Vorwurf: «Zuger Filz» und «Gefälligkeitsurteil»

Diese Plakate kommen die jungen Zuger Linken teuer zu stehen

Aufgrund einer superprovisorischen Verfügung des Kantonsgerichts hängen die Plakate in Zug nun zensiert.

(Bild: zvg)

Im April erhitzte eine Plakatkampagne linker Zuger Jungparteien und des Komitees für bezahlbaren Wohnraum die Gemüter. Nun gab ein Richter den beiden betroffenen Regierungsräten Recht. Die Initianten sprechen von «Gefälligkeitsurteil» und «Zuger Filz», obwohl in sieben von zehn Fällen Freisprüche ergingen.

Im Zug der Initiative für bezahlbaren Wohnraum lancierten die Juso Zug, die Jungen Alternativen und das Komitee für bezahlbaren Wohnraum eine Plakataktion in Zug. Die Motive: die beiden Regierungsräte Heinz Tännler (SVP) und Matthias Michel (FDP). Unter anderem war darauf zu lesen: «Meinung: Zug hat genug bezahlbaren Wohnraum.»

Ausserdem wurde auf den Plakaten der Jahreslohn der beiden Politiker öffentlich gemacht (zentralplus berichtete). Zu viel des Guten für die beiden Regierungsräte, die beim Kantonsgericht eine Verfügung gegen die Plakate sowie deren Zensur erwirkten (zentralplus berichtete). Nun verurteilte derselbe Einzelrichter die Initianten zu einer Geldstrafe.

Plakate kommen teuer zu stehen

Für die Initianten der Plakatkampagne wird es teuer: Wie die «Zuger Zeitung» berichtet, wurden diese für die Plakataktion zur Zahlung der Gerichtskosten von 4’000 Franken sowie einer Parteienentschädigung an Heinz Tännler und Matthias Michel von 7’500 Franken verurteilt. Der Entscheid sei nicht rechtskräftig und könne ans Obergericht des Kantons Zug weitergezogen werden.

Laut dem Entscheid wurden nicht alle Beteiligten zur Kasse gebeten: Für die Gerichtskosten und die Parteienentschädigung aufkommen müssen die Juso, die Junge Alternative und drei von zehn eingeklagten Komiteemitgliedern.

«Das Urteil überrascht nicht, da derselbe Richter urteilte, der die provisorische Verfügung ausgesprochen hat.»

Yannick Ringger, Co-Präsident Zuger Komitee für bezahlbaren Wohnraum

Für den Einzelrichter ist es offenbar erwiesen, dass die zwei im Bahnhof Zug aufgehängten Plakate die Persönlichkeit der beiden Regierungsräte verletzt habe. «Grundsätzlich darf niemand ohne seine Zustimmung abgebildet werden», wird er weiter zitiert.

Laut dem Einzelrichter sei es unbestritten, dass Tännler und Michel keine Zustimmung zur Verwendung ihrer Bilder auf den Plakaten gegeben haben. Somit seien ihre Persönlichkeitsrechte verletzt worden. Um Satire habe es sich bei den Aussagen auf den Plakaten, wie Jungparteien und Komitee argumentierten, für den Richter nicht gehandelt.

Kehrtwende war nicht zu erwarten

Was sagen die Vertreter des Komitees und der Jungparteien zum Urteilsspruch? Yannick Ringger, Co-Präsident des Komitees für bezahlbaren Wohnraum, gibt folgenden Kommentar ab: «Das Urteil überrascht nicht, wenn man bedenkt, dass derselbe Richter, der die provisorische Verfügung ausgesprochen hatte, nun auch wieder zugunsten der Regierungsräte urteilt. Besonders, wenn man sich die Verstrickung des Einzelrichters ansieht. Eine Kehrtwende im Fall war in dem Sinn nicht zu erwarten.»

Die von Ringger erwähnten Verstrickungen des Einzelrichters sind durchaus pikant: Richter Philipp Sialm arbeitete mit dem Anwalt der beiden Regierungsräte, Hans-Rudolf Wild, in der selben Anwaltskanzlei (Schweiger Advokatur) zusammen. Ebenfalls bei der Kanzlei tätig gewesen war in der Vergangenheit Regierungsrat Matthias Michel (zentralplus berichtete).

Jungparteien sprechen von Teilsieg

Stellung nimmt vorab auch der Co-Präsident der Jungen Alternativen, Konradin Franzini. Auch für ihn sei das Urteil keine Überraschung gewesen. Positiv hingegen befindet man bei den Jungen Alternativen, dass sieben von zehn Angeklagten aus dem Komitee freigesprochen worden sind. «Diese sind zu Unrecht angeklagt worden und waren an der Aktion gar nicht beteiligt», erläutert Franzini.

In einer offiziellen Medienmitteilung am Nachmittag nehmen die Juso Zug und die Junge Alternative Zug wie folgt Stellung: «Das Urteil von Kantonsrichter Sialm in der Plakataffäre markiert einen ersten Teilsieg für die Junge Alternative und Juso, da sieben von zehn angeklagten natürlichen Personen freigesprochen wurden. Ansonsten bedeutet der Entscheid ein Gefälligkeitsurteil, das die Verstrickungen des Zuger Filzes untermauert.»

Weiterzug des Urteils noch offen

«Dass sich Regierungsrat Tännler in den Medien dahingehend äussert, dass wir mehrmals Vergleiche abgelehnt hätten, ist irritierend. Wir waren es, die mehrere Vergleiche angeboten haben, welche von den beiden Regierungsräten nicht angenommen wurden», sagt Anna Spescha, Co-Präsidentin der Juso, weiter in der Medienmitteilung.

Wie man weiter verfahren will, wird noch beraten: «Da unsere Anwältin momentan in den Ferien weilt, werden wir einen Weiterzug nächste Woche besprechen.» Gleichzeitig denkt man schon weiter: «Es geht uns schon lange nicht mehr um zwei Plakate. Wenn die Obrigkeit zensiert und junge Menschen vor Gericht zerrt, dann geht es um die Verteidigung von Meinungsäusserungsfreiheit und Demokratie», schliesst die Medienmitteilung.

«Unsere Haltung, ein Verfahren anzustreben, war wohl nicht ganz falsch.»

Heinz Tännler, Regierungsrat und Klägerpartei

Kläger sehen sich bestätigt

Stellungnahme zum Urteil nimmt auch Regierungsrat Heinz Tännler. Ist er mit dem Urteil zufrieden? «Zufrieden oder nicht, darum geht es nicht. Ich nehme das Urteil zur Kenntnis und stelle fest, dass unsere Meinung zu dieser Geschichte sowie unsere Haltung, ein Verfahren anzustreben, wohl nicht ganz falsch waren.»
 
Zum Vorwurf in der Medienmitteilung der Juso und der Jungen Alternativen, auch die Beklagten hätten Vergleiche angeboten, die ausgeschlagen wurden, meint Tännler: «Die Initiative für einen Vergleich kam glaub ich von uns. Wir haben auch immer die Bereitschaft erklärt, einen Vergleich zu machen. Von der Gegenseite gab es auf unsere Vorschläge hin aber immer mehr Forderungen, die wir so nicht akzeptieren konnten.»
 
Am Ende habe auch das Gericht beiden Parteien einen Vergleichsvorschlag unterbreitet. «Wir hätten diesen ohne Umschweife angenommen, von der Gegenseite wurde er allerdings nicht akzeptiert», gibt Tännler zu Protokoll.
 
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Heinrich Vogelsang
    Heinrich Vogelsang, 14.07.2017, 19:22 Uhr

    So, die Plakate waren also keine Satire? Ja, was denn sonst? Es wäre toll, wenn die Angehörigen des dummen und gemeinen Schweizer Volks erfahren dürften, warum dies nach Ansicht des Zuger Richters keine Satire war. Weiss der überhaupt, was das Wort bedeutet?

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    • Profilfoto von Schicklgruber
      Schicklgruber, 14.07.2017, 22:02 Uhr

      So humorlos, wie das Urteil gefällt wurde, ist nicht anzunehmen, dass der Herr Richter den Begriff Satire versteht…
      Aber okay, dann wird ja hoffentlich bei den nächsten Abstimmungen der Tierschutz einschreiten bei den SVP-Plakaten…

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