Auch MS Zug wird stillgelegt

Zuger Schifffahrt ist in Gefahr: MS Schwyz wird verkauft

Der Zuger Kantonsrat muss über die Zukunft der Schifffahrt auf dem Ägerisee entscheiden. (Bild: Ägerisee Schifffahrt)

Die Schifffahrt auf dem Zuger- und dem Ägerisee hat ein Problem. Bis 2023 muss sie einen viel höheren Kostendeckungsgrad erreichen als heute. Sonst verliert sie die Mitfinanzierung des Kantons. Dieses Ziel zu erreichen, ist aber unrealistisch, wie sich nun zeigt. Die Zuger Regierung nimmt deshalb eine rettende Kurskorrektur vor.

Mit einer frischen Seebrise im Gesicht lässt es sich an heissen Sommertagen wie den aktuellen besonders gut leben. Auf dem Zuger- und dem Ägerisee läuft die Saison der Kursschiffe schon seit rund zwei Monaten. Doch während die Schiffe ruhig über die beiden Seen tuckern, ist man hinter den Kulissen mit einem schnell aufziehenden Sturm konfrontiert.

Tatsache ist, dass die nächsten Wochen über die Zukunft der Zugersee Schifffahrt AG und der Ägerisee Schifffahrt AG entscheiden werden. Für letztere Gesellschaft geht es dabei gar um existenzielle Fragen.

Vorgaben bringen Betriebe an den Anschlag

Das Problem: Die beiden unabhängigen Schifffahrtsunternehmen sitzen in einer Sache sprichwörtlich im selben Boot: dem Kostendeckungsgrad. Schon seit Jahrzehnten unterstützt der Kanton Zug – zusammen mit den Zuger und einzelnen Schwyzer Gemeinden – diese beiden Gesellschaften mit finanziellen Beiträgen. In den vergangenen Jahren waren dies jeweils rund 1,3 Millionen Franken.

Der Zuger Kantonsrat beschloss die entsprechenden Regeln für die Mitfinanzierung. Die beiden Gesellschaften mussten dabei lange Zeit einen gemeinsamen minimalen Kostendeckungsgrad von 60 Prozent erreichen, was auch erfüllt werden konnte.

Seit 2018 gelten jedoch andere Vorgaben. Der Grund: Der Kantonsrat erhöhte im Rahmen des Entlastungsprogramms 2015–2018 diesen minimalen Kostendeckungsgrad von 60 auf 70 Prozent. Die beiden Gesellschaften setzten in der Folge zwar verschiedenste Sparmassnahmen um, kamen jedoch nicht über einen Kostendeckungsgrad von 62 Prozent hinaus. Mit dem Eintreten der Pandemie fiel die Kostendeckung auf rund 30 Prozent und wird sich 2021 wohl nur teilweise erholen.

Auch wenn man die Auswirkungen der Pandemie ausklammert, stehen die Zeichen auf Sturm. Gemäss den geltenden Vorgaben muss der gemeinsame Kostendeckungsgrad von 70 Prozent bis 2023 eingehalten werden – sonst muss der Kanton die Mitfinanzierung einstellen.

Einstellung des Betriebs ist eine Option

Ändert sich nichts an den Voraussetzungen, müssten die beiden Schifffahrtsbetriebe drastische Schritte unternehmen, um die Finanzierungsvorgaben zu erreichen. Das könnte eine massive Ausdünnung der Kursschifffahrt auf beiden Seen, oder gar eine komplette Einstellung der Schifffahrt auf dem Ägerisee, bedeuten. Dies, weil der Kostendeckungsgrad dort jeweils nur um die 35 Prozent lag.

Über diese möglichen Konsequenzen orientierten die beiden Betriebe die Zuger Baudirektion. Diese unternahm darauf eine umfassende Betriebsanalyse der beiden Gesellschaften. Das Resultat: Der gemeinsame Kostendeckungsgrad für die beiden Gesellschaften ist nicht zweckmässig. Die geforderten 70 Prozent in dieser Form unrealistisch.

Gesellschaften sollen je eine Offerte einreichen

Auf der Grundlage der durchgeführten Betriebsanalyse will die Zuger Regierung nun eine Teilrevision des entsprechenden Kantonsratsbeschlusses erwirken. Neu sollen die beiden Gesellschaften je eine Offerte einreichen. Der minimale Kostendeckungsgrad für den Zugersee ist auf 70 Prozent, für den Ägerisee auf 35 Prozent festzulegen. Die Regierung hat dazu einen Bericht und Antrag zuhanden des Kantonsrates publiziert.

«Mit der Trennung und dem neuen Kostendeckungsgrad wäre die Schifffahrt auf dem Ägerisee gesichert.»

Philipp Hofmann, Geschäftsführer der Zugersee Schifffahrt AG und der Ägerisee Schifffahrt AG

Philipp Hofmann ist der Geschäftsführer beider Schifffahrtsgesellschaften. Er ist überzeugt: «Mit der Trennung und dem neuen Kostendeckungsgrad wäre die Schifffahrt auf dem Ägerisee gesichert.» Die Schifffahrt auf dem Ägerisee erfreut sich einer hohen Beliebtheit bei den lokalen, regionalen Gästen, sagt Hofmann. Die aktuelle Saison unterstreiche dies: «Trotz grossen Einschränkungen bezüglich Schutzmassnahmen infolge Covid-19 liegen die Frequenzzahlen schon beinahe wieder auf dem 5-Jahre-Niveau.»

Eine Einstellung der Schifffahrt hätte insbesondere für die Region Ägerital Konsequenzen, weiss Hofmann: «Das Angebot bezüglich Naherholung und auch der Zugang zum See für die breite Bevölkerung würde leiden.» Hofmann ist dankbar, dass zusammen mit dem Kanton ein gangbarer Weg erarbeitet werden konnte. «Der neue Kostendeckungsgrad ist realistisch, wenn sich die Marktsituation Post-Covid-19 wieder beruhigt und die Gesellschaft den eingeschlagenen Weg bezüglich kostenbewusster Betriebsführung weitergeht.»

Damit auf dem Zugersee ein Kostendeckungsgrad von 70 Prozent erreicht wird, braucht es eine «kompromisslose Weiterführung der neu eingeschlagenen Strategie», erklärt Hofmann. Dazu gehört auch, das Gastroangebot weiterzuentwickeln, mit dem das Unternehmen vor Ausbruch der Covid-Krise punkten konnte. «Diesen Weg werden wir weitergehen und wir konstatieren seit einigen Wochen, dass sich, verbunden mit dem schönen Wetter, die Schifffahrt wieder einer grossen Beliebtheit erfreut.»

«Fusion» mit Luzerner Schifffahrt stand im Raum

Dem Bericht der Regierung ist auch zu entnehmen, welche betrieblichen Massnahmen analysiert wurden. Heute erteilen die beiden Gesellschaften der ZVB (Zugerland Verkehrsbetriebe AG) den Auftrag zur operativen Leitung des saisonalen Betriebes. Die ZVB übernimmt somit die Betriebsführung. Dass die beiden Unternehmen eine eigenständige Betriebsführung aufbauen, wurde geprüft und auch aus Kostengründen wieder verworfen.

Alternativ wurde zudem das Gespräch mit der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee (SGV) gesucht, um die Möglichkeit zu prüfen, ob die SGV als Betreiber der Schifffahrt auf dem Zuger- und Ägerisee in Frage käme. Die SGV hätten aus Gründen der Effizienz – darunter etwa die Distanz zwischen Zug und Luzern – abgelehnt, schreibt die Zuger Regierung. Tatsache ist aber auch, dass die SGV wegen der Pandemie mit eigenen finanziellen Problemen kämpft (zentralplus berichtete).

Letztlich überwiegen die Vorteile des Status quo mit der ZVB als Betriebsführer, ist die Zuger Regierung überzeugt.

«MS Schwyz» verkaufen, «MS Zug» zum Restaurant machen

Der Bericht zeigt zudem auf, welche Massnahmen die beiden Unternehmen ins Auge fassen, um den Kostendeckungsgrad in den kommenden Jahren zu erhöhen. Auf dem Zugersee soll etwa das Motorschiff Schwyz «schnellstmöglich verkauft und aus dem Betrieb genommen» werden, schreibt die Regierung. Das Kursschiff wurde 1997 Teil der Flotte auf dem Zugersee. «Die anstehenden Unterhaltskosten stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen und dem möglichen Einsatz des alten MS Schwyz», heisst es im Bericht weiter.

Weiter könnte das Motorschiff Zug ab 2024/2025 am Steg bleiben und ein «zweites Leben» als Restaurant am See erhalten. Entsprechende bauliche Abklärungen werden derzeit getroffen. Statt der MS Zug soll ein neues, CO2-neutrales Schiff künftig Eventfahrten auf dem Zugersee durchführen.

Auf dem Ägerisee sind die Möglichkeiten zur Optimierung beschränkter. Nur ein Schiff, die «MS Ägerisee», fährt dort im Linienbetrieb. Dieses wird «ausgefahren» und mittelfristig auf CO2-neutralen Betrieb umgestellt. Es laufen technische Abklärungen, ob ein Ersatz des Dieselmotors technisch möglich ist, schreibt die Regierung.

Grundsätzlich gilt: Für beide Unternehmen geht es ans Eingemachte, bei Ägerisee Schifffahrt gar um die Existenz der Kursschifffahrt. 1890 liess die Dampfschiff-Gesellschaft Oberägeri das erste Dampfschiff Morgarten I auf dem Ägerisee bauen. Seit 2002 ist die Ägerisee Schifffahrt AG am Ruder. Wie die Geschichte auf dem Ägerisee weitergeht, liegt nun in den Händen des Zuger Parlaments.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 17.06.2021, 15:04 Uhr

    Die Reduktion des ÖV (Kursschifffahrt) auf den Zuger Gewässern wäre ein Armutszeugnis für den reichen Kanton. Nicht jede Zugerin kann sich eine Privatjacht leisten. Darum: Beibehaltung des Status Quo (ante coronam) inkl. Kostendeckungsgrad 60/30. Ich hoffe, dass dafür kein Referendum notwendig ist! Statt weitere Steuersenkung sollte der Kanton in den CO2-neutralen Umbau der Schiffsflotte investieren, zB in Zusammenarbeit mit der spezialisierten Schweizer Firma Leclanché.

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  • Profilfoto von Hansi
    Hansi, 17.06.2021, 07:55 Uhr

    Hauptsache man bezahlt keine Steuern…

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    • Profilfoto von Stefan Ernst
      Stefan Ernst, 17.06.2021, 10:36 Uhr

      Ja, Tatsache – ich denke viele Steuerzahler können auf die Kursschifffahrt verzichten. Umweltfreundlicher wäre es auch.

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