Doku-Zug wechselt Besitzer

Drei Millionen Akten und eine Mammutaufgabe

Der Zuger Stapi Karl Kobelt (FDP, links) freut sich übers Dokumentationszentrum, das Daniel Brunner (Mitte) der Stadt vermacht. Bildungsvorsteherin Vroni Straub (CSP, rechts) weiss, dass auf ihre Leute viel Arbeit zukommt. (Bild: mam)

Daniel Brunner hat sein Dokumentationszentrum Doku-Zug an die Stadt Zug abgetreten. Im Herbst wird es in die Bibliothek Zug integriert. Bis dahin ändert sich für die Benutzer wenig – für die Betreiber aber alles.

Als zentralplus kürzlich zur Spionageaffäre um die Steinhauser Firma Crypto recherchierte, lieferte das Firmendossier im Dokumentationszentrum Doku-Zug wertvolle Hinweise (zentralplus berichtete). Es fand sich gar ein Abschiedsbrief des ehemaligen Entwicklungschefs P. F. an seine Kollegen. Der Kadermann hatte bereits in den 1970er-Jahren bemerkt, dass die Verschlüsselungsgeräte eine Hintertür aufweisen – und war darauf gefeuert worden.

Als ein NZZ-Journalist später an der St.-Oswalds-Gasse in Zug im selben Fundus wühlte, fand er gar einen Brief aus den 1990er-Jahren, der nahelegt, dass verschiedene Bundesräte über die Verbindung der Firma zu fremden Geheimdiensten im Bild waren.

Material aus dem Jahr 1994 aufbewahrt

«Dokumentationszentren bewahren keine Geheimnisse», sagte zwar Daniel Brunner am Mittwoch in Zug, als er sein Lebenswerk an Bildungschefin Vroni Straub (CSP) und Stapi Karl Kobelt (FDP) übergab. Aber eine «gute Dokumentation erhält das Wissen über den Standort», wie Kobelt sagte, als er sich über die «grosszügige, nutzbringende und wertvolle» Schenkung freute.

Im Fall von Crypto hatte Doku-Zug unter anderem Materialien archiviert, die 1994 bei der Vernissage von Res Strehles Buch «Verschlüsselt: der Fall Hans Bühler» abgegeben wurden – und nun die obigen Hinweise liefern.

Nun beginnt die Digitalisierung

Die Materialien – vorab sind es Kopien von Zeitungsartikeln – sind sorgsam geordnet. Über drei Millionen Akten in gut 4'500 Themendossiers. Dazu kommen rund 600 Zeitschriften und über 7'000 Sachbücher, welche das von Daniel Brunner und seinem Team aufgebaute Dokumentationszentrum führt.

Die Medienartikel mit ihren Dossiers werden geordnet in die Bibliothek Zug integriert. «Wir beginnen nun mit der Digitalisierung der Artikel», sagte Stadträtin Vroni Straub und bedankte sich gleich bei den Mitarbeitenden von Doku-Zug und der Bibliothek für ihr grosses Engagement. Dieses ist nötig, um im kommenden Halbjahr 700 Laufmeter Akten zu bearbeiten.

Bis Oktober bleibt Dokumentationszentrum geöffnet

Für die Nutzer soll die Migration weitgehend unbemerkt vorbereitet werden. «Wir bleiben bis Ende Oktober am alten Standort und haben ganz normal geöffnet», sagte Geschäftsführerin Sara Marty. Dann wird der Inhalt des Dokumentationszentrums übers Wochenende über die Strasse gebracht und der interessierten Öffentlichkeit in den oberen Stockwerken der Bibliothek Zug zugänglich gemacht.

Schüler, Studenten, Politiker und Journalisten, die sich in der Dokumentation über alle möglichen Aspekte des Zusammenlebens im Kanton Zug kundig machen wollen, müssen aber auch im Herbst an die St.-Oswalds-Gasse pilgern – trotz erfolgter Digitalisierung. Unter anderem aus Urheberrechtsgründen sei es nicht möglich, den Inhalt der Dossiers online zugänglich zu machen, sagte Daniel Brunner.

Was passiert mit den Recherchierkursen?

Es wird interessant sein zu verfolgen, ob und welche Dienstleistungen, die Doku-Zug bisher angeboten hat, es auch bei der Bibliothek geben wird. Namentlich Führungen oder Recherchierkurse für Maturanden. «Solche halte ich für eine äusserst hilfreiche Sache », sagte der frühere NZZ-Chefredaktor Hugo Bütler am Mittwoch in seiner Festrede.

Gewiss ist indes, dass alle thematischen Dossiers, die sich mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik befassen, auch in Zukunft weitergeführt und aktualisiert werden. Die länderübergreifenden Themendossiers von Doku-Zug werden abgeschlossen, aber weiter digital zugänglich sein.

Personal wird nicht übernommen

Ebenso gewiss ist seit Längerem, dass das elfköpfige Team von Doku-Zug per Ende Jahr aufgelöst wird. Die Stadt Zug wird in der Bibliothek zwar neue Stellen aufbauen, jedoch weniger als bisher im Dokumentationszentrum zur Verfügung standen.

Unklar ist indes die Zukunft der Stiftung Doku-Zug. Diese hatte unter dem Vorsitz des früheren Stiftungsratspäsidenten Rolf Schweiger versucht, das Dokumentationszentrum in eine Private-Public-Partnership umzuwandeln, die von der öffentlichen Hand, Firmensponsoren und privaten Gönnern getragen wird.

Besser verankert als je

Als dies nicht funktionierte, konnte Schweigers Nachfolger Joe Häfliger die Stadt Zug gewinnen, das Zentrum zu übernehmen (zentralplus berichtete).

«Ob die Stiftung liquidiert wird oder sich einem andern zeitgenössischen Anliegen verschreiben will, steht noch nicht fest», sagte Brunner. Sicher habe die Tatsache, dass sich mehr als 100 Personen für eine Trägerschaft des Dokumentationszentrums gewinnen liessen, dazu geführt, dass Doku-Zug stärker bei der Bevölkerung verankert sei als zu Beginn.

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