Lohnkürzungen bei der Zuger Verwaltung

Eine «moralische Ohrfeige» für das Staatspersonal

Sonnenuntergang am Zuger Regierungsgebäude. In Zukunft sind die Bedingungen nicht mehr rosig. Finden zumindest die Verwaltungsangestellten. (Bild: fam)

Zug setzt den Rotstift an – und kürzt unter anderem beim Staatspersonal. Damit schneide sich die Regierung ins eigene Fleisch, behaupten die Kantonsangestellten. Denn unter diesen Voraussetzungen sei es schwierig, qualifiziertes Personal zu finden. Gehen dem Kanton nun die guten Mitarbeiter aus?

Das Zuger Entlastungsprogramm macht auch vor dem Staatspersonal nicht halt (zentral+ berichtete). Zahlreiche Massnahmen sind geplant, um den Staatsetat von Kostenpunkten zu erleichtern. Unter anderem soll es kleinere, aber mehr Lohnstufen geben, was Lohnkürzungen von fünf bis sechs Prozent zur Folge hat (siehe Box).

Das gefällt den Staatsangestellten natürlich überhaupt nicht. Sie fühlen sich hintergangen und warnen vor gravierenden Folgen auf dem kantonalen Arbeitsmarkt. Das Sparpaket sei nicht ausgewogen und basiere nicht auf dem Grundsatz der Opfersymmetrie, heisst es in einem Schreiben an die Finanzdirektion. «Ein wichtiger Teil der Massnahmen betrifft den Personalbereich, obwohl dieser nicht für die finanziellen Probleme des Kantons verantwortlich ist», lässt der Staatspersonalverband (SPV) verlauten.

Verlust an Attraktivität?

Es wird ein düsteres Szenario gezeichnet. Von «grossem Schaden» ist die Rede; davon, dass sich die Arbeitsbedingungen des Staatspersonals wesentlich verschlechtern würden; und davon, dass die Regierung den Anschluss an die Privatwirtschaft zunehmend verlieren und als Arbeitgeber unattraktiv werde.

«Der Verlust von erfahrenen Mitarbeitenden mit dem entsprechenden Know-how und Rekrutierungsschwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt werden die Folgen sein», so das Urteil der Angestellten. Sind diese Ängste begründet? Wird der Kanton künftig auf einem Haufen offener Stellen sitzen und die Bevölkerung mit schlechten Verwaltungsleistungen strafen?

«Die ungünstige Altersstruktur kann dazu führen, dass gut qualifizierte, junge Leute abwandern.»

Ralph Conrad, HR-Experte

Wertschätzungsentzug

Kleinere, aber mehr Lohnstufen

Eines der Sparprojekte des Kantons sieht vor, die Lohnklassen von zehn Stufen neu in 19 Stufen zu unterteilen. In der niedrigsten Lohnklasse (Startlohn 48'140 Franken pro Jahr) bedeutet das, dass die jährliche Lohnerhöhung von 1'734 Franken bei zehn Lohnstufen auf 867 Franken bei 19 Lohnstufen sinkt. Das sind gut 70 Franken im Monat weniger.

In der höchsten Lohnklasse (Startlohn 173'596 Franken pro Jahr) sinkt die jährliche Lohnerhöhung von 4'700 Franken auf 2'350 Franken, was einer monatlichen Lohneinbusse von knapp 195 Franken entspricht. Mit anderen Worten: Bei zehn Lohnstufen verdient ein Staatsangestellter nach zehn Jahren Dienstzeit gleich viel wie ein Staatsangestellter nach 19 Dienstjahren bei 19 Lohnstufen.

«Die ungünstige Altersstruktur öffentlich-rechtlicher Institutionen kann dazu führen, dass gut qualifizierte, junge Leute abwandern», sagt Ralph Conrad, HR-Experte mit Sitz in Luzern und Baden. Es hinge viel davon ab, wie die Lohnkürzungen kommuniziert werden. Aber zunächst einmal sei es eine moralische Ohrfeige, die sich wie ein Entzug an Wertschätzung anfühle.

«Der Fachkräftemangel macht auch vor öffentlichen Verwaltungen nicht halt», konstatiert er. «Wichtig ist, wie sich der Kanton Zug im Branchmark (oder Deutsch: im Vergleich) gegenüber anderen Kantonen positioniert.» Letztlich befinden sich die Kantone in einem Konkurrenzverhältnis. Zug stehe diesbezüglich im Mittelfeld, sagt Conrad.

Das Entlastungsprogramm werde eindeutig Attraktivitätseinbussen zeitigen – allerdings keine dramatischen. Der Abwanderungseffekt werde sich nicht sofort einstellen: «Es sind keine Massenkündigungen zu erwarten», sagt der Personalspezialist. Aber mittelfristig, also in fünf bis zehn Jahren, werde sich die Situation verändert darstellen.

Wie in der Privatwirtschaft

Dass die Sparmassnahmen zu einem Abrutschen in die hinteren Ränge führen werden, bezweifelt die Zuger HR-Spezialistin Mary Berchtold. «Nein, der Kanton Zug wird als Arbeitgeber nicht unattraktiv, weder kurz- noch langfristig», sagt sie auf Anfrage. Das Angebot für das Personal bleibe trotz Lohneinbussen ansehnlich – sei es durch Sozialleistungen oder verwaltungsintern angebotene Kurse. Die HR-Expertin geht entsprechend nicht davon aus, dass der Kanton in Zukunft Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung bekommen werde.

«In der Privatwirtschaft ist das nicht anders. Warum sollte der Kanton von solchen Prozessen ausgeschlossen sein?»

Mary Berchtold, HR-Spezialistin

Dennoch hat Berchtold Verständnis für die Bedenken des Personalverbandes: «So ist der Mensch, wenn man droht, ihm etwas wegzunehmen. Es ist nachvollziehbar, dass das Staatspersonal diese Bedenken geltend macht. Niemand nimmt gerne Lohnkürzungen in Kauf.» Trotzdem: Das Argument der Unattraktivität infolge der Sparmassnahmen lässt sie nicht gelten.

«In der Privatwirtschaft ist das nicht anders. Wieso sollte der Kanton von solchen Prozessen ausgeschlossen sein?» Es sei zwar richtig, dass die Angestellten nicht verantwortlich für die Finanzlage des Kantons seien. Aber das sind die Mitarbeiter eines Grosskonzerns, der durch Missmanagement in Schieflage gerät, auch nicht. Entlassungen, Kurzarbeit und Lohnkürzungen sind in der Privatwirtschaft gang und gäbe. «So ist der Lauf der Dinge», sagt Berchtold.

Grosse Zurückhaltung

Dieser «Lauf der Dinge» hat etwas von Kaffeesatzlesen. Etliche Personalvermittler-Agenturen und HR-Experten winken deshalb auch ab: «Keine Einschätzung dazu», ist eine viel gehörte Antwort. Oder: «Dazu können wir keine Stellung nehmen», zu wenig sei man mit der Materie vertraut. Oder: «Auf diesem Sektor sind wir nicht tätig.»

HR-Experte Ralph Conrad betont, dass zunächst abzuwarten sei, wie sich der Kanton Zug innerhalb des Personalmarktes positionieren werde. Obwohl er eindeutig davon ausgeht, dass der Kanton durch die Lohnkürzungen an Attraktivität verlieren werde, sei diese Einbusse nicht dramatisch. «Andere Faktoren spielen dabei auch eine Rolle, vom Arbeitsumfeld bis zu den Sozialleistungen. Der Lohn alleine entscheidet nicht über die Attraktivität eines Arbeitsplatzes.»

Vieles bleibt also ungewiss. Es ist aber davon auszugehen, dass es im Interesse der Regierung liegt, auch künftig genügend qualifiziertes und motiviertes Personal zu stellen. Schliesslich geht es dabei auch um einen wichtigen Standortvorteil.

Was denken Sie über die Sparmassnahmen beim Zuger Staatspersonal? Diskutieren Sie mit.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon