«Hirschmatt» behauptet sich seit 30 Jahren

Eine Luzerner Buchhandlung trotzt der Bücherkrise

«Das Buch stirbt nicht aus»: Jörg Duss in seiner Buchhandlung. (Bild: jwy)

Lädelisterben, Büchersterben – es gäbe viele Gründe, wieso man als kleiner Buchhändler aufgeben könnte. Doch die Buchhandlung «Hirschmatt» in der Luzerner Neustadt feiert lieber. Und blickt optimistisch in die Zukunft. Geschäftsführer Jörg Duss ist überzeugt, dass das Buch eine Zukunft hat.

Die Krise gehört zu seinem Job dazu. Der angebliche «Tod des gedruckten Buches» ist ein ständiger Begleiter. Trotzdem ist Jörg Duss zum Feiern zumute: 30 Jahre hat seine Buchhandlung Hirschmatt in der Luzerner Neustadt auf dem Buckel.

Das ist nicht selbstverständlich in einer Branche, die in den letzten 10 Jahren 20 Prozent an Umsatz verloren hat. 80 Buchhandlungen mussten in der Schweiz schliessen.

Jörg Duss hat 1988 das Lokal an der Hirschmattstrasse 26 übernommen, schon zuvor waren am selben Ort Buchhandlungen einquartiert. Damals waren sie zu fünft, heute sind es neun Mitarbeiterinnen und ein Lehrling. Seit 2001 ist die Buchhandlung auch im oberen Stock präsent, insgesamt auf 150 Quadratmetern Fläche.

zentralplus: Jörg Duss, wie läuft das Geschäft?

Jörg Duss: Nicht schlecht, wir sind nicht hochrentabel, aber die Umsätze sind stabil. Es gibt ja nicht mehr so viele Buchhandlungen und die verbleibenden kommen gut aneinander vorbei, etwa der Grosse an der Hertensteinstrasse (Buchhaus Stocker, Anm. d. Red.) und wir. Wir unterscheiden uns in der Art, Grösse und von der Lage her.

zentralplus: «Stabil» ist in dieser Branche ein Erfolg?

Duss: Ja, und ich habe das Gefühl, dass die Grossen die Statistik etwas verzerren. Sie sind an super Lagen und haben eher mit den Kosten zu kämpfen als wir. Ich merke, dass viele Leute gern in innovative, mittelgrosse oder kleine Buchhandlungen gehen. Gerade weil sie anders aussehen und mit speziellen Veranstaltungen oder Aktionen neue Wege gehen.

«Wir wissen ja, dass das Buch nicht tot ist. Das ist beruhigend.»

zenralplus: Fällt es schwer, in der derzeitigen Lage in Jubelstimmung zu kommen?

Duss: Nein, gar nicht. Wir haben 30 Jahre gut gearbeitet. Klar, auch wir hatten Krisen und merken, dass heute weniger oder anders gelesen wird. Aber das Buch ist nicht am aussterben, überhaupt nicht. Zudem verkaufen wir auch Hörbücher oder E-Books, wir sind gewappnet für die Zukunft.

zentralplus: Wird das gedruckte Buch immer im Mittelpunkt stehen?

Duss: Das denke ich schon. Wenn man einen Buchladen will, muss das Buch im Mittelpunkt sein, alles andere kann man auch zuhause herunterladen.

zentralplus: Nervt es nicht, wenn man immer vom Tod des gedruckten Buches hört?

Duss: Man muss sich halt verteidigen. Und wir wissen ja, dass es nicht so ist, das ist beruhigend. Wir müssen einfach aufpassen, dass sich die Stimmung nicht auf die Leute überträgt, wenn zu pessimistisch berichtet wird.

«Freundlich sein und gute Tipps geben»: Jörg Duss' Buchhandlung setzt auf bewährte Rezepte.

«Freundlich sein und gute Tipps geben»: Jörg Duss› Buchhandlung setzt auf bewährte Rezepte.

(Bild: jwy)

zentralplus: Etliche Buchhandlungen sind eingegangen, auch in Luzern, die Konkurrenz kommt ihnen laufend abhanden. Ist das Freud oder Leid?

Duss: Wir profitieren sicher ein Stück weit davon. Etwa, als 2011 der «Raeber» im gleichen Quartier geschlossen hat. Aber wenn eine Buchhandlung schliesst, verteilen sich niemals alle Kunden auf die anderen, viele gehen verloren. Zudem wollen wir nicht, dass es nur noch eine oder zwei Buchhandlungen in der Region gibt – es soll eine lebendige Branche sein.

zentralplus: Wie wichtig sind Schulen und Bibliotheken als Kundinnen?

Duss: Sehr wichtig, und das Schöne ist: Bibliotheken im Kanton Luzern tätigen einen grossen Teil ihrer Bestellungen im Kanton selbst. Es spielt uns auch in die Hand, dass es durch den aktuellen Euro-Kurs nicht mehr so lukrativ ist, im Ausland zu bestellen.

zentralplus: 2007 ist in der Schweiz die Buchpreisbindung gefallen, viele Buchhändler schürten Angst vor dem Preiskampf. Hat sich diese bewahrheitet?

Duss: Die Angst war, dass die Grossen mit Dumpingpreisen auftreten, das haben sie mit Bestsellern auch gemacht. Bis sie gemerkt haben, dass sie auch noch etwas verdienen müssen (lacht). Heute macht es für Kunden kaum einen Unterschied, wo sie das Buch einkaufen. Erstaunlich ist: Viele bestellen online, holen die Bücher aber im Laden ab.

zentralplus: Weil sie den Kontakt schätzen?

Duss: Ja, und weil sie gern herumschauen, weil sie in der Nähe sind oder weil sie nicht zuhause sind, wenn die Post kommt.

zentralplus: Was ist die grössere Bedrohung für das Buch: Amazon oder Netflix?

Duss: Andere Konsumationsangebote waren immer eine Konkurrenz, sei es Radio, Fernsehen, Netflix oder Kino. Aber das geht aneinander vorbei. Klar lesen Jugendliche weniger als wir früher. Aber es gibt ja immer noch Schulbibliotheken, und gerade Fantasy-Angebote wie «Harry Potter» ziehen auch heute.

zentralplus: Was ist die Grundlage für Ihren 30-jährigen Erfolg?

Duss: Als mittelgrosse Buchhandlung ist es der gute Service. Freundlich sein und gute Tipps geben, wenn Kunden nicht selber schmökern wollen. Und Bestellungen müssen reibungslos und schnell ablaufen. Wenn man bei uns vor 17 Uhr bestellt, ist das Buch meistens am nächsten Tag hier.

Das Jubiläumsfest

30 Jahre Buchhandlung Hirschmatt: Freitag, 18. Mai, 19.30 Uhr, Neubad Luzern. Mit André David Winter, Barbara Geiser, Beat Vogt, Ariane von Graffenried, Matto Kämpf. Moderation: Renate Metzger-Breitenfellner. Das Fest steigt gemeinsam mit den Luzerner Verlagen «Der Gesunde Menschenversand» und «Edition Bücherlese».

zentralplus: Haben Sie viele Kunden, die Empfehlungen wünschen?

Duss: Ja, wir haben ein Stammpublikum, das auf die Empfehlungen von einzelnen Buchhändlerinnen hört. Wir haben auch so eine Art Buchzeichen, wo draufsteht, wer es von uns gelesen hat – eine Empfehlung und Kurzkritik sozusagen.

zentralplus: Muss man in einer Buchhandlung Nostalgiker sein?

Duss: Ich denke schon. Der grosse Verdienst liegt nicht mehr drin, auch wenn Buchhändlerinnen heute einen anständigen Lohn verdienen. Und viel macht man in der Freizeit. Denn für das Lesen hat man hier keine Zeit. Aber dafür konnten wir das Hobby zum Beruf machen.

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