Luzerner Infoangebot war erfolgreich

Drogen-Beratungsstand in «Ufschötti» erreicht 300 Junge

In der Ufschötti treffen sich nachts hunderte von Jugendlichen – und der Drogenkonsum nahm zuletzt zu. (Bild: bic)

Lärm, Littering und Drogen: In der Ufschötti Luzern treffen sich bekanntlich Junge, um zu feiern. Weil dabei auch Drogen konsumiert wurden, hat die Stadt Drogenberaterinnen in die Ufschötti geschickt. Arjen Faber, Bereichsleiter der städtischen SIP hat dabei viel gelernt – und war positiv überrascht.

Badetuch liegt an Badetuch, feine Sandkörner unter den Füssen, Möwen kreischen. Der Blick fällt auf die vielen Türme der Stadt, auf die Berge. Die Luzerner Ufschötti: Ein Stück Strandfeeling, obwohl das Meer weit weg ist – zumindest dann, wenn das Wetter gerade keine Faxen macht.

Dass die Ufschötti ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche ist, ist bekannt. Doch in den letzten Monaten der Pandemie und der Lockdowns scheint sie noch verstärkt so etwas wie zur «Wild Side» dieser Stadt geworden zu sein. «Der Lärm hier ist im Coronajahr 2020 geradezu explodiert und unerträglich geworden», sagte zumindest Anwohner Nick Dubach im Juni (zentralplus berichtete). Leere Bierdosen türmen sich, es wird getrunken, geraucht – und der Lärmpegel steigt.

Das blieb auch von der städtischen SIP, der Sicherheits-, Interventions- und Präventionstruppe sowie der Polizei nicht unbemerkt. Die Stadt reagierte und schickte Drogenberaterinnen an den Hotspot. Im Rahmen des Projekts «Place to be» wurde an den drei Wochenenden im Juni und Juli eine mobile Anlaufstelle für Suchtmittelprävention aufgestellt (zentralplus berichtete). Am Projekt beteiligt sind nebst der Stadt und der SIP die offene Jugendarbeit der Katholischen Kirche Stadt Luzern und die Drogeninformation Luzern (DILU).

Rund 300 Junge erreicht

Zu Beginn war Arjen Faber, Bereichsleiter der städtischen SIP eher skeptisch, was das Projekt anbelangt. Er befürchtete, dass die Jugendlichen auf gut Deutsch gesagt keinen Bock haben und das Weite suchen, sobald sie von den Beteiligten angesprochen werden. Fabers Skepsis hat sich aber nicht bewahrheitet. «Wir haben sehr gestaunt, wie offen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen uns gegenübertraten und mit uns in den Dialog traten.»

«Es ist viel nachhaltiger, mit Jugendlichen in Kontakt zu kommen, ihnen zuzuhören, ohne sie dabei massregeln zu wollen.»

Arjen Faber, Bereichsleiter SIP

An sechs Abenden hätten die Verantwortlichen ihr Zelt in der Ufschötti aufstellen wollen – wetterbedingt waren sie schliesslich an knapp fünf vor Ort. Das Projekt war durchaus erfolgreich: Pro Abend sind sie mit rund 70 Jugendlichen in Kontakt gekommen – im Rahmen des ganzen Projekts erreichten sie 300 junge Menschen. Damit hatte Faber nicht gerechnet. «Es hat wohl sicher geholfen, dass wir nicht uniformiert in der Ufschötti waren. Und dass wir nicht mit dem Mahnfinger auf die jungen Menschen zugingen oder mit dem Hintergedanken, sie massregeln zu wollen.»

Diese Lounge war an drei Wochenenden in der Luzerner Ufschötti. (Bild: zvg)

Mit der Zeit kamen die Jugendlichen von sich aus

Dass sie den Jugendlichen auf Augenhöhe begegnen wollten, kam bei den Jugendlichen gut an. «Mit der Zeit setzten sich einige zu uns ins Zelt, ohne dass wir auf sie zugehen mussten.» Jugendliche kamen vorbei und fragten, ob sie ein wenig Wasser haben dürfen. Oder sie kamen im Gespräch mit der SIP von selbst darauf, dass sie den Abfall wegräumen sollten. Das hat Arjen Faber gefreut. Zu sehen, dass die Jugendlichen «viele Ressourcen haben und vernünftig sind». Und: «Es ist viel nachhaltiger, mit Jugendlichen in Kontakt zu kommen, ihnen zuzuhören, ohne sie dabei massregeln zu wollen.»

Alkohol- und vereinzelt Cannabiskonsum beobachtet

2003 berichtete die «Neue Luzerner Zeitung» von einer verdeckten Drogenszene in der Ufschötti. Drogenabhängige konsumierten damals harte Drogen, insbesondere beim Apothekergärtli. «Auf dem Dach der Bootshalle und am Sandstrand müssen wir jeden Morgen mehrere Spritzen einsammeln», wird der damalige Bezirksmeister des städtischen Tiefbauamts zitiert.

«Medikamentenkonsum wie Xanax, Misch- oder Amphetaminkonsum haben wir in der Ufschötti nicht beobachtet – auch wenn wir manchmal leere Packungsdosen von beispielsweise Xanax finden.»

Arjen Faber

Ganz so schlimm ist es derzeit glücklicherweise nicht. Spritzen werden in der Ufschötti nur vereinzelt in den WCs gefunden. Hauptsächlich trinken die Jugendlichen und jungen Menschen Alkohol – zu Beginn des Abends eher leichten wie Alcopops und Bier und steigen dann – je mehr die Nacht einbricht – auf härteren Alkohol um.

Vereinzelt wird gekifft, erzählt Faber. «Medikamentenkonsum wie Xanax, Misch- oder Amphetaminkonsum haben wir in der Ufschötti nicht beobachtet – auch wenn wir manchmal leere Packungsdosen, etwa von Xanax finden.» Auch aus den Gesprächen heraus hörten die Verantwortlichen, dass nicht wenige der Jugendlichen damit Erfahrungen gemacht haben.

Und, was Faber wiederum beruhigt: «Die meisten Jungen sind recht gut informiert und aufgeklärt über Gefahren und mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten- oder Drogenkonsum.» Gerade der Mischkonsum ist besonders gefährlich. Ein Problem, das auch die Politik in Luzern anerkannte (zentralplus berichtete).

Frauen fühlen sich nachts alleine unsicher

Ob Projekte wie das «Kulturgärtli» – eine Art Open-Air-Ateliers für Luzerner Kunstschaffende – dazu führen, dem Dach der Bootshalle bei der Ufschötti ihren «zweifelhaften Ruf» zu nehmen, wie es die Stadt Luzern nennt, wird sich zeigen. Das Projekt lief erst eher harzig an (zentralplus berichtete). Wie der Sicherheitsmanager der Stadt Luzern, Christian Wandeler, nun schreibt, konnten aber nach dem Rückzug von interessierten Kunstschaffenden dann doch bereits ab der ersten Projektwoche zwei Atelierplätze vermietet werden. Diese werden bis zum Ende des Projekts genutzt.

Arjen Faber ist derzeit daran, mit allen involvierten Parteien die Daten auszuwerten. Und darüber zu entscheiden, ob im Gebiet der Ufschötti Handlungsbedarf besteht und Massnahmen getroffen werden müssen. In den Gesprächen hat sich beispielsweise weiter gezeigt, dass sich gerade junge Frauen nachts in der Ufschötti unsicher fühlen. Gerade, weil der Ort eher dunkel und abgelegen ist und der kürzeste Weg dahin über die Brücke bei der Werft auch eher menschenleer und dunkel ist. Zudem gab's dieses Jahr keine Buvette in der Ufschötti, was womöglich dazu führen konnte, dass die Ufschötti weniger durchmischt ist.

Sehen und gesehen werden

Dafür, dass sich zusätzliche Junge während Corona einen Ort im Freien gesucht haben, um zu feiern, hat Faber Verständnis. «Sehen und gesehen werden: Darum geht es den jungen Menschen. Sie haben das Bedürfnis nach Gesellschaft, wollen Gleichaltrige kennenlernen und flirten.»

Und gerade das hat in Pandemiezeiten vielen gefehlt. Auch wenn die Nachtclubs jetzt wieder offen haben: Rein kommt nur, wer ein Covid-Zertifikat hat. «Deswegen haben sich Junge eine niederschwellige Alternative gesucht, mit einem niederschwelligen Zugang. Die Ufschötti ist quasi eine Art Freiluft-Club, jeder kommt rein, man muss weder geimpft noch getestet sein.»

Derzeit ist es – wetterbedingt – eher ruhig in der Ufschötti. «Aber auch wenn es weniger schönes Wetter ist: In der Ufschötti werden trotzdem Partys gefeiert.»

Das Projekt war ein voller Erfolg, so Arjen Faber, Bereichsleiter SIP. (Bild: zvg)

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Silvan Studer
    Silvan Studer, 05.08.2021, 10:02 Uhr

    Wie dem auch sei, die «Ufschötti» wird als Badestrand immer unattraktiver.
    Je nach Wetter und Wochentag, tippelt man wie ein Minensuchgerät zwischen Partymist, Zigarettenstummeln oder kiloweise Graugänsekot über den Strand zum Wasser.
    Es war schon einmal besser dort.

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