Staatsarchiv stellt alte Schriften zum ESAF aus

Die zwei bisherigen Zuger Eidgenössischen fielen in dunkle Zeiten

Beim ESAF 1943 in Zug war die politische Lage bitterernst. (Bild: Zuger Staatsarchiv)

Für einmal blicken wir nicht aufs Eidgenössische in zwei Wochen, sondern weit zurück auf die vorherigen Austragungen in Zug. Im Kriegsjahr 1943 war den Organisatoren naturgemäss nicht nach Festen zumute und auch 1961 war die politisch prekäre Weltlage in der Berichterstattung spürbar.

Früher, da war die Welt noch in Ordnung. Da schrieb man Tradition und Folklore noch gross. Liest man in den Berichten, die zu den früheren beiden «Eidgenössischen» Schwing- und Älplerfesten in Zug veröffentlicht wurden, stellt sich heraus: Es war umgekehrt. Weil eben die Welt nicht in Ordnung, sondern völlig aus den Fugen war, schrieb man die Schweizer Werte und Traditionen gross.

Die erste Zuger Ausgabe des ESAF wurde 1943 durchgeführt und somit mitten im zweiten Weltkrieg. Die zweite 1961 im Kalten Krieg und in dem Moment, als die Spaltung Deutschlands unausweichlich wurde.

Es ist also nicht erstaunlich, dass die Berichterstattung über die letzten beiden Zuger «Eidgenössischen» geprägt waren von grosser Ernsthaftigkeit.

Schwingen in einer Zeit «schwerster Erschütterungen»

Im Zuger Volksblatt sprach der damalige OK-Präsident und Stadtrat Emil Weber 1943 in seinem Grusswort von einem Fest, das in eine «Zeit schwerster Erschütterungen» falle. «Zerstörung von Leben und Besitz und mithin unsagbares Unglück sind die Folgen dieses schreckensvollen Erlebnisses», so das Volksblatt weiter.

Die Schweiz bezeichnet er als kleine Friedensinsel. «Ein Wunder, dass dem so ist, dass uns aber gleichzeitig veranlassen soll, den Allmächtigen für diese besondere Gnade von Herzen zu danken.» Es sei darum selbstverständlich, dass es nicht an der Zeit sei, lärmende Feste zu veranstalten. Vielmehr sei es ein Anlass, der die Würde des Schweizer Volkes mit der Zweckbestimmung des Tages zu verbinden wisse, so formuliert es Weber höchst pragmatisch.

1943 ging alles noch ziemlich förmlich vonstatten. (Bild: Staatsarchiv Zug)

Durch die Ausübung von Althergebrachtem soll einer bodenständigen Eigenart des Schweizers Treue bewahrt werden.

Im Kriegsjahr waren es insgesamt 190 Sennen- und Turnerschwinger, die sich «in freundeidgenössischer Verbundenheit» im Sägemehl gegenüberstanden.

Am Eidgenössischen 1943 nahmen 190 Schwinger teil. (Bild: Staatsarchiv Zug) (Bild: Staatsarchiv Zug)

Die ESAF-Rede, die während des Mauerbaus stattfand

Spulen wir vor ins Jahr 1961 und hoffen auf fröhlichere Worte. Doch auch hier erwartet uns viel Pathos. Das Zuger Volksblatt veröffentlichte damals die Festrede des CVP-Bundesrats Ludwig von Moos, die «vom gewaltigen Auditorium mit lebhaftem Beifall» aufgenommen worden. Der Bundesrat «freue sich, wenn in hartem Ringen gestählte Kraft, gezügelter Mut und bewährte Übung im Zeichen der Wehrhaftigkeit und Entschlossenheit sich messen, und wenn uns dies beschieden in einer Stunde der Eintracht und des Friedens sei.» Und dann ist’s auch schon vorbei mit dem Optimismus.

Denn Eintracht und Frieden sei in einer Welt der Spannungen mit ihrem Auf und Ab der fiebernden Unruhe nicht selbstverständlich, sagte von Moos vor der Menge. Eine Aussage, die nicht von ungefähr kommt. Am 13. August 1961, also wenige Tage vor dieser Rede, wurde in Berlin mit dem Bau der Mauer begonnen. Die Teilung Deutschlands wurde zementiert.

Die Schwingertribüne 1943. Kein Vergleich zu heute. (Bild: Staatsarchiv Zug) (Bild: Staatsarchiv Zug))

Kein Wunder also, triefte die Rede des Herrn Bundesrats nur so von Pathos. «In einer solchen Stunde, wenn das rote Bannertuch mit dem weissen Kreuze über uns flattert, dann sind wir froh und dann fällt es uns leicht, den Stolz aufzubringen, Schweizer zu sein.» Von der Verbundenheit mit dem Heimatboden ist die Rede, vom Willen zur Unabhängigkeit der Schweiz, von der Entschlossenheit, sich in Not und Gefahr mit aller Kraft einzusetzen.

Naturschutz: Schon damals ein grosses Thema

Weiter plädierte der Bundesrat für den «höchstmöglichen Schutz der Natur der Landschaft. Das ist nicht vorwiegend Aufgabe des Bundes. Es bedarf der Einsicht, der Verantwortung und des Einsatzes vieler.» Es sind Worte, die nichts von ihrer Gültigkeit eingebüsst haben während der letzten 58 Jahre.

Von Moos ruft zum Schluss zur Wachsamkeit auf, dazu, zur Verteidigung bereit zu sein. Die damalige Angst vor der latenten Gefahr eines militärischen Konflikts ist in seiner Rede unschwer erkennbar. So verlangt er von der Bevölkerung, dem Lande treu zu bleiben, in seiner Verteidigung nichts zu versäumen, «unsere sittliche und körperliche Kraft und Bereitschaft», zu stärken, «unter uns von Kanton zu Kanton, von Beruf zu Beruf Eidgenossen sein».

Der bekannte Grafiker Haettenschweiler kreierte das Logo des ESAF 1961.

Willi Lardon wollte es auch mit 45 Jahren noch wissen

Schwere Kost also auch während des ESAF 1961. Ob danach wohl noch eimal Festlaune aufkam? Die Festorganisatoren hatten es zumindest versucht mit ihrem dichten Festprogramm. Harmoniemusiken, Jodelchöre, Alphornbläser und Fahnenschwinger wurden aufgeboten. Ausserdem wurde das Festspiel «Zugerrötel» aufgeführt, das gemäss Beschreibung in der Festzeitung gar romantisch und milde daherkam. Ein Gegenpol zur politisch so angespannten Lage? Durchaus möglich.  

Doch noch ein Fun Fact zum Schluss: Willi Lardon aus Moutier, der am Eidgenössischen 1943 in Zug zum zweiten Mal Schwingerkönig wurde, trat auch 1961, mittlerweile 45-jährig, «mit guter Kondition und immer noch ausgezeichneter Technik» in Zug an. Gewonnen hat er natürlich nicht. Den Part übernahm der «starke und gelenkige» Winterthurer Turnerschwinger Karl Meli, der gemäss «Zuger Volksblatt» «mit kühnem Schwung seinen ebenso tapferen Rivalen Karl Oberholzer aus Dübendorf auf den Rücken» warf.

Es wäre den Machern und Besuchern des dritten Eidgenössischen in Zug zu gönnen, wenn in zwei Wochen mehr Leichtigkeit in ihren Herzen herrschen würde.

Ab nächstem Montag, 12. August 2019, stellt das Staatsarchiv Zug im Foyer des kantonalen Verwaltungsgebäudes aus seinen Beständen einige Stücke zur Erinnerung an die bisherigen Feste von 1943 und 1961 aus.

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