Luzerner Baudirektorin zu den BZO-Änderungen

«Die Stadt hat die Verantwortung, den Wirtschaftsstandort zu fördern»

Die Luzerner Baudirektorin Manuela Jost erklärt, wieso viele Einsprachen abgelehnt werden. (Bild: wia)

Mehr gemeinnützige Wohnungen, mehr Spielraum für gewisse Unternehmen, mehr Freiraum für die Bevölkerung: Die Luzerner Baudirektorin Manuela Jost nimmt Stellung zu den wichtigsten Punkten der revidierten Bau- und Zonenordnung.

Die Luzerner Kantonalbank und die CSS-Versicherungen sollen ihre Hauptsitze in Luzern ausbauen dürfen: Der Stadtrat will in der Bau- und Zonenordnung die nötigen Grundlagen dafür schaffen.

Das sind nur zwei von über 20 Punkten, die mit der Teilrevision angegangen werden. Ebenso will die Stadt Bauprojekte für gemeinnützige Wohnungen ermöglichen oder Grünflächen wie beim Konsipark sichern. Nachdem die Änderungen letzten Sommer öffentlich aufgelegt wurden, hat der Stadtrat am Montag die überarbeitete Version veröffentlicht (zentralplus berichtete).

Insgesamt sind 28 Einsprachen gegen die Pläne der Stadt eingegangen. Fünf davon wurden wieder zurückgezogen, bei fünf weiteren gab es eine teilweise Einigung. Die meisten, 18 an der Zahl, empfiehlt der Stadtrat zur Ablehnung. Baudirektorin Manuela Jost (GLP) spricht im Interview über die Beweg- und Hintergründe.

zentralplus: Manuela Jost, wie relevant ist die vorliegende BZO-Teilrevision für die Stadt Luzern?

Manuela Jost: Für die Stadt Luzern ist es ein sehr wichtiges Projekt. Es nimmt mehrere Pendenzen der letzten sechs Jahre auf. Das sind Bereinigungen aufgrund von Gerichtsurteilen, Beschwerdeverfahren, neuen übergeordneten gesetzlichen Vorgaben und Volksentscheiden. Zudem betrifft die Teilrevision mehrere Projekte, die einem übergeordneten öffentlichen Interesse entsprechen, sei es die Stärkung des Wirtschaftsstandortes, der gemeinnützige Wohnungsraum oder die Freiraumsicherung.

zentralplus: Ein wichtiges Projekt ist die Aufstockung der LUKB. Da gab es einige Einsprachen, die der Stadtrat zur Ablehnung empfiehlt. Wieso?

Jost: Wir haben die Frage der Höhe und der Eingliederung ins Stadtbild eingehend angeschaut. Im Moment ist das LUKB-Gebäude tiefer als jene auf der nördlichen Seite der Pilatusstrasse. Das Bahnhofsquartier ist im Übrigen nicht eine Gesamtplanung wie das Hirschmattquartier. Es ist überhaupt nicht homogen und geordnet entstanden. Die Einsprecher bezweifeln die Eingliederung, welche aber aus unserer Sicht gegeben ist. Das betreffende Gebiet ist im ISOS, dem Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz, nicht sehr hoch eingestuft.

Dass der Hauptsitz der Luzerner Kantonalbank (unten links im Bild) zwei Stockwerke höher ausfällt, ist gemäss der Stadt mit der Eingliederung ins Quartier verträglich. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

zentralplus: Klare Worte zugunsten der wirtschaftlichen Interessen findet der Stadtrat auch beim Hauptsitz der CSS – trotz Kritik der Fachverbände und Einsprachen (zentralplus berichtete).

Jost: Für den Stadtrat gab es keinen Anlass, seine Haltung zu revidieren. Wir sind nicht zuständig, über den denkmalpflegerischen Wert zu entscheiden, Der Kanton hat es bekanntlich nicht unter Denkmalschutz gestellt. Es ist für uns auch eine Frage von Treu und Glauben gegenüber der Eigentümerin, der bereits in längerer Vergangenheit zugesichert wurde, dass sie über das Grundstück verfügen kann.

So geht es weiter

Voraussichtlich am 4. Juni entscheidet das Stadtparlament über die BZO-Teilrevision. Stimmt eine Mehrheit zu und wird das Referendum nicht ergriffen, rechnet die Stadt mit der Genehmigung durch den Regierungsrat per Ende 2020.

Fordert das Stadtparlament Änderungen, die Dritte betreffen, braucht es eine zweite öffentliche Auflage und allfällige neue Einspracheverhandlungen. Einsprecher, die nicht zufrieden sind, können Verwaltungsbeschwerde einreichen.

zentralplus: Die Stadt Luzern hat den Abriss des Gewerbegebäudes bewilligt, dagegen ist ein Beschwerdeverfahren hängig. Bis wann erwarten Sie das Urteil des Kantonsgerichts?

Jost: Das können wir nicht beeinflussen und deshalb auch nicht sagen.

zentralplus: Was passiert, wenn die Fachverbände auf juristischem Weg Erfolg haben?

Jost: Falls das Gericht sich für den Erhalt des Gewerbegebäudes ausspricht, würden wir diesen Teil der Revision zurückstellen und die Situation neu prüfen.

zentralplus: Sowohl bei der CSS als auch bei der LUKB stand die Befürchtung im Raum, dass die Firmen die Arbeitsplätze aus Luzern abziehen und anderswo ansiedeln. Haben die Drohungen der Firmen also gewirkt?

Jost: Ich habe diese nicht als Drohungen verstanden. Die Stadt Luzern hat ein Interesse am Erhalt von Arbeitsplätzen und eine Verantwortung, den Wirtschaftsstandort zu fördern. Es handelt sich um wichtige Arbeitgeber, weshalb wir Hand bieten für gute Lösungen. Das tun wir aber keinesfalls leichtfertig. Hinter den Entscheiden stehen viele Abwägungen, Diskussionen und Prozesse.

zentralplus: Bei der Würzenbachmatte wollte der Stadtrat die Kirche zum Bau gemeinnütziger Wohnungen zwingen. Wieso haben Sie nun eingelenkt?

Jost: Dem Stadtrat war wichtig, dass preisgünstige Wohnungen entstehen. Wir haben im Verlauf des Gesprächs realisiert, dass die Kirche dort selber bauen will und das Grundstück nicht abgeben möchte. Wir respektieren mit der aktuellen Einigung ihren Wunsch, selber zu bauen, und erreichen gleichzeitig unser Ziel, ein Wohnungsangebot zu einem attraktiven Preis zu schaffen.

zentralplus: Auch am Abendweg gibt es – anders als vorgesehen – keine gemeinnützigen Wohnungen. Wie einschneidend ist dies für das Ziel der Stadt, bis 2037 einen Anteil von 16 Prozent gemeinnützige Wohnungen zu erreichen?

Jost: Auf unser Ziel von 16 Prozent hat diese kleine Parzelle nur geringen Einfluss, es wären dort ja nur wenige Wohnungen entstanden. Beim Abendweg muss ich sagen: Zum Glück haben wir die aktualisierte Schulraumplanung, die uns die steigende Zahl an Schülern in den nächsten Jahren nun aufzeigt. Da müssen wir handeln, denn es macht keinen Sinn, später eine teure Lösung für zusätzlichen Schulraum zu suchen, wenn wir ein Grundstück haben, das immer als allfällige Reserve dafür gedacht war.

«Eine hässliche Garage in der Ortsbildschutzzone B darf heute wegen der momentanen Gesetzesauslegung nicht abgerissen werden.»

zentralplus: Einsprachen hat der Stadtrat teilweise auch beim Konsipark gutgeheissen. Dort ist nach dem Auszug der Musikhochschule ein Ort der Kultur geplant (zentralplus berichtete). Ist die geplante Umzonung bereits darauf abgestimmt?

Jost: Nein, die Sonderbauzone mussten wir ohnehin für verschiedene Nachnutzungen machen. Das Hauptgebäude ist heute in einer Grünzone und damit in einer Zone, die jegliche Nachnutzungen verunmöglicht hätte. Wegen der Bestandesgarantie kann die Musikhochschule es trotzdem nutzen, für eine sinnvolle Nachnutzung braucht es aber zwangsläufig eine planungsrechtliche Anpassung – unabhängig vom konkreten Projekt. Der Vertrag mit dem zukünftigen Mieter ist noch nicht abgeschlossen. Wir bereiten mit dem Team von Robert Landau derzeit die nächsten Schritte vor im Hinblick auf den Mietvertrag.

zentralplus: Zum Schluss noch ein Wort zur Ortsbildschutzzone B: Zukünftig sollen Gebäude in dieser Zone abgerissen werden können, wenn sie als störend gelten. Was heisst das für die konkreten Streitfälle, beispielsweise das Projekt der Schweizerischen Hotelfachschule?

Jost: Was das im Einzelfall für Konsequenzen hat, können wir heute nicht sagen. Klar ist: Wenn ein Bauprojekt eingereicht oder nochmals eingereicht wird, beurteilen wir es aufgrund der neuen planungsrechtlichen Grundlage. Nehmen wir ein Beispiel: Eine hässliche Garage in der Ortsbildschutzzone B darf heute wegen der momentanen Gesetzesauslegung nicht abgerissen werden. In Zukunft kann ein Abbruch bewilligt werden, wenn es sich um eine An- oder Nebenbaute handelt, die für das Ortsbild nicht von Bedeutung ist.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 29.04.2020, 07:40 Uhr

    Das ist eben Baupolitik mit Ommmm-Faktor!
    – Bodum-Villen: Kuschen, bis jemand anderes das Problem löst.
    – Steinenstrasse: Mal den Abriss bewilligen, vielleicht kommen wir damit durch.
    – Gemeinnütziger Wohnbau: Das Ziel ist mit dem aktuellen Schlendrian unmöglich zu erreichen, aber egal, vielleicht merkt es das Stimmvolk ja nicht.
    – Gewerbegebäude: Wer braucht schon Bauten mit Charakter, wenn wir gesichtslose Büroräume haben können.
    – LUKB: Natürlich machen wir alles, damit sie bleibt, aber zuerst mussten wir dänk so tun, als sei das Ortsbild wichtig.
    Die Baudirektion braucht dringend frischen Wind und eine gestaltungswillige Person an der Spitze.

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  • Profilfoto von paul
    paul, 28.04.2020, 10:24 Uhr

    «Eine hässliche Garage in der Ortsbildschutzzone B darf heute wegen der momentanen Gesetzesauslegung nicht abgerissen werden.» …… hässlich ist ansichtsache.
    und „für das ortsbild von bedeutung“ macht die definition auch nicht besser. schön spielraum lassen. tip top.

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  • Profilfoto von Faktencheck
    Faktencheck, 28.04.2020, 06:43 Uhr

    Ausgewogener und pragmatischer Stadtrat. Es scheint, dass man in der
    Stadtluzerner Exekutive ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander sucht – sozialen Wohnungsbau nicht gegen die Wirtschaft und nicht gegen Schulhäuser ausspielen will. Der Stadtrat ist gut daran beraten, denn diese und andere Faktoren stehen in gegenseitiger Abhängigkeit. Bezahlbarer Wohnraum belebt die Stadt, Schulhäuser offerieren Familien das Bleiben und gute Bedingungen für die Wirtschaft finanzieren (über deren Steuern) unsere wichtigen sozio-kulturellen und ökologischen Bedürfnisse. Wir sind alle gut beraten, alles zu tun, damit die Stadt diesen Kurs in den nächsten Jahren auch im Rahmen der anstehenden Herausforderungen durch COVID-19 weiterführen kann.

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