Luzerner Polizeispitze schlägt Alarm

Drogen, Sex, Waffen: Organisierte Kriminalität blüht auf

Regierungsrat Paul Winiker und Kripochef Daniel Bussmann erläutern die Polizeistatistik 2017.

(Bild: giw)

Das illegale Sexgewerbe, der Drogenhandel und die Geldwäscherei florieren in Luzern und die Situation verschärft sich laufend. Schuld sind unter anderem die Sparmassnahmen – doch auch ein blinder Fleck in der Gesetzgebung dient als Magnet für die organisierte Kriminalität. Die Regierung will handeln – und die Zeit drängt.

Grosse Sorgenfalten bei der Führungsriege der Luzerner Polizei und Regierungsrat Paul Winiker an der diesjährigen Jahresmedienkonferenz: In Luzern setzt sich das illegale Sexmilieu fest. Grund neben dem Ressourcenmangel beim Personal: «Uns fehlt die Rechtsgrundlage, um effektiv gegen entsprechende Etablissments vorzugehen und die Sexarbeiterinnen zu kontrollieren», sagt Kripo-Chef Daniel Bussmann diesen Mittwochvormittag. Laut Bussmann gibt es in Luzern immer mehr Prostituierte – die zudem unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen.

Doch das ist nur ein Aspekt in einem grösseren, bedrohlicheren Zusammenhang – ohne Einblick und regelmässige Kontrollen fehlen der Polizei wichtige Instrumente in der Bekämpfung von kriminellen Banden. «Es ist hinlängst bekannt, dass das Rotlichmilieu ein wichtiges Standbein der organisierten Kriminalität darstellt», sagt Bussmann. Regelmässige Kontrollen wären entscheidend für die Prävention und eine erfolgreiche Bekämpfung dieser Umtriebe.

Drogenhandel wird ungenügend bekämpft

Das strahlt auf andere Deliktgruppen ab: «Damit nehmen der Waffen- und Drogenhandel zu, aber auch der Menschenhandel ist ein Problem.» Eine Situation, die Bussmann beunruhigt: «Das ist eine sehr unschöne Entwicklung – das wollen wir hier in Luzern nicht.»

«In Luzern gibt es allerlei Drogen zu kaufen und zwar in erstaunlichem Reinheitsgrad für einen relativ günstigen Preis.»
Daniel Bussmann, Chef Kriminalpolizei

Bei den Betäubungsmitteldelikten bewegt sich der Drogenhandel wie im Vorjahr auf hohem Niveau – rund 2’350 Widerhandlungen wurden im Jahr 2017 festgestellt. Das sind zwar leicht weniger als im Vorjahr (2’560), was aber aber kein Grund zur Entspannung ist. Im Gegenteil: Vor allem die Bekämpfung des organisierten Drogenhandels konnte aufgrund mangelnder Ressourcen nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt werden. Wie hoch die Dunkelziffer an Gesetzesvorstössen im Dünkel des Milieus ist, möchte Bussmann nicht sagen. Es bestünden Zahlen, man wolle diese jedoch nicht öffentlich kommunizieren.

«In Luzern gibt es allerlei Drogen zu kaufen und zwar in erstaunlichem Reinheitsgrad für einen relativ günstigen Preis», sagt Kripo-Chef Daniel Bussmann. Auf den Gassen Luzerns kann die Polizei zwar immer wieder Dealer mit grossen Mengen Rauschgift im Gepäck verhaften – aber das ist ein Kampf gegen Windmühlen. Die jungen Läufer, welche vermehrt aus Albanien kommen, werden einfach wieder ersetzt durch frische Nachzügler. Sprich, hier wären laut Bussmann vertiefte Ermittlungen notwendig, um die Strukturen nachhaltig zu zerschlagen.

Andere Kantone geben Tipps

Der Trend zeigt aber in eine ganz andere Richtung. In Luzern gibt es zu wenige Polizisten und die Situation verschärft sich mit dem prognostizierten Bevölkerungswachstum (siehe Tabelle). Kamen im Jahr 2011 noch 571 Einwohner auf einen Polizisten, so werden es 2020 bereits 624 Einwohner sein – eine abnehmende Polizeidichte aufgrund der Sparmassnahmen. Im Vergleich zu den anderen Kantonen landet Luzern damit auf dem unschönen Platz 19. Im Schweizer Schnitt zeigt der Trend in die gegenteilige Richtung, hier nimmt die Polizeidichte zu.

«Wenn wir nicht bald handeln, dann werden wir das Problem vielleicht nicht mehr los.»

Daniel Bussmann, Chef Kriminalpolizei

Verschärfen dürfte sich der Personalmangel ausserdem, sollte die Revision der Strafprozessordnung des Bundes in der vorgeschlagenen Form umgesetzt werden. «Das würde noch mehr Polizisten von der Strasse wegnehmen und an den Schreibtisch binden», sagt Kommandant Adi Achermann. Hier hat der Luzerner Regierungsrat im Rahmen der Vernehmlassung scharfe Kritik an der Bundesvorlage geäussert – mit Unterstützung aller anderer Zentralschweizer Kantone.

Die fehlende Gesetzgebung bei der Sexarbeit in Kombination mit der dünnen Personaldecke führt dazu, dass Luzern zunehmend zum Zielland für das organisierte Verbrechen wird. «Viele andere Kantone haben inzwischen gesetzliche Bestimmugen für die Registrierung von Sexarbeitern und eine Bewilligungspflicht für Bordellbetreiber», schildert Daniel Bussmann die Situation.

Vermehrt Schwarzgelder im Umlauf

Mit der Folge, dass eben die kriminellen Machenschaften sich an den Vierwaldstättersee verlagern und ausländische Banden in Luzern Fuss fassen. «Das führt zur absurden Situation, dass wir zunehmend aus anderen kantonalen Korps erfahren, welche Machenschaften sich bei uns abspielen», sagt Bussmann.

Eine Gefahr, auf die bereits 2015 ein Kantonsrat hingewiesen hat – damals schmetterte das Parlament ein Gesetz über die Sexarbeit ab. «Ohne Gesetz droht Luzern zum Mekka für Kriminelle zu werden. Denn andere Kantone regeln die Sexarbeit», sagte Hedy Eggenschwiler (CVP) damals im Rahmen der Debatte.

Bei der Polizei läuten die Alarmglocken: «Wenn wir nicht bald handeln, dann werden wir das Problem vielleicht nicht mehr los», befürchtet der zurücktretende Kriminalchef. Eine weitere Folge der sich bildenden mafiösen Strukturen sind laut Bussmann die Zunahme von Schwarzgeldern, die im lokalen Gewerbe in Umlauf geraten. «In Luzern wird immer mehr Geld gewaschen.» Die Folgekosten sind für die Volkswirtschaft und die öffentliche Hand erheblich. Beispielsweise wird die Staatsanwaltschaft dadurch mit immer komplexeren Wirtschaftsdelikten konfrontiert.

Winiker will neues Gesetz und mehr Polizisten

Sicherheitsdirektor Paul Winiker und die Gesamtregierung wollen nun Gegensteuer geben. «Die Regierung möchte das Gewerbegesetz so anpassen, dass eine Bewilligungspflicht im Rotlichtmilieu möglich wird.» Diese neuen Rechtsgrundlagen sollen bis ins Jahr 2020 vom Parlament abgesegnet und in Kraft treten. Ausserdem brauche es eine spezialisierte Taskforce – und damit mehr Personal, insbesondere bei der Gewerbepolizei, erklärt Winiker.

Ab 2019 brauche es jedes Jahr mindestens fünf neue Polizisten, was Winiker ebenfalls in der gleichen Gesetzesbotschaft einfliessen lässt. «Diese zusätzlichen Kräfte sind das absolute Minimum», sagt Kommandant Achermann. Um mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten zu können, wären eher acht oder neun zusätzliche Vollzeitstellen pro Jahr vonnöten.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Roni Vonmoos Schaub
    Roni Vonmoos Schaub, 29.03.2018, 13:38 Uhr

    Wenn einige Drogen endlich entkrimininalisiert würden, hätte die Polizei Ressourcen frei – und das organisierte Verbrechen eine Einnahmenquelle weniger. Wann ist es soweit? Alle Drogen gleichstellen: Alkohol, Nikotin, Hanf, Koks…

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