Echte Herausforderung für Häberli-Nachfolger

Diese Probleme muss der neue FCL-Trainer lösen

FCL-Präsident Philipp Studhalter (links) und Sportchef Remo Meyer (Mitte) stellen sich nach dem offiziellen Teil den Fragen der TV-Stationen. (Bild: Claudio Thoma/freshfocus)

Eine Schweizer Persönlichkeit, welche die Liga kennt und die Luzerner DNA verkörpert: So umreisst FCL-Sportchef Remo Meyer (39) das Profil des Nachfolgers von Thomas Häberli als Trainer. Auf den Neuen warten beim abstiegsbedrohten FCL einige Baustellen.

Noch nie etwas von der Luzerner Fussball-DNA gehört? Remo Meyer hat sie am Dienstag bei der Medienkonferenz zur Entlassung von Thomas Häberli definiert (zentralplus berichtete). Sie lautet so: «laufstarker, dynamischer und mutiger Fussball.»

Vieles davon wird er in der fast ein Jahr dauernden Ära von Thomas Häberli vermisst haben. Der Nachfolger des im Februar 2019 gefeuerten René Weiler hat in der Rückrunde davon profitiert, dass das Team und das System funktionierte. Aber als Häberli in seinem ersten Job als Cheftrainer zu Beginn der laufenden Saison versuchte, seine eigenen Ideen einzubringen, scheiterte er. Aus seinen letzten sieben Spielen schaute bloss ein Sieg – am Sonntag gegen Basel (2:1) – heraus. Nur vier Punkte trennen den FCL vom neuntplatzierten Neuchâtel Xamax und dem Barrage-Platz.

zentralplus sagt, was der neue Übungsleiter mitbringen und welche Lösungen er finden muss, damit der FCL gemäss Meyers vordringlicher Zielsetzung «so schnell wie möglich Abstand vom Barrage-Platz erlangt».

1. Charisma und kommunikative Fähigkeiten

Häberli ist es nie gelungen, die FCL-Spieler und das Umfeld des Vereins für sich und seine Ideen zu begeistern. Dafür fehlten dem 45-jährigen Ballwiler die Ausstrahlung und die eloquente Ausdrucksweise. Im Fussball und im Berufsleben sind das aber zentrale Voraussetzungen, um Karriere machen zu können (zentralplus berichtete).

2. Eine offensive Spielidee

Es sind nicht die letzten drei Spiele gegen St. Gallen (1:4) , YB (0:1) und Basel (2:1), die zur Entlassung von Thomas Häberli geführt haben. FCL-Sportchef Meyer sagt dazu: «Ein Aufwärtstrend im Schlussspurt der Vorrunde war erkennbar. Trotzdem sah ich unsere Ziele als gefährdet an.»

Konkret heisst das: Gegen höher eingestufte Gegner defensiv zu agieren und auf Konter zu lauern, ist einfacher als gegen Konkurrenten auf Augenhöhe offensive Lösungen zu finden. Meyer bestätigt das im Gespräch mit zentralplus: «Ja, mir fehlte eine Spielidee und die Lösungen auf dem Platz.»

Der FCL unter Häberlis Ägide hat in den Spielen gegen die hinter ihm liegenden Konkurrenten aus Thun (9 Punkte Vorsprung) und Neuchâtel Xamax (4 Punkte) und auch gegen die vor ihm liegenden FC Lugano, FC Sion (je 3 Punkte Rückstand) und Aufsteiger Servette (9 Punkte Rückstand) höchst selten erfolgreiche Mittel gefunden. Das hat Häberli den Job gekostet (zentralplus berichtete).

Die gute Nachricht für den neuen Trainer aber ist: Die spielerische Qualität im FC Luzern ist zweifellos vorhanden, um in sportlich ruhigere Gewässer vordringen zu können.

3. Eleke reintegrieren

Thomas Häberli hat ohne Not ein paar Baustellen mit Spielern eröffnet, die für das sportlich gute Gelingen des FC Luzern von entscheidender Bedeutung sein können: Die Rede ist in erster Linie von Blessing Eleke, Marvin Schulz und Francesco Margiotta.

Bei Eleke hat es Häberli, der selbst im Team als (viel zu) «lieber Kerl» gilt, verpasst, im Frühstadium dieser Meisterschaft rechtzeitig Leitplanken zu setzen. Aus einem anfänglichen Aufmucken ist ein Zerwürfnis entstanden, das sich letztlich in lediglich zwei Toren von Eleke in 15 Meisterschaftsspielen ausdrückte. Letzte Saison waren es noch 13 Tore und 5 Assists in 32 Super-League-Einsätzen gewesen.

Der 23-jährige Nigerianer, der von der Fussballplattform «transfermarkt.ch» auf einen aktuellen Marktwert von rund viereinhalb Millionen Franken geschätzt wird, erlangt für den FCL nicht nur eine ökonomische Bedeutung. Eleke hat sie vor allem auch betreffend offensiver Durchschlagskraft. Nur Thun hat von allen Konkurrenten zur Winterpause ein Tor weniger geschossen als der FCL (17 in 18 Spielen). Mit fünf Treffern ist der neuverpflichtete Ibrahima Ndiaye teamintern bester Goalgetter.

Dem neuen FCL-Trainer und Sportchef Meyer muss zur Sicherung des Ligaerhalts und der eigenen Jobsicherheit gelingen, Eleke wieder in Schuss zu bringen. Denn das Transferfenster wird über die Winterzeit keinen Mittelstürmer vom Format eines Eleke hergeben, falls er ersetzt werden muss.

Aber auch bei den Personalien von Mittelfeldspieler Marvin Schulz und Offensivspieler Francesco Margiotta besteht Bedarf an Einfühlungsvermögen und konkreten Perspektiven. Häberli hat Schulz jeglichen Schwung genommen, als er Anfang Saison auf die kuriose Idee kam, den Deutschen vor dessen Verletzung anstelle des zu Augsburg transferierten Ruben Vargas auf die rechte Aussenbahn im Mittelfeld zu beordern (zentralplus berichtete). Und die richtige Position für Francesco Margiotta, einen sportlich spannenden Neuzugang, fand Häberli trotz verschiedener Systemumstellungen nie (zentralplus berichtete).

4. Die passenden Spielsysteme

Einen erfolgreichen Trainer zeichnet die Begabung aus, dass er den Spielern ein ihren Fähigkeiten entsprechendes System auf den Leib schneidert. Gegen Ende der Vorrunde hat Häberli zumindest defensiv einen Ansatz gefunden, um gegen besser dotierte Gegner eine kleine Chance auf Erfolg zu haben: Im 3-4-1-2-System, einer Variante des 3-5-2, hat der FCL gegen St. Gallen und YB nicht schlecht und gegen Basel ganz gut ausgesehen.

Doch im Spiel nach vorne, in der taktisch viel schwierigeren Disziplin, ist Häberli mit Karacho gescheitert. Die klassische Grundordnung in einem 4-4-1-1 könnte gegen Gegner auf Augenhöhe ein probates Mittel sein. Es würde Eleke als Torjäger, Margiotta (oder Darian Males) als hängende Spitze, Ibrahima Ndiaye und Pascal Schürpf auf den Aussenbahnen und Marvin Schulz wie vielleicht auch Tsiy Ndenge in den zentralen Positionen einen Platz zur Entfaltung bieten können.

In der Abwehr ist es zwingend, den sich rückwärts entwickelnden Silvan Sidler durch Marco Burch zu ersetzen. Und während der Winterpause Verstärkung in der Person eines schnellen und wendigen Spielers für die ziemlich hüftsteife FCL-Innenverteidigung zu holen.

5. Mit klarer Hierarchie Ordnung im Team schaffen

Der neue FCL-Trainer muss seinen Spielern die Position im Mannschaftsgefüge zuweisen, die ihrem Leistungsvermögen und ihrer Persönlichkeit entspricht. Eine entscheidende Personalie auf diesem Weg wird Idriz Voca markieren: Ist der 22-Jährige, der defensiv seinen Mann steht, schon reif und gut genug, um beim FCL als Vizecaptain voranzugehen? In der aktuellen Verfassung scheint man ihm und dem FCL mit dieser Rolle keinen Gefallen zu tun.

Die Alternative? Goalie Marius Müller, ohne den der FCL schlechter dastünde im Kampf um den Ligaerhalt, eignet sich als Persönlichkeit und eloquenter Kommunikator auf dieser teaminternen Hierarchiestufe bestimmt besser.

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