Joan Seiler mit neuem Bandprojekt

Eine Robin Hood für die Luzerner Kunst

Joan Seiler freut sich auf die Plattentaufe von Jon Hoods Erstling «Body Semantics».

(Bild: pze)

Die Luzernerin Joan Seiler gehört zu den umtriebigsten Musikerinnen der Stadt. Mit Jon Hood präsentiert sie ein neues Projekt mit altbekannten Gesichtern. Die Entstehung des Albums wurde geprägt von einem ganz besonderen «Lichtwesen».

Ein verknotetes Tuch ist eng um den Hals von Joan Seiler geschlungen, als sie mit dem Fahrrad zum Interviewtermin erscheint. Die Sängerin ist erkältet, und das vor dem anstehenden Konzert im Luzerner Südpol. «Ich muss unbedingt gesund werden», sagt sie, als ob die Genesung ein Punkt auf ihrer To-Do-List wäre, den sie durch einen besonderen Effort schnell abhaken könnte. 

Es passt zur stets umtriebigen Joan Seiler, die immer wieder mit verschiedenen Gesichtern im Kunstalltag Luzerns auftaucht. Das neuste davon: Kopf von Jon Hood, der neuen Luzerner Alternativ-Combo.

Bekannte Gesichter aus dem Untergrund 

«Wir lebten von Anfang an in einer eigenen Welt», sagt Seiler über den Werdegang von Jon Hood. Mit Mario Hänni (Rio, Hanreti) und Martin Schenker (Alois) habe sich schnell ein «einzigartig leichtfüssiges» künstlerisches Verhältnis aufgebaut. «Wir konnten stets kritisch sein und offen die Songs diskutieren, weil von Anfang an der künstlerische Respekt sehr gross war», sagt die 29-Jährige über die Zusammenarbeit.

Jon Hood sind Martin Schenker, Joan Seiler und Mario Hänni.

Jon Hood sind Martin Schenker, Joan Seiler und Mario Hänni.

(Bild: Facebook)

Im Pressetext werden die Bandmitglieder als «drei bekannte Gesichter aus dem Untergrund der Schweizer Musikszene» beschrieben – zweifelsohne korrekt. Doch wie sieht Seiler sich selbst, als bekannt oder im Untergrund? Das Zweite, meint Seiler und ergänzt: «Wer sich nicht in der Schweizer Alternativszene bewegt, dem sagen unsere Namen wohl kaum etwas.»

Zuerst Beatles – dann solo

Angefangen hat’s mit zwölf Jahren. Joan Seiler wollte unbedingt das Gitarrenspiel lernen und wurde über ihren Lehrer kurzum an eine Schülerband vermittelt. Dort entdeckte man Seilers Gesangstalent. Sie wurde an die Front gestellt und bald spielte die Band eifrig einstudierte Coversongs. «Beatles und Led Zeppelin, solche Sachen.»

Plattentaufe Jon Hood

Am Freitagabend taufen Jon Hood ihr Album «Body Semantics» im Südpol-Club in Luzern. Das Konzert startet um 22 Uhr. Der Anlass kostet 20, für Studenten 15 Franken. 

Doch Joan Seiler wollte eigene Stücke komponieren. «Das fanden meine Coversong-Freunde nicht so spannend», sagt sie. So begann sie alleine zu musizieren, nichts als Stimme und Gitarre. Bald aber war ihr das zu wenig anspruchsvoll, Seiler stiess an kreative Grenzen. Sie holte sich Musikerinnen und Musiker dazu. Daraus entstanden erst Joan & The Sailors und jetzt Jon Hood.

Projekt reifte zwei Jahre

Der Name der Band ist einem liebevollen Spitznamen entsprungen. «Eine befreundete Künstlerin aus Biel nannte mich plötzlich Jon – und später Jon Hood», erzählt Seiler. Ein Männername. «Vielleicht, weil ich nicht typischen Frauenrollen entspreche», mutmasst sie. Ihr gefalle Robin Hood auch als Figur, die der Band ihren Namen gibt, sagt Seiler – ein männlicher Heldenname für die Frau, die das Projekt zusammenhält, das finde sie spannend.

«Unser Produzent war ein Mentor, zeitweise gar eine Art Lichtwesen für uns.»

«Ich wollte aber auch einen Bandnamen, der uns alle drei repräsentiert», führt sie aus, «und einen Namen, der keinen Trends folgt, sondern zeitlos ist.» Zwei Jahre reifte das Projekt. Unter anderem steuerten die Musiker in der vergangenen Spielzeit die Musik zur Luzerner-Theater-Produktion «Romeo und Julia» bei (zentralplus berichtete). Das Album war die logische Konsequenz. Bei Conrad «Merz» Lambert im Berner «Progr» entstand während sechs Monaten das neun Lieder umfassende Werk. Auch dank dem positiven Einfluss Lamberts.

Der Produzent, die «Lichtgestalt»

Konsequent sei der Produzent, fordernd, verteile klare Aufgaben. «Er strahlt eine warme, väterliche Dominanz aus», nennt es Seiler. Er habe die Band motiviert, gepusht, an die Grenzen gebracht – auch Deadlines gesetzt. «Er war ein Mentor, zeitweise gar eine Art Lichtwesen für uns», sagt Seiler mit einem Lächeln.

 

Primär aber habe Lambert den Sound beeinflusst. Die komplett analoge Arbeitsweise und sein grosser Wissensschatz als Musiker hätten den Songs ihren «Zauber» verliehen, sagt Seiler. Ausserdem half der gebürtige Engländer bei den Texten und korrekter Aussprache. Seiler resümiert: «Er hat uns motiviert, zu tun, was wir selber spannend finden und nicht, was von uns erwartet wird.» Im sonnendurchfluteten Studio Lamberts hätte die Musikerin ihre «naiven Momente» gefunden. «Die Zeit bei ihm war für mich enorm lehrreich.»

Digitales Reisen der Musik

Nun hält sie das Produkt in den Händen. «Body Semantics» heisst das erste Werk Jon Hoods, benannt nach dem ersten Track des Langspielers. «Der Song steht sinnbildlich für die Vielfältigkeit des Albums. Er ist urchig, treibend, hat elektronische Elemente und ist dabei mystisch und sinnlich.» Aus diesem Grund wurde der Song auch als erste Single ausgekoppelt.

 

«Ich möchte mit unserer Musik reisen», sagt Seiler. Das meint sie nicht nur wortwörtlich. So könne eine Musikreise beispielsweise digital sein. «Es würde mich sehr interessieren, was unsere Musik an anderen Orten auslöst.» Sie wolle die Schweizer Grenzen überwinden, die Musik soll frei von Ortsbezeichnungen sein.

Tanzen wie in Biel

Doch erst einmal bleibt die Band mit ihrer Musik in Luzern. Im Südpol-Club wird das Album getauft. Neben dem Konzert hat Joan Seiler gemeinsam mit Piero Good, einem Künstler aus Zürich, eine Kunstinstallation geschaffen, die es an dem Abend zu besichtigen gibt. «Das Werk ist unsere Support-Band», sagt sie, man glaubt es ihr und wird umso neugieriger.

So klingen Jon Hood live:

Nach dem Konzert wird «Discarga» aus Biel auflegen, für Seiler «der absolute Oberhammer». Die Band habe ihn nach einem Konzert in Biel kennengelernt. Dort legte er seine Eclectic-World-Music auf. Seiler sagt: «Ich hoffe, die Leute tanzen im Südpol so wild, wie wir damals in Biel getanzt haben.»

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