Ein neues, altes Festival für die Region

Die legendäre «Muisiglanzgmeind» kehrt zurück

Dominic Deville mit den Failed Teachers auf der Schilter-Bühne (powered by Schüür). (Bild: zvg)

Die «Muisiglanzgmeind» in Grafenort ist Kult. Auch aus Luzern pilgerten die Leute in Scharen zum grössten Festival des Nachbarkantons. Damals – vor zehn Jahren. Heute verkündet ein neues Team die Rückkehr der Muisiglanzgmeind. Mit einem kleinen Haken.

Vor der Bühne spritzt der Schlamm zwischen den tanzenden Menschen auf. Auf der Bühne hält Jennifer Rostock mitten im Song inne und fordert das Publikum auf, sich umzudrehen. Gemeinsam bewundert man die Aussicht ins enge Engelbergertal, bevor weiter im Regen gerockt wird.

Auf dem Campingplatz rennen Gruppen von Menschen mit aufblasbaren Sesseln aufeinander zu und fliegen durch die Gegend. Und in der 24-Stunden-Bar tanzen solche, die verpasst haben, dass draussen die Sonne auf- und schon wieder untergegangen ist.

Das Open Air Muisiglanzgmeind im obwaldnerischen Grafenort war Kult. Die Geschichten darüber erzählte man sich in den letzten zehn Jahren unter ehemaligen Stammgästen in der Zentralschweiz immer wieder wehmütig. Denn im Dezember 2009 liess das OK nach vier Ausgaben verlauten: «Die Muisiglanzgmeind ist tot».

2003 hatte die erste Ausgabe bereits 6’000 Besucherinnen und Besucher nach Grafenort gelockt, Partnerschaften mit Luzerner Institutionen wie der Schüür und Radio 3fach wurden geschmiedet. Danach gingen im 2-Jahres-Abstand drei weitere Muisiglanzgmeinden über die Bühne – mit bis zu 7’000 Besuchern.

Den Ausschlag für das Aus des Open Airs gab damals, dass man sich mit dem Pächter des Geländes nicht mehr einig geworden war. Das kleine, wilde und doch familiäre Festival war Geschichte. Ein Entscheid, der dem OK damals nicht leicht fiel.

Zwischen Berg und Fluss – ein neuer Ort

Nun lässt ein neues Team den Geist wieder auferstehen. Nicht in Grafenort zwar, sondern ein paar Kilometer entfernt in Wolfenschiessen. Dort wird die Muisiglanzgmeind vom 26. bis zum 29. August 2020 stattfinden. Zwischen Felsen, Wald und Aawasser – zwischen Käserei Odermatt und EWN-Pumpwerk.

Auf diesem Gelände soll das Festival stattfinden. (Screenshot Google Maps)

Elf Jahre später, an neuem Ort, mit neuem Organisationskomitee – darf man da überhaupt vom gleichen Festival sprechen? Kritische Stimmen aus der Luzerner Kulturszene und auch einige alte Helfer des Festivals wollen dem neuen Festival den Titel Muisiglanzgmeind gar absprechen.

Zu weit entfernt scheinen die Konzerte der Failed Teachers mit Dominic Deville auf der mobilen Schilter-Bühne, die Kronzeugen, Jolly & The Flytrap, zu weit entfernt die wilde 24-Stunden-Bar des Teffli-Rally-Teams.

Können die hohen Erwartungen erfüllt werden?

Der ehemalige Muisiglanzgmeind-OK-Präsident Thomy «Sämf» Vetterli kennt diese Kritik. «Natürlich werden Erwartungen geweckt und es wäre schade, wenn nach einem grossartigen Festival die Leute bloss finden, es sei halt schon nicht dasselbe gewesen», so Vetterli.

Das sei der einzige Grund, weshalb das alte dem neuen OK die Sache mit demselben Namen nochmals zur Diskussion zurück in die Runde gegeben habe. «Ansonsten war es für uns keine Frage. Wir unterstützen sie voll und wir werden bestimmt auch vor Ort etwas machen.»

Vetterli wird jedoch abgesehen davon viel mit dem Open Air zu tun haben. «Früher OK-Präsi – heute stelle ich mit der Gemeinde die Bewilligung für die Muisiglanzgmeind aus», sagt Vetterli, mittlerweile Gemeindevizepräsident von Wolfenschiessen, und lacht.

Natürlich werde es schwierig, dem Legendenstatus gerecht zu werden, dessen ist sich Flavio Odermatt vom neuen OK bewusst: «Wir haben uns deswegen mit dem alten OK intensiv ausgetauscht und von ihnen den Segen erhalten, das Festival in eine neue Ära führen zu dürfen.»

Das sind Erlebnisse, die man nicht vergisst: Schlammschlacht an der Muisiglanzgmeind. (Bild: Polarstar)

Wie in der Originalausgabe wird auch bei der neuen Muisiglanzgmeind eine 24-Stunden-Bar zum Gelände gehören und auch die mobile Bühne auf dem Schilter-Traktor ist wieder geplant. Das alte OK werde mit grosser Wahrscheinlichkeit eine eigene Bar betreiben und auch mit dem Team der Teffly-Rally werde eng zusammengearbeitet, so Odermatt.  

Beim Booking der internationalen Acts wird das OK von Claudia Orlando vom «Wetterhorn» unterstützt. «Für jeden etwas» – so wurde das musikalische Programm der Muisiglanzgmeind einmal beschrieben und so werde es auch bleiben.

Mut oder Wahnsinn?

Noch steht das Programm aber nicht. Auch Sponsoren gibt es noch keine, die fix zugesagt haben. Trotzdem kommuniziert das OK das Festival bereits. Mutig könnte man das nennen. Oder wahnsinnig.

Flavio Odermatt lacht und beruhigt. «Wir haben in den letzten Jahren viele Gespräche geführt und das Interesse ehemaliger und neuer Sponsoren ist gross.» Der Rückhalt sei von vielen Seiten spürbar. Da sei auch der Grund dafür gewesen, dass das neue OK rund um den heutigen OK-Präsidenten Daniel Odermatt sich nach über drei Jahren regelmässiger Treffen dafür entschieden hat, das Datum nun festzunageln.

«Es liegt aber auch daran, dass mittlerweile nicht nur das Open Air Saitensprung am Buochserberg, sondern auch das Lakeside-Festival in Hergiswil nicht mehr existieren», sagt Odermatt.

Das aktuell zehnköpfige OK bringt selbst Erfahrungen vom Hill-Jam oder dem Klewenalpfestival mit und wisse deshalb, worauf es sich bei der Organisation einlasse, so Odermatt.

Das neue Gelände sei infrastrukturell besser aufgestellt als der Platz in Grafenort. Näher an Läden und Bankomaten – doch für die meisten liege er gefühlt immer noch im Nirgendwo, sagt Odermatt und lacht.

Der Campingplatz wird 2020 Platz für etwa 2’000 Leute bieten, insgesamt rechnen die Veranstalter mit rund 8’000 Besucherinnen und Besuchern. Bis dahin sind es noch 390 Tage. Auf der Webseite des Open Airs werden bereits jetzt die Tage gezählt, bis zur Türöffnung des Festivals.

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