälge durchschneidet, die er erstanden hat.

Für eine richtige Schönheit von Rotfuchs kann der Jäger auch mal 15 Franken bekommen – wenn er Glück hat und der Händler das bezahlt, weiss Lüönd. Und auch sein Kollege von der Gerberei Neuenschwander betont: «Die Preise fallen mit sinkender Nachfrage. Momentan sind die Lager voll. Nach Deutschland und in den Osten verkaufen wir wenig.» Das drückt die Preise.

Fünf Händler stehen trotzdem in Sursee bereit, kaufen Bälge an, verkaufen sie teilweise gleich wieder oder lassen sie in grosse Jutesäcke verschwinden. 575 Felle wechseln diesen Dienstag den Besitzer, kann Guido Roos, Verantwortlicher für den «Fäälimärt», verkünden. Davon 470 Rotfuchs-Bälge und rund 100 Marder- und Dachsfelle.

Gerne stehen die Jäger für Bilder Modell. (Bild: jav)

Gerne stehen die Jäger für Bilder Modell. (Bild: jav)

Kaum den Aufwand wert

Der Preis, den die Jäger für die getrockneten Bälge erhalten, sei den Aufwand eigentlich gar nicht wert, weiss Markus Stähli, Chefredaktor des Jägermagazins «Jagd & Natur» und ebenfalls Jäger. Aber deswegen sind die meisten nicht hier. «Mir geht es schon lange nicht mehr darum, Geld zu machen. Die Fellmärkte sind für mich die schönsten Tage im Jahr», sagt auch Händler Lüönd, der ebenfalls selbst auf die Jagd geht und hier unter Seinesgleichen fachsimpeln und handeln kann. Das Feilschen und «Märten» sei sein Höhepunkt der Saison.

Für die Jäger, die hier mit Stolz ihre Trophäen präsentieren, ist es der Abschluss der Jagdzeit. Hier werden ihnen bewundernde Blicke zugeworfen und auf die Schultern geklopft. Mit einer Schnur durch die Augenlöcher zusammengebunden und über die Schultern geworfen, an grossen Holzstecken oder gar an einem Hirschgeweih aufgehängt, kommen die Jäger mit teilweise über 20 Bälgen an. Andere tragen stolz den einen vor sich her. Man kennt sich, grüsst sich, beglückwünscht sich und macht sich liebevoll lustig über gewisse Gesichter, die jedes Jahr mit denselben Bälgen auftauchen.

Ein fleissiger Jäger. (Bild: jav)

Ein fleissiger Jäger. (Bild: jav)

Alte Hasen und naturnahe Jäger

Als alter Hase ist der Jäger Martin Zimmermann zufrieden. Er hat zehn Franken pro Balg bekommen, trinkt nun noch sein Bier und macht sich anschliessend wieder auf den Heimweg. Er kommt jedes Jahr und bei dem Gedanken an früher ins Erzählen: von schnapsseeligen Nachmittagen, von Festen, Frauen und Schlagzeilen im «Blick». Allgemein ist die Stimmung am «Fäälimärt» redseelig. Auch ohne jegliche Ahnung wird man hier schnell zum Experten geschult.

«Diese Märkte haben eine jahrhundertealte Tradition, das spürt man auch», sagt Szenekenner Markus Stähli und betont, wie wichtig hier auch die Kontakte sind. «Jäger sind sehr naturnahe Menschen. Der Umgang mit dem Tier und dem Naturprodukt wird hier bewusst gelebt – man macht sich Gedanken», so Stähli. Im Gegensatz zu so vielen Menschen, die ohne einen Gedanken zu verschwenden Lederschuhe trügen und keine Ahnung hätten, woher das Material stamme und wie es gewonnen wurde, schiebt der Jäger nach. «Hinter der Verarbeitung von Schweizer Pelz steckt auch ein anspruchsvolles Handwerk», erklärt er.

Am «Fäälimärt» finden sich auch richtige Originale. (Bild: jav)

Am «Fäälimärt» finden sich auch richtige Originale. (Bild: jav)

22’000 Füchse

Was ist erlaubt?

In der Schweiz dürfen Pelze nur durch die Jagd mit Schusswaffen (und Jagdpatent) und durch Lebendfang in Boxen gewonnen werden. Tellerfallen (klemmen Pfote oder Bein ein), Schlingfallen (ersticken das Tier) oder Conibear-Fallen (brechen dem Tier das Genick) sind in der Schweiz, im Gegensatz zu zahlreichen anderen Ländern, schon lange verboten.

Bei der Einzelstallhaltung sind in der Schweiz, im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, relativ grosse Bodenflächen vorgeschrieben. Die Haltung auf einer Gitterfläche ist verboten.

Auch die Verarbeiter sind am «Fäälimärt» in Sursee dabei und bieten ihre Ware an: Fellwesten, Kappen, Decken, Schals und andere Accessoires. Aber auch gegerbte Bälge gibt es in grosser Zahl zu kaufen – dafür gibt es 60 bis 95 Franken, je nach Qualität.

Man spricht durchschnittlich von 30’000 Rotfüchsen im Jahr, die schweizweit gejagt werden. «Der Fuchs wird ohne Regulierung zum Problem für andere Tierarten wie zum Beispiel den Hasen. Auch die Tollwut und andere Krankheiten können so vor einem erneuten Ausbruch bewahrt werden», erklärt Stähli.

Im Jahr 2015 wurden schweizweit 22’172 Rotfüchse geschossen:

Ethik der Jäger, Ethik der Träger

Im Gespräch mit den Verarbeitern zeigt sich jedoch teilweise eine ganz andere Haltung als bei den Jägern: «Ganz ehrlich? Wenn mir das Fell gefällt, dann ist mir egal, woher es kommt», gibt eine Dame hinter dem Stand mit Fell-Accessoires offen zu. Trotzdem sei Schweizer Fuchs ihr Lieblingspelz: «Da weiss man, was man hat.» Da will man nicht widersprechen. Denn oft kann man in den Geschäften nicht darauf zählen, dass alles legal zu und her geht (zentralplus berichtete).

Sicher ist: Pelze müssen nicht von gequälten Tieren stammen, die irgendwo in einem viel zu kleinen Käfig ihr Leben lang für die Pelzgewinnung gelitten haben. Pelze können legal und ethisch vertretbar gewonnen werden. Diesen Eindruck hat man nach einem Besuch am «Fäälimärt».

 

Mehr Eindrücke vom Surseer «Fäälimärt» finden Sie in unserer Slideshow:

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Tom J
    Tom J, 23.02.2017, 09:51 Uhr

    Tierleid auch bei der Pelzjagd

    Die Pelzindustrie und Jagdverbände verschweigen gerne, dass hunderttausende Tiere nicht schnell uns schmerzlos getötet, sondern nur angeschossen werden. Unaufgefunden verbluten sie elendig im Wald. Bei der Pelzjagd mit Fallen wird Füchsen oder freilaufenden Hunden zudem das Genick gebrochen oder sie werden qualvoll erdrosselt. Lebendfallen verursachen enormen Stress für die Tiere und die Jäger richten ihre Opfer mit Kopfschuss hin. Die Tiere erleiden nicht weniger Qualen, wie auf Pelzfarmen.

    Zudem betonen Umweltorganisationen und ökologische Jagdverbände, dass sich Tierbestände in der Natur langfristig über Nahrungsangebot und Krankheiten regulieren. Entgegen der Darstellung durch den Autor, führt die Bejagung von Füchsen sogar zu einer steigenden Anzahl der Tiere. Es gibt folglich keinen nachhaltigen und fairen Pelz, da die Bejagung der Tiere garantiert nicht notwendig ist!

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