Junge Kunst in Zug

«Die Kunstpause bleibt Rock’n’Roll»

Zehn Jahre junge Kunst in Zug: Die Kunstpause jubiliert. Hier letztes Jahr noch in der Altstadthalle, im Sommer allerdings schon in der grossen Shedhalle am Stadtrand. (Bild: zvg)

Die Kunstpause ist im Zuger Kulturkuchen angekommen – und will gleich wieder weg: Nach zehn Jahren feiern junge Kunstliebhaber ihr Festival dieses Jahr zum ersten Mal nicht mehr in der Altstadthalle, sondern am Stadtrand. Die Präsidentin ist zuversichtlich: «Wir werden auch die Shedhalle erobern.»

Vor zehn Jahren war die «Kunstpause» noch eine Maturaarbeit: Zuerst mal Künstler finden, oder Leute davon begeistern, welche zu werden. Dann die Bilder mit Reissnägeln an die Stellwände in der Industrie 45 genagelt, alles etwas chaotisch, alles noch nie gemacht. Dann die Stadt überzeugt, dass es junge Kunst braucht. Und dass junge Kunst unterstützt werden muss. Und plötzlich geht es rasant vorwärts, man ist zehn Jahre älter, und heute ist sie das grösste Festival für junge Kunst in Zug: Die «Kunstpause» ist angekommen. Und das will sie gleich wieder ändern: «Wir wollen Rock’n’Roll bleiben», sagt die neue Präsidentin der Kunstpause, Mélanie Girardet. Und zieht deshalb mitsamt ihren jungen Künstlern in die Shedhalle am Stadtrand.

Und gibt damit die hart erkämpfte Anerkennung im Zuger Kulturleben auf. Die Altstadthalle ist ein traditionelles Kunsthaus zwischen Galerien und Kulturbetrieben, mitten im Stadtleben. Die Shedhalle ist kulturelles Neuland, einiges grösser als die Altstadthalle und draussen am Stadtrand. Aber die Kunstpause will offenbar wieder rebellieren: «Wir haben die Altstadthalle erobert, jetzt werden wir auch die Shedhalle erobern», sagt Girardet, «aber es wurde Zeit für etwas Neues: Die Kunstpause soll sich weiterentwickeln können, und nicht stehenbleiben. Jetzt sind wir halt ganz neu gefordert: Wie richten wir die grosse Shedhalle so ein, dass gute Stimmung entsteht.»

«Nach der Kunstpause ist man müde – aber wehmütig»

Und gute Stimmung ist lebenswichtig: Die Kunstpause ist mehr Festival als Ausstellung, eine Woche lang treffen sich junge Künstler und Kunstliebhaber, aber auch alle anderen, die Lust auf Kultur und Begegnung haben, oder einfach darauf, all die anderen Kunstpausegänger wieder zu treffen. Konzerte gibt es, Aktionen, Gespräche, Performance und ein Stück Lebensgefühl. Viele sind die ganze Woche da, auch wenn die Kunst dieselbe bleibt: «Die Kunstpause wird zu einer Art Familie, und nach der Kunstpause ist man zwar müde – aber auch wehmütig.» Das Team ist zur Hälfte mit alten Hasen besetzt, sagt Girardet, und zum Teil ganz frisch. «Ohne dieses wunderbare Team würden wir das gar nicht schaffen.»

Kinderzeichnungen fürs Zehnjährige

Bei der ersten Kunstpause durften noch frischgebackene Künstler mitmachen, heute mischt die Kunstpause qualitativ ganz vorne mit: Aus der anfänglichen Plattform für junge Zuger Künstler ist mittlerweile viel mehr geworden, das Niveau ist hoch, die Auswahl schwieriger, es kommen immer mehr Anmeldungen. «Das ist das Allerschwierigste, aus den Einsendungen eine Auswahl zu treffen», sagt Girardet, «da gibt es viele sehr gute Künstler, aber man muss ja auch an den Besucher denken, kann nicht zehn Fotografen ausstellen, sondern muss auf die Vielseitigkeit achten.» Um die zehnjährige Entwicklung zu zeigen, geht die Kunstpause in die Vergangenheit: «Für das Zehnjährige wollen wir von jeder Künstlerin, dass sie eine Kinderzeichnung von sich mit ausstellt», sagt Girardet.

Im Moment läuft der Anmeldeprozess noch bis zum 30. Juni, anmelden dürfen sich Künstler von 17 bis 35 Jahren, sie müssen nicht mehr aus dem Kanton stammen. Aber von der anfänglichen aktiven Suche nach Künstlern kann keine Rede mehr sein: Rund um die Kunstpause hat sich eine Szene gebildet, junge Künstler haben Selbstbewusstsein entwickelt, da ist in zehn Jahren offenbar ein Drive entstanden, der sich in der künstlerischen Belebung der Stadt widerspiegelt: «Wenn ich sehe, dass Künstler, die bei uns zum ersten Mal ausgestellt haben, nachher erfolgreich Aufträge bekommen und bei Kunstprojekten mitmachen, dann finde ich das wunderbar», so Girardet.

«Naja, die Kunstpause muss sich bewegen können»

Ganze Künstlergruppierungen wie etwa das Atelier 63 rund um den ehemaligen Kunstpause-Präsidenten und jungen Zuger Künstler Michel Kiwic sind aus dieser Vernetzung entstanden. Der Kunstpause-Gründer Dorian Iten ist mittlerweile nach Amerika ausgewandert, lebt in Brooklyn und unterrichtet bildende Kunst: «Ich glaube schon, dass die Förderung junger Künstler immer noch ihren Platz hat», sagt er, «auch wenn das Niveau gestiegen ist. Das Beste, das der Kunstpause passieren könnte, ist, dass sie es schafft, ihren offenen Geist weiterzupflegen.» Iten hatte die Kunstpause als Maturaarbeit gegründet, wollte die Zuger Künstler vernetzen. Zusammen mit der heutigen Kunsthistorikerin und Städteplanerin Julia Häcki hat er sechs Jahre lang für künstlerischen Nachwuchs gesorgt. «Julia hat sich auch nachher noch lange ums Team gekümmert», sagt Iten.

Dann hat Michel Kiwic die Leitung für drei Jahre übernommen, seit einem Jahr ist Girardet die Chefin der Kunstpause. Alle im Ehrenamt, aus blosser Begeisterung. Wie das weitergeht mit der Kunstpause? «Das weiss niemand. Das beste wäre, wir könnten die Kunstpause auf finanziell sichere Beine stellen, und müssten nicht jedes Jahr aufs Neue auf Spendensuche gehen», sagt Girardet. Eine neue Unsicherheit hat sie sich zwar mit dem Umzug gleich selber eingebrockt, davor habe sie allerdings keine Angst. «Naja, die Kunstpause muss sich bewegen können. Und ich freue mich auf den Moment, wo ich mit den Werken alleine in der Halle bin, und anfangen kann, jedes an seinen Platz zu setzen. Der Moment ist einfach fantastisch.»

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