Wer vom Shutdown profitiert – und wer nicht

Die Verlierer und die Gewinner des Bahnhofkollapses

Gähnende Leere an den Foodständen.

(Bild: web)

Gähnende Leere bei den einen, das Geschäft des Jahres bei den anderen: Die Stimmung bei den Dienstleistern am Bahnhof Luzern könnte nicht unterschiedlicher sein. Food Corners, Restaurants und Taxibetriebe werden vom Shutdown des Luzerner Bahnhofs gefordert.

Der Bahnhof Luzern bleibt für den Grossteil des Zugverkehrs bis mindestens Montag ausser Betrieb. Das heisst, die Zugreisenden und Pendler bleiben der Bahnhofshalle bis dahin fern, der Schaden für die Bundesbahnen geht in die Millionen. Doch nicht nur bei den SBB sind die finanziellen Auswirkungen enorm: Wie ergeht es den Geschäften, Food Cornern und Dienstleistern im und um den Bahnhof? zentralplus hat sich bei verschiedenen Vertretern umgehört.

Food Corners, Kioske und Restaurants leiden

Bei den Food Cornern lief das Geschäft schlecht – dies bestätigen verschiedene Betreiber auf Anfrage. Es verwundert kaum, denn die wenigsten Zugreisenden finden ihren Weg in die Bahnhofshalle. Die Leute wissen nicht, wo genau ihr Bus fährt, und hat man die nötigen Informationen erhalten, so begibt man sich ohne Umwege ins Untergeschoss zum Busbahnhof. Den Food Cornern fehlt die Laufkundschaft.

«Wir haben spürbare Ausfälle.»

Matthias Bachmann, Geschäftsführer und Inhaber der Confiserie Bachmann

So geht es auch den von Valora Schweiz betreuten Filialen. Auch sie gehören definitiv zu den Verlierern der Bahnausfälle: Das Caffè Spettacolo im Untergeschoss, der «K Kiosk» im Bahnhof und der Brezelkönig müssen mit Umsatzeinbussen leben. Wie viel genau, will man nicht kommentieren. Valora hat die Öffnungszeiten ihrer Filialen angepasst. Diese Massnahme wurde den Geschäften seitens der SBB angeboten, um die Ausfälle etwas abzufedern.

Grossbäckerei mit Ausfällen

Trotz zweier Filialen, eine im Erd-, die andere im Untergeschoss: Bei der Confiserie Bachmann schlägt sich der Stillstand am Bahnhof auf den Umsatz nieder. «Wir haben spürbare Ausfälle», sagt Matthias Bachmann, Geschäftsführer und Inhaber der Confiserie Bachmann, «aber uns bleibt nicht anderes übrig, als zu hoffen, dass die Stilllegung des Bahnhofs bald vorbei ist.» Zwar würden die Umsätze in den umliegenden Filialen etwas steigen, «auffangen können wir die Ausfälle aber nicht».

Keine Kunden in Sicht für die Läden im Bahnhofshopping.

Keine Kunden in Sicht für die Läden im Bahnhofshopping.

(Bild: web)

Für die Umsatzeinbusse entschädigt werden die Geschäfte von den SBB nicht. Man habe nicht mit so etwas rechnen können, so Bachmann: «So eine Situation gab es noch nie, da leiden alle Geschäfte am Bahnhof darunter.» Das Personal am Bahnhof sei reduziert worden, die Produktion zurückgefahren. Im Gegensatz zu gewissen Food Corners will Bachmann die Öffnungszeiten beibehalten: «Wegen zwei, drei Tagen etwas ändern, das wollen wir nicht. Gerade am Abend bestehen unsere Kunden nicht mehr hauptsächlich aus Pendlern, für diese Kunden haben wir normal geöffnet.» 

Taxis brauchen Extrapersonal

Doch es ergeht bei Weitem nicht allen Dienstleistern schlecht. Vor den Toren des Bahnhofs dürfte die Laune um einiges besser sein: Die Taxiunternehmen gehören zu den grossen Gewinnern des Bahnhofstillstands. Astrid Hess von der Ernst Hess Taxi AG sagt: «Die Taxiunternehmen der Stadt haben sicher mehr Bestellungen durch den Vorfall.» Deshalb habe Taxi Hess zusätzliche Fahrer aufgeboten. Weiter sagt Hess: «Ich rate den Kunden, falls möglich, frühzeitig per Telefon ein Taxi zu bestellen.» 

«Wir verzeichnen in Luzern deutlich mehr Buchungen auf Mobility-Autos als normal.»

Patrick Eigenmann, Mediensprecher Mobility

Ebenfalls freuen kann sich eine weitere Alternative zum Zugverkehr: das Carsharing-Unternehmen Mobility. Auf Anfrage von zentralplus bestätigt Mediensprecher Patrick Eigenmann: «Wir verzeichnen in Luzern deutlich mehr Buchungen auf Mobility-Autos als normal, was sicherlich mit dem Cisalpino-Vorfall zusammenhängt.» Am Standort Bahnhof Luzern sei die Auslastung der Fahrzeuge rund 50 Prozent höher als normal, in der gesamten Stadt rund 20 Prozent.

Mobility sagt, dass vor allem bestehende Kunden auf den Service zurückgegriffen haben. Von einem überdurchschnittlichen Kundenzuwachs sei während der letzten Tage nichts zu spüren gewesen. Doch keine Spur von Schadenfreude – im Gegenteil: «Wir hoffen, dass der Bahnbetrieb möglichst rasch wieder aufgenommen werden kann, auch für unsere Kunden, welche Carsharing oft im Zusammenspiel mit dem öV nutzen», so Eigenmann.

KKL: Leute kamen zu spät zum Konzert

Da der Busplatz nun viel dichter bevölkert ist, als wenn die Pendler die Züge nutzen, stellt sich die Frage: Wie geht es den umliegenden Gastrobetrieben? Gibt es Pendler, die sich die Wartezeit bei einem Kaffee vertreiben?

«Es gab sicher Leute, die vor allem am Mittwoch aufgrund der Wartezeiten ins Lokal kamen», sagt Gianni Schüpbach vom Luz Seebistro. Auf den Umsatz habe dies aber keinen merklichen Effekt gehabt. Ähnlich klingt es beim World Café, der Seebar oder der Red-Bar, den Gastrobetrieben des KKL. Sebastian Meiss, Leiter Sales und Marketing, sagt: «Wir hatten das Gefühl, die Betroffenen waren damit beschäftigt, den richtigen Bus zu erwischen.» Auch hier: Auf den Umsatz hatte der Shutdown weder positive noch negative Auswirkungen, so Meiss.

Die Taxis verbuchen mehr Fahrten. Die Unternehmen freut’s: Man hat Extrafahrer aufgeboten.

Die Taxis verbuchen mehr Fahrten. Die Unternehmen freut’s: Man hat Extrafahrer aufgeboten.

(Bild: web)

«Einzig die Konzerte vom Mittwoch waren betroffen, einzelne Gäste haben den Beginn der Veranstaltung verpasst», sagt Maiss. Man habe dafür die Türen länger offen gelassen, um den verspäteten Gästen Einlass zu gewähren.  Ob den zu spät Kommenden allenfalls das Ticket zurückerstattet wird, kann Meiss nicht sagen. Dies sei Sache der Veranstalter.

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