Rechenschaftsbericht verlangt

Die VBL sind laut Luzerner Stadtrat «auf Kurs»

Die Verspätungen der Buskurse werden von Kunden kritisiert, seien jedoch eine Folge des grossen Verkehrsaufkommens in Luzern. (Bild: VBL)

Die «Privatisierung» kommunaler Dienstleistungen ist momentan ein Thema auf dem politischen Radar. Denn im Mai 2014 stimmt Luzern über die Auslagerung seiner Altersheime in eine gemeindeeigene Aktiengesellschaft ab. Bei den Verkehrsbetrieben Luzern (VBL) erfolgte diese «Verselbständigung» bereits im Jahr 2001. Die Fraktionen der SP und Grünen haben den Stadtrat angefragt, was die Auslagerung gebracht hat und wie sich die Arbeitsbedingungen seither entwickelt haben. Jetzt liegt die Antwort vor.

«Ist die VBL AG nach der Auslagerung auf Kurs?», fragen die Grossstadträte Marcel Budmiger, Max Bühler von der SP/Juso-Fraktion und Stefanie Wyss von der Fraktion Grüne/Junge Grüne in einer Interpellation. Der Stadtrat beantwortet diese Frage mit einem klaren Ja.

«Liberalisierung und Marktöffnung verlangen von den Anbietern eine hohe Flexibilität und eine marktwirtschaftliche Ausrichtung», schreibt der Stadtrat. Seit 2009 sei die Ausschreibungspflicht zur Vergabe öffentlicher Transportleistungen gesetzlich vorgeschrieben. – Auch fremde Transportunternehmen könnten also theoretisch die Luzerner Buspassagiere befördern, und die VBL müssen sich in diesem Markt behaupten. Das Fazit des Stadtrats: «Die verselbständigte VBL hat sich unter den zunehmend schwierigen äusseren Bedingungen sehr gut entwickelt.»

30 Prozent mehr Buspassagiere

Die Zahlen sprechen für sich: Die Gesamteinnahmen stiegen um 37 Prozent auf 78,5 Millionen Franken 2012, die Anzahl beförderter Passagiere um 30 Prozent auf 47,2 Millionen. Es arbeiten heute fast doppelt so viele Personen bei den VBL. Der Personalbestand stieg um 49 Prozent auf 414 im letzten Jahr.

Die Parlamentarier stellten dem Stadtrat verschiedene Fragen zur Entwicklung der Löhne, zur Zufriedenheit der Mitarbeitenden, der Rekrutierung von neuem Personal und der Fluktuationsrate. «Es ist kein Geheimnis, dass die Arbeitszufriedenheit nicht so gross ist», sagt ein Branchenkenner, «die VBL haben immer mehr Mühe, offene Stellen mit Einheimischen zu besetzen.»

Das könnte mit den Löhnen zu tun haben. Zwar schreibt der Stadtrat: «Lohnvergleiche mit vergleichbaren Transportunternehmen zeigen ein positives Bild für die VBL.» Mit welchen Unternehmungen verglichen wurde, erfährt man aber nicht. Mit Zürich, Basel und Genf sei kein Vergleich möglich, da die Lebenshaltungskosten dort traditionell höher seien.

«Negativ empfundene Änderungen»

Die VBL-Angestellten haben offenbar eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen hinnehmen müssen. Nämlich bei stadtspezifischen Zusatzleistungen wie Dienstalterszulagen, Zeitzuschlägen oder der Anzahl jährlicher Gesamtruhetage, die sie vor 2001 genossen. «Diese negativ empfundenen Änderungen wurden kompensiert mit zusätzlichen in der ÖV-Branche üblichen Zusatzleistungen», schreibt die Stadt. Zum Beispiel erhalten VBL-Mitarbeiter ein Generalabonnement geschenkt.

In gewissen Bereichen geniessen die Buschauffeure Vorteile gegenüber den städtischen Mitarbeitern. Mit der Gewährung von drei zusätzlichen Ferientagen für unter 50-jährige Mitarbeitende «bewegt sich die VBL schrittweise in die Richtung der fünften Ferienwoche, die das städtische Reglement nicht kennt», schreibt der Stadtrat.

2014 erfolgt ausserdem eine Erhöhung der Nacht- und Sonntagszulagen um 20 Prozent, die zu einer Lohnsummenerhöhung von 1,5 Prozent bei den VBL führe. Die Lohnsumme der städtischen Angestellten wird nicht erhöht. «Damit nähern sich die Lohnentwicklungen der VBL und der Stadt noch mehr an», schreibt der Stadtrat.

Mitarbeiter-Zufriedenheit erhoben

Alle zwei Jahre wird seit der Auslagerung die Mitarbeiterzufriedenheit von einer nicht genannten neutralen Stelle erhoben. Bei Firmenstolz, Arbeitgeberloyalität, den direkten Vorgesetzten, den Lohnnebenleistungen und der beruflichen Vorsorge schneiden die VBL gut ab. Bei der allgemeinen Lohnzufriedenheit äussern sich die VBL-Angestellten offenbar negativer. Diese Frage werde aber immer auch taktisch beantwortet, gibt der Stadtrat zu bedenken.

Seit der Verselbständigung wird für die VBL-Angestellten ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) mit den Sozialpartnern ausgehandelt. Die nächste Anpassung erfolgt auf 1. Januar 2014. Weil der Anteil der gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter stark abgenommen habe, bildeten die VBL-Angestellten eine Personalkommission mit zehn Mitgliedern, die an den GAV-Verhandlungen die Interessen der Arbeitnehmer vertritt.

Die linken Parlamentierer wollten auch wissen, wie sich die Anzahl der Ausfalltage und die Langzeitabsenzen entwickelt hat. Die Antwort: Die Ausfalltage hätten keinen Zusammenhang mit der vor 13 Jahren erfolgten Verselbständigung.» Auf Langzeitabsenzen infolge Krankheiten und Freizeitunfällen habe der Arbeitgeber keinen Einfluss. Und eine Verschiebung der Ausfallursachen sei «weder feststell- noch nachweisbar.»

Unfallhäufigkeit wegen Auslagerung nicht gestiegen

Ziemlich schräg mutet eine Frage nach gestiegenen Unfällen durch die Privatisierung an. Der Stadtrat will nichts wissen von einem solchen Zusammenhang. «Die Unfallzahlen entwickelten sich proportional zum Anstieg des Verkehrsaufkommens in der Agglomeration in den letzten zehn Jahren», heisst es.
In Luzern sei aber allgemein eine überdurchschnittliche Unfallhäufigkeit nachgewiesen worden, schreibt der Stadtrat. Dies will die Exekutive mit diversen Massnahmen ändern. Mit spezifischen Projekten wie am Kreuzstutz oder am Bundesplatz und einem Kredit von einer Million Franken über die kommenden fünf Jahre. Davon erhoffe man sich auch einen Rückgang der Unfälle, an denen VBL-Busse beteiligt sind. Zahlen zu Unfällen werden keine genannt.

Budmiger, Bühler und Wyss wollten auch wissen, welche Arbeitsbereiche ausgelagert wurden – also das Thema Outsorcing an externe Firmen. Das war offenbar nur bei der Busreinigung der Fall. Der Grund: Für diese zu Unzeiten anfallende Arbeit habe man nach Personalfluktuationen und organisatorischen Änderungen kein wirtschaftlich vertretbares Reinigungsteam mehr gefunden. «Dabei achtet die VBL als Auftraggeberin, dass die beauftragten Firmen über einen Gesamtarbeitsvertrag verfügen und entsprechende Minimalstandards erfüllen», heisst es in der Antwort.

Im übrigen habe die Stadt mehr Aufgabenbereiche neu übernommen oder ausgebaut: Zum Beispiel die Leistungen der Fahrschule für Dritte, die Buswerkstatt oder die elektronischen Informationssysteme.

Die Kundenzufriedenheit im öffentlichen Verkehr wird von einem vom Verkehrsverbund Luzern (VVL) beauftragten Institut «neutral und extern» erhoben. Negativ würden bei der VBL vor allem die Verspätungen der Kurse erwähnt. Doch auf diese haben die VBL nur beschränkt Einfluss, weil sie mit dem hohen Verkehrsaufkommen zu tun hätten.

Für den Stadtrat sind die VBL sowohl personalpolitisch wie wirtschaftlich auf Kurs. Die grösste Herausforderung bestehe darin, «die vom Verkehrsverbund verlangten substanziellen Reduktionen bei der finanziellen Abgeltung für die Fahrleistungen durch Effizienzsteigerungen auszugleichen.

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