Exotische Wasserimporte

«Ein hirnrissiger Aspekt der Globalisierung»

Eine Chamer Firma importiert Quellwasser aus Grönland. Damit werde die lokale Bevölkerung unterstützt. (Bild: zentral+)

Eine Chamer Firma importiert Quellwasser aus Grönland. Dabei werden ökologische Bedenken der Konsumenten durch soziale Projekte in den Hintergrund gedrängt. Ähnlich wird dies auch mit Wasser aus Fidschi gemacht. Das sei ein Schwachsinn, findet ein Experte.

Obwohl in der Schweiz mehr als 20 Mineralwasserquellen sprudeln, wurde in den vergangenen Jahren immer mehr ausländisches Wasser getrunken. Importe aus dem Ausland haben ihren festen Platz in den Getränkeregalen der Verteiler gefunden – auch wenn ihr Weg dorthin oftmals länger dauert.

Im Extremfall werden Wasserflaschen sogar um die halbe Welt transportiert, um die Konsumenten letztlich vor die Qual der Wahl zu stellen. Lieber das edle «Voss» aus Norwegen oder das exotische «Fiji Water» aus Fidschi?

Ein «trendiges» Erfrischungsgetränk

«Die Nachfrage nach Voss- und Fiji-Water ist seitens unserer Kundschaft sehr hoch», sagt Nirmala Alther von Globus. Das Fiji-Wasser habe seine Bekanntheit vor allem durch Abbildungen in Celebrity-Magazinen gewonnen und werde daher rege verkauft. Das Voss-Wasser sei besonders bei der jungen Kundschaft beliebt. «Sie findet die Glasflaschen attraktiv», so Alther. «Mit frisch geschnittenen Früchten wird damit gerne ein trendiges Erfrischungsgetränk zusammengestellt.»

Doch muss ein «trendiges Erfrischungsgetränk» von so weit her kommen? Wasser ist schliesslich Wasser. Und davon haben wir hier in der Schweiz genügend. «Das Fiji Wasser gelangt auf dem Seeweg nach Europa, was einen nicht grösseren CO2-Verbrauch aufweist als andere Lebensmittel», erklärt Alther von Globus. Zudem engagiere sich die Unternehmung, welche das Fiji-Wasser abfüllt, mit verschiedenen Projekten für die lokale Bevölkerung.

Quellwasser aus Grönland

Ähnlich versucht auch ein Chamer Unternehmen seine Wasser-Importe aus Grönland zu rechtfertigen. 2006 hat das grönländische Unternehmen «Greenland Springwater ApS» die exklusiven Förder- und Vermarktungsrechte für grönländisches Quellwasser aus dem Süden der Insel Disko, in Qeqertarsuaq, erworben. Das Marketing und der Vertrieb werden allerdings von der Greenland Springwater AG mit Sitz in Cham geführt.

«Wir schaffen Arbeitsplätze vor Ort und unterstützen inländische Gesellschaften.»
Willi Grob, Geschäftsführer Greenland Springwater AG

Grönland sei aufgrund seiner geografischen Lage auf Importe angewiesen und habe quasi keine Exportwirtschaft, erklärt Geschäftsführer Willi Grob. Viele Schiffe würden somit mit freien Kapazitäten von Grönland zum Festland zurückkehren. «Diese Lücke nutzen wir, um die CO2-Bilanz nicht unnötig zu strapazieren», so Grob.

«Es ist ein moderner Ablasshandel»

«Unsere Vision beinhaltet neben dem Ziel, die CO2-Bilanz möglichst niedrig zu halten, auch den Wunsch mit unserem Produkt die grönländische Wirtschaft zu stärken», ist auf der Homepage der Firma zu lesen. Darüber hinaus fliesse ein Teil der Einnahmen in soziale Projekte zu Gunsten der Inuit. «Grönland ist ein Entwicklungsland», erklärt Grob. «Wir schaffen Arbeitsplätze vor Ort und unterstützen inländische Gesellschaften.»

Sinn oder Unsinn?

Gemäss dem Verband Schweizerischer Mineralquellen und Soft-Drink-Produzenten wurden im Jahr 2013 in der Schweiz rund 905 Millionen Liter Mineralwasser getrunken. 352 Millionen Liter davon wurden aus dem Ausland importiert. Ungekühltes, stilles Mineralwasser verursacht zwischen 90 und mehr als 1'000-fach höhere Umweltbelastungen als Hahnenwasser. Der Unterschied wird umso grösser, je weiter das Mineralwasser transportiert wurde, bis es zum Kunden gelangt.

Wenn man Quellwasser aus Grönland trinkt und dabei noch etwas Gutes tut, kann man schon darüber hinwegsehen, dass es eigentlich nicht sehr ökologisch ist, oder? «Mit Nachhaltigkeit hat das nicht viel zu tun», meint Daniel Hitzig von «Alliance Sud», der Arbeitsgemeinschaft der sechs grossen Schweizer Hilfswerke. «Ich finde das Schwachsinn. Es handelt sich um einen hirnrissigen Aspekt der Globalisierung.»

Das ökologische Gewissen rein waschen

Zwar begrüsse er, dass immer mehr Menschen ein Sensorium für globale Probleme entwickelt hätten. «Aber, dass man ökologische und soziale Aspekte gegeneinander ausspielt, kann nun wirklich nicht der Weg sein», so Hitzig. «Es ist eine moderne Form von Ablasshandel.» Ähnlich sei dies auch bei Flugreisen der Fall, wo man mit zusätzlichen Abgaben die CO2-Emissionen der Reise kompensieren kann, um das ökologische Gewissen reinzuwaschen.

Anders sieht das Willi Grob: «Ich finde nicht, dass hier etwas gegeneinander ausgespielt wird», sagt er. «Grönland ist für mich in erster Linie eine Herzensangelegenheit.» So habe er bei seinen Besuchen immer wieder erlebt, dass die einheimische Bevölkerung ihr Engagement sehr schätzen würde. «So etwas kann man letztlich nicht mit einer mathematische CO2-Bilanz vergleichen.»

Seitens des Verbands der Schweizerischer Mineralquellen und Soft-Drink-Produzenten (SMS) will man gegenüber solchen Wasserimporten kein Urteil abgeben. «Jeder muss das für sich selber entscheiden», meint Mediensprecherin Christiane Zwahlen.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Bea Kaelin
    Bea Kaelin, 29.01.2015, 18:55 Uhr

    Ich bin voll einverstanden mit der Meinung von San Pedro! Wie dekadent sind wir, dass wir im Wasserschloss von Europa meinen, wir müssten Wasser vom Ende der Welt in unser Zuhause holen! Leute, dreht den Wasserhahn in eurer Küche auf und geniesst ein Glas herrliches Hahnenburger von unseren einheimischen Quellen! Denkt an die Wüsten-Staaten und welche Wasserqualität die Menschen da haben! Ich schäme mich!!!

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  • Profilfoto von San Pedro
    San Pedro, 29.01.2015, 18:20 Uhr

    Ich finde es etwas vom unsinnigsten, das hier in der Schweiz in bald jedem dritten Restaurant italienisches Mineralwasser verkauft wird. Es sei angemerkt, das sich Nestlé, die Besitzerin von Sanpellegrino sich darüber ausschweigt, ob das Wasser überhaupt aus der Toskana kommt. Oder von noch weiter her. Vor Jahren hat ein Artikel die damals 12’000 Lastwagenfahrten via Gotthard beleuchtet, die notwendig sind, um Sanpellegrino in die Deutschschweiz zu liefern. Nun stellt sich also die Frage, ob wir das Wasser von Grönland holen sollen? In die Schweiz? Das Wasserschloss Europas? Ich denke nein…

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