Fünf Plädoyers gegen die Flucht

Diese Kulturschaffenden halten Zug die Stange

Aus Musik, Malerei, Grafikdesign und Literatur: Diese fünf Kulturschaffende erzählen, warum sie Zug treu bleiben.

(Bild: Montage: lob)

Kreative Köpfe haben zu wenig Platz und der Kulturförderung gehen die Zuger Künstler aus: so zwei häufig gehörte Vorwürfe aus der Zuger Kulturlandschaft. Trotzdem – oder gerade deswegen – gibt es aber auch Kulturschaffende, die gerne hier weiterarbeiten. Ein Plädoyer von fünf Künstlern.

«Nehmen wir die Zuger Kulturszene. Obwohl es ein überschaubarer Ort ist, ist die Szene sehr verstreut. Ich vermisse eine echte Motivation und Leidenschaft. Kultur wird hier geduldet, solange sie sich an die Konventionen hält, die Herrn und Frau Zuger genehm sind», sagte Filmemacher Remo Hegglin letzten Frühling in einem Interview über die Zuger Kulturszene (zentralplus berichtete). Er selbst pendelt nun zwischen Berlin und Zug hin und her.

Vergangenen Dezember porträtierte das Zuger Amt für Kultur seine Kulturstipendiaten im Zentralschweizer Atelier in New York. Auffallend war dabei: Kein einziger der Porträtierten aus den letzten zehn Jahren lebt mehr in Zug. Vergeben wurden die Stipendien nur an ausgewanderte Künstler mit Zuger Wurzeln (zentralplus berichtete).

Nicht alle sind weg

Kommt hinzu, dass es in Zug – zumindest aus Sicht der Kulturbeauftragten und einiger Kreativköpfe – zu wenig feste und bezahlbare Atelierräume, dafür nur zeitlich begrenzte Zwischennutzungen gibt. Eine mögliche Nutzung des Theilerhauses als Kulturraum erlitt bei der Zuger Regierung jüngst Schiffbruch (zentralplus berichtete).

Nichtsdestotrotz: Längst nicht alle Künstler haben Reissaus genommen. Allen Widrigkeiten zum Trotz arbeiten etablierte wie auch junge Kreative noch in der Kolinstadt. Und erklären kurz und knackig, weshalb es sich lohnt, Zug die Treue zu halten.

«Zug soll lebenswert bleiben»

Da wären beispielsweise Judith Stadlin – ihres Zeichens Schauspielerin, Theaterschaffende und Autorin. Mit ihrem Partner Michael van Orsouw bildet Stadlin das Autoren- und Bühnenduo «Satz & Pfeffer» und schrieb auch schon selber Musicals.

«Ich arbeite als Bühnenkünstlerin und Autorin auch, aber nicht nur, in Zug, weil ich mit meinen Bühnentexten und -stücken sowie meinen Büchern einen aktiven gesellschaftsrelevanten Beitrag leisten möchte», sagt Stadlin.

«Einen Beitrag dazu, dass Zug lebenswert bleibt und nicht von seinem Reichtum aufgefressen wird. Damit mein Publikum die aktuellen Entwicklungen mit wachem, kritischem Blick beobachtet und bei seinen Entscheidungen nicht nur das Portemonnaie, sondern den gesunden Menschenverstand walten lässt. Tätig bleiben statt flüchten ist meine Einstellung.»

Gemeinsam mit Van Oursow textete Judith Stadlin eine neue Strophe des «Zuger Lieds»:

Kritik zum Teil unverständlich

Stellung nimmt auch der Zuger Grafikdesigner und Videokünstler Lukas Meier. Der 34-Jährige verbringt zwar jährlich einige Monate im Ausland – im Rahmen des «Atelier Flex»-Stipendiums des Kantons (zentralplus berichtete) weilte und arbeitete er unter anderem in den Städte Sao Paulo und Buenos Aires. Dort feilte er an seiner Arbeit im Bereich Guerilla Mapping – eine Art temporäres digitales Graffiti, wobei Installationen auf Bauten und Häuser projiziert werden. Auch Meier und lebt und arbeitet aber noch in Zug.

Eine Installation von Lukas Meier in Buenos Aires.

Eine Installation von Lukas Meier in Buenos Aires.

(Bild: zvg)

«Was ich an Zug sehr schätze und weshalb ich immer wieder zurückkomme und kommen werde ist, dass ich aus Zug bin und deshalb hier viele Leute kenne und mir nach jahrelangem Engagement vieles sehr leicht fällt. Ich persönlich habe hier keine Probleme, Projekte bewilligt oder gar finanziert zu bekommen», sagt Meier.

Den Tod des Zuger Kulturlebens sieht er ganz und gar nicht bevorstehend: «Ich sehe in Zug keine grossen Schwierigkeiten für kulturelles Schaffen und verstehe die Kritik nicht so ganz. Im Gegenteil nehme ich ein sehr grosses Angebot war, welches oft nicht genutzt wird. Ich bin auch der Meinung, dass kulturelles oder künstlerisches Schaffen nicht leicht sein sollte und man sich anstrengen soll um öffentliche Gelder oder Unterstützung zu bekommen.»

Zug bietet die nötige Ruhe

Eine Lanze für die Arbeit in der Kolinstadt bricht auch die Malerin Myriam Arnelas. Die 42-Jährige bringt in vielen ihrer Bilder Alltagssituationen in sehr detaillierten Porträts auf die Leinwand. Aber auch imaginäre und sehr farbige Landschaften gibt es von ihr zu sehen. Für ihr Schaffen sei Zug ideal, meint Arnelas.

Dieses Bild von Myriam Arnelas trägt den Titel «am Meer».

Dieses Bild von Myriam Arnelas trägt den Titel «am Meer».

(Bild: www.arnelas.ch)

«Ich fühle mich in Zug wohl, deshalb arbeite und male ich hier. Ich schätze die Lebensqualität und die Tatsache, dass ich hier in Ruhe arbeiten kann», erklärt Arnelas. Dass das Kulturleben in Zug weniger pulsiert, ist für ihr eigenes Schaffen kein Problem: «Persönlich brauche ich die Ruhe nämlich mehr, als den täglichen Austausch in einer grossen Kulturszene. Und trotz allen Widrigkeiten spüre ich das Engagement der Kulturverantwortlichen stark.»

«Gefässe und Unterstützung gibt es»

Die Komponistin und Performerin Laura Livers aus Cham schafft im Bereich der «Discipline» – also der Verknüpfung von Musik, Performance Art, Tanz und Theater. Sie arbeitet an verschiedenen Musik- und Kunstprojekten im Kanton – so beispielsweise als Teil des «Duo Frida». In Zug Kultur zu betreiben sei zwar aufwändig – das gehöre aber zum Berufsfeld, ist Livers überzeugt.

«Wer als Kulturschaffender den Aufwand scheut, ist im falschen Berufsfeld. Das Spannende am kulturellen Schaffen in Zug ist gerade das Nichtvorhandensein von überkommenen Strukturen, sodass wir unsere Arbeitsprozesse stets neu definieren können und müssen. Und derjenige, der etwas vermisst, sollte sich überlegen, warum er es nicht selber erschafft – Gefässe und Unterstüzung dafür gibt es.»

Die Chamerin Laura Livers während einer Performance.

Die Chamerin Laura Livers während einer Performance.

(Bild: zvg)

Verbundenheit ist ausschlaggebend

Auch ein anderer Musiker spricht sich für den Verbleib in Zug aus. Stefan Buri ist Mitbegründer der Kammer Solisten Zug und seit vielen Jahren dort auch der künstlerische Leiter. «Ich bin in Zug geboren und aufgewachsen, das ist für mich vor allem auch der Grund, hier aktiv zu sein», sagt Buri. «Und es funktioniert sehr gut – obwohl ich nichts dagegen hätte, wenn die professionelle Szene noch etwas grösser wäre.» Ähnlich wie Livers betont er auch: «Natürlich muss man viel Arbeit leisten, aber das wäre an einem anderen Ort nicht anders.»

Stefan Buri (vorne rechts) leitet das 1990 gegründete Ensemble der Zuger Kammer Solisten.

Stefan Buri (vorne rechts) leitet das 1990 gegründete Ensemble der Zuger Kammer Solisten.

(Bild: kammersolisten.ch)

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