Filmemacher enttäuscht von Zuger Filmförderung

«Die Zentralschweiz ist ein Entwicklungsland»

Michael Werder zeigt sich enttäuscht über die Zuger Filmförderung. (Bild: pbu)

Zuger Filmschaffende haben es schwer. Zu klein die Szene, zu wenig Geld für Produktionen und zu wenig Wertschätzung für das Handwerk. Mitschuldig daran sei die Politik, sagt Filmer Michael Werder. Denn sie erkenne schlicht den Wert des Kulturguts nicht – dabei würde letztlich auch sie von zusätzlichen Fördermitteln profitieren.

Sie ist relativ überschaubar, die Innerschweizer Filmszene. Das liegt aber nicht primär daran, dass es zu wenige Filmschaffende gibt. Vielmehr ist dies das direkte Resultat der hiesigen Filmpolitik. Denn was die regionale Filmförderung betrifft, hinken die Zentralschweizer Kantone der übrigen Schweiz gehörig hinterher – so auch der Kanton Zug. «Um es kurz zu machen: Die Kulturbeauftragten Konferenz Zentralschweiz (KBKZ) wollte eine Förderstelle einrichten, diese Idee fand aber keine politische Mehrheit», sagt Aldo Caviezel, Leiter des Amtes für Kultur in Zug.

«Die Zentralschweiz ist in Sachen Filmförderung ein Entwicklungsland», sagt denn auch Michael Werder, Filmemacher aus Hünenberg. Der 35-Jährige spricht aus Erfahrung. Zwar wurden ihm letztlich die nötigen Mittel für seinen viel beachteten Dokumentarfilm «Eine Familie kämpft» gesprochen, doch bis es soweit war, mussten einige Hürden genommen werden. «Als ich den Film kurz nach Abschluss der Filmschule realisieren wollte, hiess es, ich wäre zu jung für ein solch schweres Thema», erklärt Werder.

Nachteil Unerfahrenheit

Die Gelder wurden nicht gesprochen. Doch Werder blieb hartnäckig. Er wandte sich an die Filmförderung der SRG. Deren Feedback war auf Anhieb positiv. Rückblickend sagt der Zuger Filmemacher: «Mein Dokumentarfilm ist schliesslich nur darum entstanden, weil das Schweizer Fernsehen dabei war. Mit der Zusage der SRG wurden auch die kantonalen Fördergelder gesprochen.» Dass «Eine Familie kämpft» zur bevorzugten Zeit im Schweizer Fernsehen ausgestrahlt wurde, ist also letztlich auf die SRG und die Hartnäckigkeit des Regisseurs zurückzuführen.

«Heute wird von den Fördergremien verlangt, dass man gleich mit einem Produzenten kommt.»

Erich Langjahr, Filmemacher aus Baar

Gerade für junge Filmer sind die Hürden hoch, wenn es darum geht, finanzielle Mittel für ihre Werke zu generieren. «Für die Jungen ist es ganz bestimmt nicht einfacher geworden», sagt Erich Langjahr. Der Baarer Filmemacher stellte im Jahr 1977 für «Morgarten findet statt» das erste Filmfinanzierungsgesuch im Kanton Zug. Damit hat er die kantonale Filmförderung sozusagen begründet. «Ich habe ein föderalistisches Verständnis. Daher finde ich es gut, dass die Kantone selber die Gesuche bearbeiten. Doch im Vergleich zu früher wird von den Fördergremien heute verlangt, dass man gleich mit einem Produzenten kommt», sagt er.

Teures Kulturgut

«Natürlich wäre es ideal, wenn Filme ohne Förderung funktionieren würden», betont Michael Werder. «Aber so läuft das nicht.» Das Equipment, die Infrastruktur und all die beteiligten Menschen, vom Schauspieler bis zum Caterer, lassen die Kosten für die Produktion eines Filmes in die Höhe schnellen. Den meisten Leuten wäre nicht klar, mit welchem finanziellen Aufwand das Filmemachen verbunden sei, sagt Werder.

«Unsere Regierung hat nicht begriffen, dass der Film auch ein Wirtschaftszweig ist.»

Michael Werder, Filmemacher aus Hünenberg

Dass es kulturelle Projekte schwer haben, finanziell gefördert zu werden, ist nichts Neues. Dass aber gerade Filme auf Unterstützung angewiesen sind, ist vielen nicht bewusst. Denn: «Die Zielgruppe bei Schweizer Filmen ist zu klein. Ein entsprechender Markt ist fast nicht auszumachen», konstatiert Werder. Dabei wäre in wirtschaftlicher Hinsicht einiges zu holen, wenn hiesige Filmemacher bei ihrem lokalen Schaffen unterstützt würden. «Unsere Regierung hat nicht begriffen, dass der Film auch ein Wirtschaftszweig ist», sagt Werder.

Das sieht auch Kulturchef Aldo Caviezel so: «Der wirtschaftliche Effekt des Zentralschweizer Filmschaffens wird beim Diskurs über die Filmförderung noch zu wenig berücksichtigt. Hier ist Vermittlungsarbeit angesagt.» Dies betreffe nicht nur den Film, sondern die Kultur ganz allgemein. Michael Werder findet es beschämend für den Kanton Zug, dass Zentralschweizer Filmer zum Beispiel nach Zürich gehen müssen, um ihre Projekte realisieren zu können. «Es wandern viele in andere Kantone ab», bemängelt er.

Kein Interesse an Bundesgeldern?

Während Zürich, Bern oder der Zusammenschluss westschweizer Kantone (Cinéforom) von beträchtlichen Summen aus dem Bundesfördertopf profitieren, stehen sich die Zentralschweizer Kantone gegenseitig im Weg. Denn bei einer Bündelung der einzelnen Filmförderungen würde ein viel höherer Betrag zur Verfügung stehen, womit auch die Region Innerschweiz in den Genuss von Geldströmen von Bund und SRG kommen würde. Denn, je mehr die regionale Förderung in ein Filmprojekt investiert, desto höher fällt die nationale Subventionierung aus (zentral+ berichtete).

Zuger Filmtage

Vom 23. bis 25. Oktober 2015 finden zum ersten Mal die Zuger Filmtage statt. Das Festival für Nachwuchsfilmer wird vollständig von freiwilligen Helfern organisert. Ziel der Filmtage ist es, filmbegeisterte Jugendliche aus Zug und Umgebung zusammen zu bringen und mit verschiedenen Filmblöcken sowie einem Kursprogramm zu begeistern.

Das Festival beginnt am Freitagabend mit einem Eröffnungsfilm aus der Schweiz und einer anschliessenden Afterparty. Am Samstag geht es weiter mit Workshops für Jugendliche sowie einem Kino-Abend mit verschiedenen Kurzfilmen etablierter Zuger Filmemacher. Der Sonntag steht ganz im Zeichen des Kurzfilmwettbewerbs für Jugendliche, bei welchem die besten Schweizer Nachwuchsfilme gezeigt und prämiert werden.

Geld, das letztlich eineinhalb bis zweifach wieder zurück in die hiesige Wirtschaftsregion fliessen würde – in Form von Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen beispielsweise. Die Zenralschweizer Bildungsdirektorenkonferenz will davon scheinbar nichts wissen. 2013 stellte sie sich gegen einen gemeinsamen Fonds und beschränkte sich auf Musterrichtlinien für die kantonalen Filmförderungen. Das Resultat: Von 188 Filmprojekten, die 2013 eine Absichtserklärung des Bundes zur finanziellen Unterstützung erhielten, stammten gerade mal vier aus der Zentralschweiz – also lediglich zwei Prozent. Kaum verwunderlich, dass Michael Werder von einem Mangel spricht.

Filmpreise sind gut, aber…

Was er hingegen begrüsse, seien jegliche Bemühungen, um Nachwuchsfilmern eine Plattform zu bieten – wie beispielsweise die Zuger Filmtage (siehe Box). «Das ist eine gute Sache, denn es signalisiert, dass es in Zug junge Leute gibt, die Filme machen.» Auch Filmpreisen, wie dem kürzlich lancierten Innerschweizer Filmpreis der Albert Köchlin Stiftung (zentral+ berichtete), kann Werder Gutes abgewinnen. Aber: «Der problematische Aspekt bei Wettbewerbspreisen liegt darin, dass dabei Filme prämiert werden, die bereits produziert wurden. Natürlich ist das begrüssenswert. Aber der Nutzen für die Beschaffung von Produktionsmitteln bleibt aus», erklärt er.

«Die Zentralschweizer Filmszene ist sehr aktiv und präsent.»

Aldo Caviezel, Leiter Amt für Kultur Zug

Aldo Caviezel ist indessen bemüht darum, zwischen Kundenbedürfnissen und politischer Realität zu vermitteln. «Mit der Innerschweizer Filmfachgruppe (IFFG) haben wir eine Instanz, die in der Lage ist, kompetent über Fördergesuche zu urteilen und entsprechende Empfehlungen abzugeben. Damit findet die Filmförderung zumindest qualitativ statt», sagt er und betont: «Wir sind grundsätzlich offen für Anträge. Wir beraten gerne und vermitteln Kontakte.»

Letztlich nämlich, so Caviezel, wäre die Zentralschweiz zu wertvoll, um einfach links liegen gelassen zu werden. «Die Zentralschweizer Filmszene ist sehr aktiv und präsent», sagt er. Und fügt an: «Qualitativ muss sie in keiner Art und Weise den Vergleich mit dem übrigen Schweizer Filmschaffen scheuen.»

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