Fussballfans könnten für Massenpanik sorgen

Durchgangsbahnhof: Polizei sieht Gefahr bei unterirdischen Ankünften

Das heutige Gleis entlang des Rotsees wird mit dem Durchgangsbahnhof für den normalen Personenverkehr nicht mehr benötigt. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Aus Basel, Bern oder Zürich kommen die Fans jeweils mit Extrazügen zu den FCL-Spielen. Mit dem Luzerner Durchgangsbahnhof könnte sich die Fahrt für Zürcher Fans verkürzen. Doch die Polizei hat Bedenken. Und es ist unklar, ob die SBB den Fussballfans überhaupt die kürzeste Route anbietet.

Er wird das Luzerner Jahrhundertprojekt: der Durchgangsbahnhof. Er wird die Stadt Luzern nachhaltig verändern (zentralplus berichtete). In erster Linie ist es ein ÖV-Projekt. Mit einer Linie unter dem Vierwaldstättersee hindurch werden acht Verbindungen pro Stunde nach Zürich bei deutlich verkürzter Fahrzeit möglich sein.

Überflüssig würde dadurch die heutige Linie entlang des Rotsees, weil die Züge bei Ebikon in einen Tunnel verschwinden. Bereits gibt es Ideen, was dereinst mit dem Trasse passieren könnte. Warum nicht ein Veloweg vom Kreuzstutz bis zum Rotsee? Mit dem «Freigleis» auf dem alten Zentralbahn-Trasse wurden bei einem ähnlichen Projekt bereits positive Erfahrungen gemacht.

Ideen sind auf alle Fälle vorhanden. Dies wurde auch an einer Informationsveranstaltung im Dezember von Stadt, Kanton und SBB an der Hochschule Luzern klar. SBB-Projektleiter Massimo Guglielmetti sagte jedoch mit nicht ganz ernster Miene, dass man das Gleis entlang des Rotsees eventuell für Transporte von Fussballfans erhalten müsste.

Polizei fürchtet Massenpanik

Die Frage der Fanzüge dürfte im aktuellen Stand des Projektes noch kaum eine Rolle spielen. Trotzdem lässt sich bereits heute sagen, dass es sehr zweifelhaft ist, ob Fussballfans einst in den Genuss von schnelleren Verbindungen dank des Durchgangsbahnhofs kommen werden. Denn unterirdische Ankünfte von Fussballfans sind problematisch.

Durch zwei Tunnels wird der künftige Durchgangsbahnhof erschlossen: Richtung Zürich und Richtung Bern/Basel. (Bild: zvg)

Die Luzerner Polizei stellt immer wieder fest, dass bei der Ankunft von Extrazügen mit Fussballfans im Bahnhof Luzern Rauchpetarden gezündet werden, sagt Polizeisprecher Christian Bertschi. «In einem unterirdischen Bahnhof könnten solche Aktionen sowie die Tatsache, dass grosse Menschenmassen in einer manchmal etwas aufgeheizten Stimmung aus dem Zug steigen, gefährlich werden und allenfalls sogar zu einer Massenpanik führen», erklärt Bertschi. Aus polizeilicher Sicht sei deshalb eine oberirdische Lösung für die Zufahrt von Gästefans zu bevorzugen. So zeigt sich die Situation etwa in Wankdorf in Bern oder dem Joggeli in Basel, wo die Züge direkt am Stadion halten.

Probleme mit Zürcher Fans

Tatsächlich haben in Luzern jene Fans, welche von einer verkürzten Anreise profitieren könnten, in der Saison 2018/2019 für Probleme gesorgt. Das Bundesamt für Polizei fedpol wertet jedes Fussballspiel einzeln aus und führt auf, was auf der Hinreise, dem Weg ins Stadion, im Stadion, dem Weg aus dem Stadion und auf der Rückreise passierte.

Für die «ereignisreichste» Hinreise der letzten Saison nach Luzern sorgten demnach die Fans des FC Zürich am 22. Mai. Vermerkt sind das Werfen von Böllern und Gegenständen, Schwarzfahren sowie Gewalt gegen die Polizei. Auf der Rückreise blieb die Situation ruhig. Angesichts des 3:0-Erfolgs des FCL eher überraschend. Dies war beim ersten Aufeinandertreffen zwischen dem FCL und dem FCZ im November 2018 genau umgekehrt. Damals wurden auf der Rückreise von Fans des FC Zürich Sachbeschädigungen begangen – trotz 5:2-Erfolg.

Beim «Spiel der Schande», als die GC-Fans nach besiegeltem Abstieg einen Spielabbruch provozierten, wurden auf der Rückreise mehr Delikte registriert als auf dem Hinweg. Es kam zu Sachbeschädigungen und zu einer Störung des öV.

Grosses Geheimnis um die Reiseroute

Zurück zur Route entlang des Rotsees, welche heute die logischste wäre. Wäre, denn ob sie tatsächlich benutzt wird, darüber schweigt die SBB. «Über Routen und Fahrpläne von Fussball-Extrazügen machen wir aus nachvollziehbaren Gründen keine detaillierten Angaben», teilt die Medienstelle mit.

Im Verlauf der Recherche hat zentralplus herausgefunden, dass Züge mit FCZ-Fans teils gar nicht auf der schnellsten Route verkehren. Anstatt entlang des Rotsees fahren sie via Olten.

Der mit dem Durchgangsbahnhof einhergehende Kapazitätsausbau könnte also dazu führen, dass Zürcher Fans dereinst via Zug nach Luzern kommen. Trotz der Zusatzschlaufe entlang des Rotsees würde noch immer ein Zeitgewinn gegenüber dem heutigen Regime resultieren.

Sowieso keinen Einfluss hat die Linie nach Zug und Zürich für die FCL-Fans. Deren Extrazug fährt jeweils über Sursee und macht dort einen Zwischenhalt, wie der Webseite der United Supporters Luzern (USL) zu entnehmen ist.

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4 Kommentare
  • Profilfoto von kari
    kari, 08.01.2020, 08:37 Uhr

    Ach Gott habt ihr Probleme, der Zug fährt in den Güterbahnhof mit Gittern rechts und links abgesperrt, so dass die Personen nur durch Kontrollen zum Ausgang können und die Polizei gleich Personalien aufnehmen und Waffen sicher stellen kann, ihr tut mir leid.

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  • Profilfoto von Toni Scherrer
    Toni Scherrer, 08.01.2020, 08:33 Uhr

    Wegen idiotischen Fans bzw. krawallsuchenden Chaoten auf einen attraktiven Veloweg oder einen naturnahen Spazierweg verzichten? Hoffentlich kommt das nicht so raus. Ein Gleis am Rotsee erhalten nur wegen dummen Fussballfans wäre eine sehr schlechte Lösung.

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    Hans Rohrer, 08.01.2020, 07:55 Uhr

    Wenn wir anfangen, unsere langfristige und dringende Verkehrsplanung auf Zürcher Fussballfans abzustimmen, dann Guet Nacht.

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    Ramon Dassler-Maldonado, 08.01.2020, 07:16 Uhr

    Für eine Massenpanik finanzieller Natur könnte der Durchgangsbahnhof vorallem bei den Steuerzahlern sorgen. Oder auch bei etlichen nationalen und regionalen Bauunternehmern, wenn das Projekt aus verkehrstechnischen und finanziellen Überlegungen plötzlich in Bedrängnis gerät! Kosten und Nutzen stehen objektiv in keinem vernünftigen Verhältnis zueiander!

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