Offener Brief an Guido Graf

«Die Kulturstadt Luzern wird auf die Schlachtbank geführt»

Auch die Schüür ist von den Massnahmen betroffen. (Bild: Silvio Zeder)

In einem offenen Brief kritisiert Schüür-Geschäftsleiter Marco Liembd den Luzerner Regierungsrat Guido Graf. Er fühlt sich wegen der strengen Regeln für Gastrobetriebe hintergangen.

Im Kanton Luzern wurden die Schutzmassnahmen für Clubs und Beizen verschärft. Damit wollte man verhindern, dass Partygänger nach Luzern pilgern und es so zu Superspreader-Events kommen könnte. Die Clubbetreiber stiessen die Behörden damit vor den Kopf. Sie geben sich aber noch nicht geschlagen. Marco Liembd, Geschäftsführer der Schüür, hat sich nun in einem offenen Brief an Regierungsrat Guido Graf gewandt.

«Anlässlich der Medienkonferenz vom 3. Juli 2020 lobten sie den ersten Runden Tisch, welcher auf Initiative einer Handvoll Veranstaltern eingefordert wurde. Sie unterschlugen dabei, dass wesentliche Punkte der Sitzung über Nacht änderten. Unsere Aufforderung, dass Protokoll der Sitzung dem effektiven Geschehen anzupassen blieb bis heute unbeantwortet», schreibt Liembd.

Symbolpolitik statt Pandemiebekämpfung?

Tatsächlich wurde an besagtem runden Tisch über die Erweiterung der Schutzmassnahmen rund um das Contact Tracing gesprochen. Die neue Verfügung zur Beschränkung der Personenzahl oder zu Schutzmasken wurden aber nicht diskutiert. Das sorgte bei Clubbetreibern für Unmut (zentralplus berichtete). Gesundheitsdirektor Guido Graf sagte zu zentralplus nur: «Die von den Massnahmen betroffenen Betriebe wurden vorgängig über die Verschärfung der Regelungen informiert.»

Dass die Verantwortlichen beim Kanton die Verordnung zur Personenbeschränkung zur Zeit des runden Tisches bereits aufgegleist, diese jedoch bewusst unterschlagen hätten, glaubt Liembd hingegen nicht. «Diesbezüglich muss ich den Kanton in Schutz nehmen. Die Behörden wussten zu diesem Thema damals wohl nicht mehr als wir», sagt er dazu.

Dennoch äussert er weitere Kritik am Kanton: «Wir lieferten ein Konzept zur Datenerfassung mit einem gemeinsamen Absender: Kanton und Clubs. Wir wollten gemeinsam eine Lösung finden, die das Contact Tracing so gut wie möglich unterstützt und dies weit über Sommer 2020 hinaus», schreibt Liembd weiter. Der Kanton habe sich für die Kontakterhebung nicht verantwortlich gefühlt und stelle nun «trotzdem aufgrund des Contact Tracings eine Branche an die Wand». Das Verhältnis zwischen Kultur und Politik sei deshalb anders als jenes in Zürich: «Ein noch viel schlimmeres.»

Liembd wirft Guido Graf vor Symbolpolitik zu betreiben. «Sie zwingen nun Clubs dazu, für das wirtschaftliche Überleben eine Maskenpflicht einzuführen. Bei jedem Schluck Getränk wird die Maske angefasst und für den Trunk beiseitegeschoben. Ich dachte, man sollte die Dinger, wenn einmal angezogen, nicht mehr anfassen. So meinte dies auf jeden Fall Daniel Koch. Scheinbar wird Symbolpolitik aktuell höher gewichtet als Pandemiebekämpfung.»

Kulturstadt auf der «Schlachtbank»

Luzerner Partygänger könnten jetzt nach Zürich pilgern, was ebenfalls ein Risiko darstelle, so Liembd. Die Verordnung sei deshalb aufzuheben. «Sollte sich die Situation verschärfen, wäre es wohl sinnvoll, gemeinsam mit den Betreibern Restriktionen zu vereinbaren. Nicht, damit wir diktieren können, sondern wir tatsächlich die eine oder andere Idee hätten.»

Die Massnahmen würden nicht nur ihn treffen, schreibt Liembd. Die Kulturstadt Luzern werde «auf die Schlachtbank» geführt, so seine Worte. «Der Schaden, der hier ohne Not angerichtet wird, der in Kauf genommen wird, um die Aufwände seitens Kanton für das Contact Tracing tief zu halten, betreffen nicht nur mich. Sie betreffen eine Branche.»

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5 Kommentare
  • Profilfoto von Billie Holiday
    Billie Holiday, 20.07.2020, 16:27 Uhr

    Meint der Herr im Ernst, sein Schüürli, eine Institution der freizeitlichen Ergotherapie für eine engst umrissene Altersgruppe mit Alkoholzapfsäule und Hintergrundmusik, habe etwas mit der „Kulturstadt Luzern“ oder überhaupt mit Kultur zu tun? Wie kommt Herr Liembd dazu, seinen Mund dermassen voll donnernder Krawallrhetorik zu nehmen, wo sein Laden ja von der Stadt regelmässig subventioniert und vom Kanton soeben mit Corona-Hilfe für‘s Nichtstun zugeschüttet wurde? „Schlachtbank“? Na Prost. Gäbe es weniger solch unheiliger Kühe, wo Heuler auf Tour einen Fuss auf Luzerner Boden kriegen, würde vielleicht wirklich mehr Kultur entstehen.

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    • Profilfoto von schneewittchenslieferant
      schneewittchenslieferant, 20.07.2020, 16:54 Uhr

      ach liemd….der alte haudegen muss wieder mal provozieren….

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    • Profilfoto von Philippe Fries
      Philippe Fries, 20.07.2020, 17:50 Uhr

      Wenn schon so Kritik auf persönlicher Ebene, dann bitte öffentlich und nicht anonym. Finde de Input von Liembd absolut gerechtfertigt und es ist gut dass das jetzt diskutiert wird. Dann sicher wieder eine Spur sachlicher 😉

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    • Profilfoto von Hans Perler
      Hans Perler, 20.07.2020, 22:58 Uhr

      Zunächst mal: Man kann sich in der Schüür wohl fühlen oder nicht, ihr den Status in der Kulturstadt Luzern abzusprechen ist aber schlicht ignorant, schliesslich ist der Raum für Konzerte ab einer gewissen Grösse unverzichtbar – valable Alternativen gibt es kaum, das KKL zu teuer und der Südpol kriegt das mit den Konzerten irgendwie nicht so gebacken. Muss ein Raum wie die Schüür schliessen, so wäre das ein Verlust für Luzern, ob Sie das einsehen wollen oder nicht.

      Zudem: Einem Konzerthaus, das sogar während der Sommerpause vier Konzerte pro Wochenende organisiert vorzuwerfen, sie liessen nur Hintergrundmusik laufen, you’re a superstar.

      Zweitens: «vom Kanton soeben mit Corona-Hilfe für‘s Nichtstun zugeschüttet wurde» ist nicht nur zynisch, es ist falsch. Die Coronahilfen (primär des Bundes) gelten für kulturelle Institutionen genauso wie sie das für andere betroffene Branchen tun. Das Nichtstun wurde der Veranstaltungsindustrie gesetzlich verordnet, wie ganz vielen anderen Branchen auch. Jemandem, dessen Arbeit verunmöglicht wurde vorzuwerfen, er arbeite nicht – Sie sind ja ein ganz cleverer Fuchs.

      Drittens und letztens ist Ihre Kritik am offenen Brief eigentlich nur ein persönliches Statement gegen Marco Liembd und die Schüür (wurden Sie eigentlich mal schlecht bedient? Oder haben da Hausverbot? Oder noch schlimmer: Waren Sie der älteste Gast in der Gartenbeiz und das hat Sie gewurmt?) – hat aber inhaltlich nichts mit der Diskussion zu tun, die Liembd versucht anzustossen. Und ja, ob der provokative Ton des Briefes konstruktiv ist oder nicht lässt sich diskutieren. Klar ist aber: Ihr Kommentar ist’s auf jeden Fall nicht.

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  • Profilfoto von Rocken Roller
    Rocken Roller, 20.07.2020, 16:06 Uhr

    Ach der Liembd…… Es gibt gute Gründe, weshalb er Beizer und nicht Politiker mit Verantwortung geworden ist! In Luzern wird es immer Kultur geben, wenn nicht mit Liembd, dann ganz sicher ohne ihn. So ist das Leben.

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