Luzerner Kulturbetriebe stehen vor Unsicherheit

«Die Politik sägt an den Zugpferden» – Kulturhäuser reagieren auf Kürzungen

Die Kantonsräte bestimmen über künftige Sparmassnahmen (Bild zep).

Nun ist es offiziell: Auf den Zweckverband Grosse Kulturbetriebe kommen ab dem Jahr 2018 Kürzungen von 1,2 Millionen Franken zu. Der Kantonsrat hat trotz Protesten vor seinen Toren die Reduzierung der kantonalen Subventionen beschlossen. Die betroffenen Kulturinstitutionen sehen den Kulturplatz Luzern in Gefahr.

Kurze Ansprachen, noch kürzeres Drücken auf den Knopf vor sich, und dahin ist auch die letzte Hoffnung: Der Regierungsrat hat die Kürzung der Kantonsbeiträge für die grossen Kulturbetriebe mit 79 zu 35 Stimmen beschlossen. Im Budget 2017 steht noch der alte Betrag von rund 28 Millionen Franken, ab dem Jahr 2018 werden die Gelder um 1,2 Millionen gekürzt.

Dies betrifft das Luzerner Theater, das Luzerner Sinfonieorchester (LSO), das Kunstmuseum, das Verkehrshaus und das Lucerne Festival. Vor allem für das LSO wird dies ein harter Schlag: Es fallen rund 800’000 Franken weg, damit steht das Sinfonieorchester vor einer unsicheren Zukunft (zentralplus berichtete).

Jeder soll einen Beitrag leisten – auch die Kultur

Die bürgerliche Mehrheit folgte der Argumentation, dass jeder seinen Teil zum Sparen beizutragen hat, auch die Kultur. In der Ratsdiskussion frischte Guido Roos (CVP) diese Überzeugung noch kurz auf. Wenn Lehrpersonen länger arbeiten und Behinderteninstitutionen mit Kürzungen leben müssen, so müsse auch die Kultur die Einsparungen hinnehmen, etwas anderes würde die Bevölkerung nicht verstehen. Dass die Kürzungen ausgeglichen und fair verteilt seien, wurde auch der Regierungsrat nicht müde zu erläutern.

Gefährlicher Dominoeffekt

Marcel Budmiger, SP-Kantonsrat und Mitglied der «Allianz für Lebensqualität», machte das Parlament darauf aufmerksam, dass aufgrund der fixen Verteilerschlüssel eine Senkung der kantonalen Beiträge auch automatisch eine Reduktion der Gelder seitens der Stadt und aus dem Kulturlastenausgleich zur Folge hat. Ausserdem entstehe ein gefährlicher Dominoeffekt: Durch die Sparmassnahme sinke auch die Attraktivität für private Investoren. Das bedrohe die Kulturbetriebe in ihrer Existenz. Regierungsrat Reto Wyss (CVP) bestätigt den Effekt auf den Kulturlastenausgleich, glaubt aber, der Nutzen der Kürzungen für den Kanton sei grösser.

Markus Baumann (GLP) verwies noch darauf, dass dieses Sparpaket Arbeitsstellen gefährde und dass Luzern eine Musik- und Festivalstadt sei. Dieser Standortvorteil Kultur werde aufs Spiel gesetzt, so der Kantonsrat.

Urs Bugmann, Präsident IG Kultur, spricht an der Kundgebung gegen die Sparmassnahmen (Bild: pze).

Urs Bugmann, Präsident IG Kultur, spricht an der Kundgebung gegen die Sparmassnahmen (Bild: pze).

Lotterie-Gelder zur Überbrückung

Um der Existenzbedrohung entgegenzuwirken haben Andreas Moser (FDP) und Franz Wüest (CVP) eine dringliche Motion eingereicht. Darin wird eine Überprüfung einer Übergangsfinanzierung gefordert, welche die Unsicherheit bei den Kulturbetrieben mindern soll. Moser und Wüest schlagen vor, für die Finanzierung die Swisslos-Zusatzerträge hinzuzuziehen. Die Motion wurde vom Kantonsrat an die Regierung überwiesen, die Übergangsfinanzierung wird nun also geprüft. Wie lange diese zusätzlichen Mittel eingesetzt würden, liess die Motion offen.

In derselben Motion wird auch die Neuaushandlung des Zweckverbandes Grosse Kulturbetriebe verlangt. Das bedeutet, dass die aktuellen Leistungsvereinbarungen geändert werden könnten, sich also der Verteilschlüssel ändert. Marcel Budmiger ist aber mit der Motion, die auf den ersten Blick wie ein Lichtblick aussieht, alles andere als zufrieden: Der Zustand der Unsicherheit würde dadurch nur länger hinausgezogen.

Die Kürzungen wurden «gar nicht debattiert»

Enttäuscht zeigt sich Urs Bugmann, Präsident der IG Kultur. Er glaubt, der Kantonsrat sei sich nicht so recht bewusst, was man dem Kulturplatz Luzern antäte. «Das sind keine Häuser mit einem üppigen Budget und auch keine Häuser, die noch nie gespart hätten», konstatiert er. Wenn bei den «Leuchttürmen» gekürzt würde, so zeige das, welchen Stellenwert die Kultur in Luzern habe. «Enttäuschend ist, dass die Kulturkürzungen gar nicht richtig debattiert wurden», so Bugmann.

«Eine Theaterspielzeit braucht vier Jahre Planungszeit, das geht nicht, wenn man jedes Jahr von Neuem um sein Geld bangen muss.»

Urs Bugmann, Präsident IG Kultur

Ob die Übergangsfinanzierung da ein Trostpflaster ist? Eher nicht, sagt Bugmann und folgt damit den Ausführungen von Marcel Budmiger. «Das neue Aushandeln des Zweckverbandes ist nicht der richtige Weg, denn dieser Zweckverband ist eine vernünftige Institution», ist sich Bugmann sicher. Vielmehr befürchtet er, dass durch die Neuverteilung der Mittel vermehrt Institutionen unterstützt würden, die auch Bürgerliche eher gerne besuchen, sprich hauptsächlich Konzerte.

Das Theater will den lebendigen Kulturstandort erhalten

Gerade für das Theater sei die Übergangsfinanzierung kein Grund zum Durchatmen: «Eine Theaterspielzeit braucht vier Jahre Planungszeit, das geht nicht, wenn man jedes Jahr von Neuem um sein Geld bangen muss», sagt Bugmann. Das Theater selber sei zwar enttäuscht, glaubt jedoch, die Überbrückungsfinanzierung biete eine Chance. Man wolle den lebendigen wie wertvollen Kulturstandort Luzern erhalten, schreibt Birgit Aufterbeck Sieber, Stiftungsratspräsidentin des Theaters.

Für das Luzerner Theater bedeuten die Kürzungen Planungsunsicherheit (Bild: Gabriel Ammon/AURA).

Für das Luzerner Theater bedeuten die Kürzungen Planungsunsicherheit (Bild: Gabriel Ammon/AURA).

Falsche Signale für den Kulturstandort Luzern

Auch Martin Bütikofer, Direktor des Verkehrshauses, ist über die Kürzungen enttäuscht. Für ihn ist es vor allem ein negatives Signal für die gesamte kulturelle Landschaft in Luzern. «Ich bedaure den Entscheid. Für den Kulturstandort Luzern ist es ein schlechtes Zeichen», lässt er sich in einer Mitteilung zitieren. «Die Politik sägt an den Zugpferden, ohne sich über die Folgen im Klaren zu sein. Wenn Luzern nun die Gelder kürzt, könnte dies den interkantonalen Kulturlastenausgleich ins Wanken bringen.» Man werde die Lage nun neu beurteilen müssen.

LSO will Klarheit

Das Luzerner Sinfonieorchester (LSO) zeigt sich ebenfalls enttäuscht, begrüsst aber, wenn durch die Motion Planungsunsicherheiten vermieden werden. Aus Sicht des Trägervereins Luzerner Sinfonieorchester sei es entscheidend, nun möglichst rasch für alle Kulturbetriebe Klarheit zu schaffen, die Perspektiven der Zusammenarbeit zwischen den Kulturbetrieben aufzuzeigen und somit wieder eine solide und vertrauensvolle Basis für eine ordentliche Finanzierung des Kulturstandortes Luzern zu schaffen.

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