Luzerner sind seit 100 Jahren im Geschäft

Eine rastlose Megger Familie setzt auf Kaffee

Die neue Generation des Verwaltungsrates: Adrian Gisler, Beatrice und Evelyne Rast (von links).

(Bild: hae)

Die Idee zum Kolonialladen kam den Rasts vor 100 Jahren unter einem lauschigen Apfelbaum. Heute stehen die Schwestern Beatrice und Evelyne Rast dem Kaffeegeschäft vor. Nach etlichen Umwegen, Irrungen und Wirrungen ist der Familienbetrieb eine der grössten Röstereien im Land.

Welch herrlicher Duft! Wo es nach Kaffee duftet, da lässt man sich bekanntlich gerne nieder. So geht es einem beim Eintreten in die Hallen der Kaffeerösterei Rast in Ebikon: Wer denkt beim kräftigen Schluck nicht gerne an die Geschmacksintensitäten auf den italienischen Autobahn-Raststätten, in denen es für einen Euro den besten Koffein-Aufputscher gibt?

«Logisch schmecken die Espressi an den italienischen Raststätten wunderbar, denn diese Kaffeemaschinen laufen Tag und Nacht – das ist das Beste für den idealen Geschmack.» Beatrice Rast (36) strahlt und serviert einen weiteren starken Malabar-Espresso. Er stammt von Bohnen aus Kerala, dem Ferien- und Ayurveda-Staat in Indien. Die Bohnen wurden bei Rast in Ebikon frisch geröstet.

Bohnen vor (oben) und nach dem Rösten.

Bohnen vor (oben) und nach dem Rösten.

(Bild: hae)

Die Chefin erklärt im Ladenlokal über dem grossen Lager weiter, dass nichts schlimmer für den Geschmack sei als nicht revidierte Maschinen oder alte geröstete Bohnen. Denn das Fett in der Bohne beträgt nach dem Röstprozess – rund 15 bis 20 Minuten bei etwa 190 Grad – etwa 20 Prozent. Und dieses Fett wird nach ein paar Tagen schon ranzig.

Exotische Geschichten zum Kaffee

Beatrice Rast liebt ihren Job, obwohl sie ursprünglich Soziologie studiert hat. «Immerhin wurde mir da viel Methodik mitgegeben, die ich heute im Berufsleben anwende.» Nach ihrem Master ist sie privat viel in warme Länder gereist. Auf einer Kaffeeplantage in Bolivien fällte sie im Jahr 2011 den Entscheid, gemeinsam mit ihrer älteren Schwester ganz im Familienbetrieb Rast einzusteigen. 

Eine Weiterbildung in Betriebsführung machte sie zur Managerin, als die sie heute mit ihrer Schwester Evelyne Rast (38) im Verwaltungsrat von Rast Kaffee sitzt. Die beiden Schwestern bilden zusammen mit Beatrice Rasts Ehemann Adrian Gisler (41) auch die operative Geschäftsleitung des 100-jährigen Unternehmens. Den Umgang mit Managern in der Dritten Welt haben sie auf ihren zahllosen Reisen gelernt.

Rast Kaffee importiert Bohnen aus rund 30 Ländern rund um den «Kaffeegürtel» am Äquator. Die Angebotspalette umfasst 20 Mischungen und rund 50 Einzelsorten, darunter ganz exquisite Mischungen.

Gründeridee unterm Apfelbaum

Diese Spezialisierung wurde vor vier Generationen begründet: Beatrice und Evelyne Rasts Urgrossvater Xaver hatte in Meggen 1918 ein Kolonialwarengeschäft eröffnet, «nachdem ihm mit seiner Frau Anna beim romantischen Dämmern unter einem Apfelbaum die Idee dazu gekommen war», wie der letzte Chef, Markus Rast (69), berichtet.

In Meggen nahm der Kolonialwarenladen seinen Anfang; unten links am Hag die stolze Besitzergattin.

In Meggen nahm der Kolonialwarenladen seinen Anfang; unten links am Hag die stolze Besitzergattin.

(Bild: zvg)

Das Unternehmen wuchs stetig, irgendwann dislozierte man in die Stadt, wo gleich mehrere Rast-Läden entstanden. Der letzte an der Bundesstrasse wurde 2005 von Beatrices Eltern Trudy (70) und Markus mit Tränen in den Augen geschlossen und man zog sich nach Ebikon zurück.

«Der Entscheid, nur noch auf Kaffee mit eigener Rösterei zu setzen, war richtig.»

Beatrice Rast

«Doch der Entscheid, nur noch auf Kaffee mit eigener Rösterei zu setzen, war richtig», blickt Beatrice Rast zurück. Auch wenn die Umsätze im ersten Jahr vorerst um mehr als zwei Drittel schrumpften und man Existenzängste hatte. 

Heute geschäftet der Betrieb wieder gesund, 20 Angestellte teilen sich 13 Vollstellen und Rast beliefert nicht nur Grossbetriebe wie Emmi oder McDonalds, sondern auch rund 500 Restaurationsbetriebe. Aber auch Privatkunden und Kaffee-Afficionados finden täglich den Weg in die Rösterei.

Zwei Generationen im Kaffee-Lager: Markus und Trudy Rast mit Töchtern Evelyne und Beatrice sowie Adrian Gisler (von links).

Zwei Generationen im Kaffee-Lager: Markus und Trudy Rast mit Töchtern Evelyne und Beatrice sowie Adrian Gisler (von links).

(Bild: hae)

Geht bei der Bierproduktion weltweit der Trend weg von Grossmarken hin zu kleinen Mikrobrauereien, so ist Ähnliches auch im Kaffeegewerbe festzustellen: Mikroröstereien sind mächtig angesagt, «sie schiessen wie die Pilze aus dem Boden», so Beatrice Rast. Gut 150 gibt es bereits in der Schweiz, was das Qualitätsbewusstsein steigere. Und Rast Kaffee ist eine der grössten, schweizweit liefernden Röstereien.

Auch nach 100 Jahren noch Innovationen

Auch wenn der Betrieb schon 100 Jahre alt ist, macht er immer wieder mit neuen Innovationen auf sich aufmerksam: Erstens legen die Rasts Wert auf Schulung. Sie führen in ihrer eigenen Akademie Ausbildungen zum Barista durch, also zum professionellen Kaffee-Barmann oder zur -Barfrau. Zweitens bieten sie Hilfe an, mit Technikern der jeweiligen Firmen die Maschinen in den Betrieben immer wieder neu richtig einzustellen.

Und drittens bringen sie im Sommer eine App mit Quizfunktionen heraus. «Mit grossem Unterhaltungswert kann der Interessierte durch den Wissensinhalt das Rast-Diplom erlangen», ist Beatrice Rast vorfreudig.

Kürzlich gab’s eine neue Röstmaschine:

 

Schon früh war Vater Markus Rast ein Pionier: In der Deklaration seiner Bohnenmischungen ging er stets sehr in die Tiefe. Kunden erfahren in der Beschreibung nicht nur, woher die Bohnen stammen, wie sie behandelt wurden und für welchen Kaffee sie sich eignen. Wissbegierige lesen ein Spinnendiagramm, das folgende Werte aufschlüsselt: Süsse, Säure, Bitterkeit, Abgang, Körper sowie die Eigenschaften sind hier aufgeführt.

Detaillierte Informationen: Die Kundschaft von Rast Kaffee kann sich ins Metier vertiefen.

Detaillierte Informationen: Die Kundschaft von Rast Kaffee kann sich ins Metier vertiefen.

(Bild: hae)

Und weil ihr Geschäft den Rasts so Spass macht, verdammen sie nicht mal den Nestlé-Erfolg mit den Alukapseln, sondern anerkennen den Multi als motivierende Konkurrenz. Beatrice Rast: «Seit dem weltweiten Nespresso-Boom sind viele Kaffeetrinker sensibilisiert, dass es verschiedenste Sorten und Mischungen gibt. Und nicht nur die allseits bekannten Arabica oder Robusta.»

Ausserdem hat sich der Kaffeegenuss auch wie das Weintrinken zu einer kleinen Wissenschaft entwickelt. Das lässt sich beim Gang nach Ebikon erfahren. Noch mehr Details werden am Samstag, 30. Juni 2018, beim Tag der offenen Tür vermittelt.

Wissenswertes zum Kaffee

  • Der jährliche Kaffeekonsum liegt bei 500 Billionen Tassen Kaffee. Damit ist Kaffee nach Erdöl der meistgehandelte Rohstoff der Welt.
  • Kaffee wird in ungefähr 70 Ländern, vor allem in Afrika, Asien und Zentralamerika, angebaut. Brasilien ist grösster Produzent, danach folgen Vietnam und Kolumbien.
  • Das Wort Kaffee lässt sich auf das arabische Wort «qahwa» zurückführen, was «Kraft» bedeutet.
  • Bis das Koffein einer Tasse Kaffee im Körper wirkt, vergehen 45 Minuten. Eine Tasse Bohnenkaffee (150 ml) enthält ca. 10 Gramm Kaffeepulver mit rund 80 mg Koffein – dieselbe Menge wie eine 250-ml-Dose Energydrink.
  • Beim Rösten mit einer Temperatur von 190 Grad verlieren die Bohnen rund 18 Prozent ihres Gewichtes. Beim Röstvorgang gewinnen sie dafür bis zu 1’500 verschiedene Aromen.
  • Kaffee fördert das Abnehmen. Er wirkt appetitzügelnd, das heisst, man hat weniger Hunger. Das gilt aber nur, wenn der Kaffee ohne Milch und Zucker getrunken wird.
  • Bei Migräne oder Kopfweh kann Kaffee auch helfen. Das darin enthaltene Koffein erweitert die Blutgefässe im Gehirn.
  • Oft wird Kaffee mit einem Glas Wasser serviert. Doch nicht wegen der vermeintlichen Tatsache, dass der Körper entwässert wird. Das Glas Wasser dient nur zur Geschmacksneutralisierung.
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