Erste Bilanz des neuen Rektors der Uni Luzern

«Eine Uni ist auch ein Unternehmen – aber keine Unternehmung»

Der neue Rektor der Uni Luzern, Bruno Staffelbach, engagiert sich auch für das Rote Kreuz.   (Bild: rew)

Der neue Uni-Rektor Bruno Staffelbach ist seit 100 Tagen im Amt – Zeit für ein erstes Bilanzgespräch. Der Luzerner Betriebswirtschaftler verteidigt die private Finanzierung der neuen Wirtschaftsfakultät genauso wie die unrentable Theologische Fakultät. Eine Kommerzialisierung der Uni lehnt Staffelbach ab.

zentralplus: Bruno Staffelbach, Sie haben die ominösen ersten 100 Tage im neuen Amt hinter sich – wo stehen Sie?

Bruno Staffelbach: Ich verwende gerne das Bild eines Surfers: Zunächst steht man auf dem Surfbrett oben und wird getragen von einer Welle von Abläufen und laufenden Prozessen und lernt, wie das geht. Die ersten zwei Monate musste ich einfach schauen, dass ich mich auf der Welle halte und nicht vom Brett falle. Mit der Zeit habe ich gelernt, das Brett zu steuern – und ich denke, gelegentlich werde ich festen Boden erreichen. Dann kann man schauen, auf welchem Land man steht, und realistische Ziele für die Zukunft formulieren.

zentralplus: Sie sind Luzerner und führen die Luzerner Uni. Macht Sie das stolz?

Bruno Staffelbach: Ja. Es werden Erinnerungen wach: Ich habe 1976 hier hinten (zeigt aus seinem Bürofenster in Richtung Kantonsschule Alpenquai) die Matura gemacht, 1978 gab es die Abstimmung über eine Zentralschweizer Universität, wir waren ein Verein von ehemaligen Kanti-Schülern, die in Zürich studierten und sich im Abstimmungskampf für die Uni eingesetzt haben. Das ging damals leider bachab. Aber während all meiner Zeit in Zürich habe ich meine Beziehungen und Links zu Luzern nie verloren und deshalb ist es ein besonderes Gefühl, wieder hierher zurückzukommen.

«Warum meine Wahl nicht transparent war, weiss ich nicht.»

zentralplus: Was macht heute das Profil der Uni Luzern aus?

Rektor mit Herz fürs Rote Kreuz

Der Luzerner Betriebswirtschafts-Professor Bruno Staffelbach ist seit diesem August neuer Rektor der Universität Luzern. Er folgte auf Paul Richli, der 15 Jahre im Dienst der Universität Luzern stand (zentralplus berichtete).

Bruno Staffelbach lehrte seit 1992 an der Universität Zürich, von 2000 bis 2012 war er Mitglied des Universitätsrats der Universität Luzern, das letzte Jahr als Präsident. Staffelbach ist Brigadier der Schweizer Armee und engagiert sich als Komiteemitglied des Internationalen Roten Kreuzes.

Staffelbach: Wir müssen in Lehre und Forschung darauf schauen, dass wir nicht das Gleiche machen wie die Grossen. Die Juristische Fakultät konzentriert sich hier in Luzern, mit seinen Kranken- und Sozialversicherungen und mit der SUVA, stark auf Sozialversicherungsrecht. Die Kultur- und Sozialwissenschaftliche Fakultät verknüpft auf innovative Art Fächer wie Politologie, Soziologie oder Ethnologie. Schliesslich wollen wir mit unseren heute 2800 Studierenden ganz bewusst einen gewissen familiären Charakter bewahren. Vorlesungen für über 1000 Studierende wie in Zürich gibt es bei uns nicht.

zentralplus: Ihre Wahl hat auch Kritik ausgelöst, weil sie nicht transparent war. Bis heute ist nicht bekannt, ob es Gegenkandidaten gab. Es vermittelt den Eindruck, dass man etwas zu verstecken hat.

Staffelbach: Das Wahlverfahren der Universität Luzern habe ich nur als Betroffener erfahren. Man hat mich angerufen und ich habe mich vorgestellt. Ich weiss nicht, was intern lief.

zentralplus: Warum war die Wahl in Luzern nicht transparent?

Staffelbach: Das weiss ich nicht.

«Ich rede lieber von Donatoren als von Sponsoren»: Uni-Rektor Bruno Staffelbach.   (Bild: rew)

«Ich rede lieber von Donatoren als von Sponsoren»: Uni-Rektor Bruno Staffelbach.   (Bild: rew)

zentralplus: Ist es ein Gebot der Stunde, dass Sie als Betriebswirtschaftler die Uni führen, in einer Zeit, in der sich Universitäten immer mehr an Unternehmen angleichen?

Staffelbach: Eine Universität ist auch ein Unternehmen, aber keine Unternehmung. Eine Unternehmung verstehe ich als privatwirtschaftlich getragene Organisation mit privaten Eigentümern, die kommerzielle Zielsetzungen verfolgen. Die Universität ist ein Unternehmen mit einem öffentlichen Auftrag und öffentlicher Finanzierung. Das schliesst nicht aus, dass betriebliche Prozesse und ökonomische Probleme eine Rolle spielen, aber anders. Eine Freiheit der Universität ist, dass sie sich der Kommerzialisierung und dem Kommerz entziehen kann.

«Wenn ich wählen könnte zwischen einer öffentlichen und einer privaten Finanzierung, würde ich die öffentliche wählen.»

zentralplus: Ein guter Steilpass zur neuen Wirtschaftsfakultät. Wie ist sie gestartet?

Staffelbach: Sehr gut. Rund 90 Studierende sind im neuen Studiengang eingeschrieben. Wir haben einen hochmotivierten Lehrkörper mit sechs Professuren, wobei drei von der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät zur neuen Wirtschaftsfakultät gewechselt haben. Es wurde lange darauf hingearbeitet, jetzt erleben wir so etwas wie den Zauber des Anfangs.

zentralplus: Die neue Wirtschaftsfakultät ist zu 100 Prozent durch private Sponsoren aufgebaut worden. Birgt das nicht eben die Gefahr einer Kommerzialisierung der Universität? Wie frei sind da Lehre und Forschung?

Staffelbach: Wenn ich wählen könnte zwischen einer öffentlichen und einer privaten Finanzierung, würde ich die öffentliche wählen. Wir wissen aber, dass die öffentlichen Finanzmittel knapp sind, für alle Universitäten. Das Pflichtprogramm wird normalerweise abgedeckt, aber sobald man in der Kür etwas machen will, sind wesentliche Drittmittel nötig, die können zum Beispiel vom Nationalfonds oder von Privaten kommen.

Hauptgebäude der Universität Luzern.  (Bild: rew)

Hauptgebäude der Universität Luzern.  (Bild: rew)

zentralplus: Es ist aber neu, dass eine ganze Fakultät nur mit Geldern von Privaten gesponsert wird.

Staffelbach: Das ist richtig. Für die Aufbaufinanzierung der Wirtschaftsfakultät, bevor wir in vier Jahren durch einen Zuwachs an Studenten selbsttragend sein wollen, brauchten wir private Mittel. Das sind 40 Donatoren, die zusammen 4 Millionen Franken für den Aufbau der Fakultät gespendet haben. Ich rede lieber von Donatoren. Sponsoren erwarten in der Regel eine Gegenleistung. Das können wir nicht bieten.

zentralplus: Können Sie garantieren, dass die Geldgeber Sie nicht in Interessenkonflikte führen?

Staffelbach: Wir bleiben vollkommen unabhängig, was Personalentscheide, Lehre und Forschung angeht. Es ist klar, dass wir weiterhin Forschung betreiben, bei der wir am Anfang nicht wissen, was am Ende herauskommt. Hingegen ist es so, dass uns Donatoren zweckgebunden Geld für Versicherungsökonomie gaben. Das haben wir angenommen, weil es im Einklang mit den strategischen Zielen der Universität steht.

«Wir müssen uns die Theologische Fakultät leisten können. Sonst würde die Wissenschaft verökonomisiert.»

zentralplus: Warum hätten Sie dann trotzdem eine öffentliche Finanzierung vorgezogen?

Staffelbach: Es ist organisatorisch einfacher, 40 Sponsoren mussten zunächst einmal gefunden werden. Die politische und öffentliche Akzeptanz ist höher.

zentralplus: Zusammenfassend: Sie sind fest davon überzeugt, dass die Geldgeber keine ökonomische Interessen verfolgen, sondern uneigennützige Philanthropen sind?

Staffelbach: Mäzene, ja. Philanthropen sind ja Leute, die aus Menschenliebe handeln … Vielleicht ist es mehr Wissenschaftsliebe. Oder beim einen oder anderen eine Liebe zu Luzern. Aber beides soll ja auch den Menschen dienen, von dem her: Ja, das glaube ich.

Aufenthaltsbereich in der Universität Luzern.   (Bild: rew)

Aufenthaltsbereich in der Universität Luzern.   (Bild: rew)

zentralplus: Die altehrwürdige Theologische Fakultät ist mit rund 250 Studierenden auf zehn Professuren hoffnungslos ineffizient. Kann sich das die Universität länger leisten?

Staffelbach: Wir müssen uns das leisten können. Sonst würde die Wissenschaft wirklich verökonomisiert. In der Theologie steckt gedankliches Kulturgut, eine Kulturgeschichte von menschlichem Leben, Hoffen und Zusammenleben. Hier einfach aufgrund von internen Kostenverrechnungen und Kalkulationsarabesken zu sagen, das ist nicht mehr kostendeckend, das halte ich für den falschen Weg. Die Theologische Fakultät ist übrigens auch die einzige im ganzen deutschsprachigen Raum, die leicht wächst, und zwar wegen des Fernstudiums. Von diesen Pionierleistungen werden auch andere Fakultäten profitieren.

«Ein weiterer naturwissenschaftlicher Schwerpunkt macht in Luzern keinen Sinn.»

zentralplus: Abschliessend: Was sind Ihre weiteren Ziele für die Zeit als Rektor?

Staffelbach: Zunächst geht es darum, dass die Wirtschaftsfakultät, dieses achtwöchige, zarte Pflänzchen, wachsen kann. Dann kommt ein Medizin-Masterstudium auf uns zu, das wir zusammen mit der Uni Zürich anbieten (zentralplus berichtete). Die Frage ist, wie wir als kleine, junge Uni Luzern ein nutzenbringender Partner für die grosse, alte Schwester-Uni in Zürich sein können. Das Dritte: Ich habe die Absicht, das Doktorats-Studium zu stärken. Doktorierende betreiben wesentliche Forschung, sie sind eingebettet in der Lehre und Botschafter für Luzern. Klar ist, dass wir als Universität in einem humanwissenschaftlichen Korridor bleiben wollen. Das ist unser Profil. Ein weiterer naturwissenschaftlicher Schwerpunkt macht in Luzern keinen Sinn.

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