Das Team spielt so, wie der Super-Ligist geführt wird

Die Hilflosigkeit des FC Luzern

FCL-Präsident Philipp Studhalter (rechts) und Sportchef Remo Meyer bei der Verabschiedung von Fehltransfer Mirko Salvi: Es gibt angenehmere Auftritte in der Öffentlichkeit als dieser. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

In den Tagen der sportlichen Not gibt es einen Vorwurf, den sich der FCL nicht gefallen lassen muss: fehlende Authentizität. Die Luzerner treten auf dem Rasen mutlos, ideenlos und hilflos auf – genau das lebt die sportliche Führung vor. Eine Analyse.

Das Label, ein taktischer Fuchs zu sein, ist eine Auszeichnung, die sich jeder Trainer gerne an sein Revers heftet. Davon scheint der Luzerner Übungsleiter Thomas Häberli derzeit allerdings weit weg zu sein. In der vergangenen Saison, als er die Mannschaft im Februar vom gefeuerten René Weiler übernahm, liess er die Mannschaft weiterhin im 4-2-3-1-System laufen. Die Zeit sei nicht vorhanden, um einer Mannschaft, die nicht die seine sei, seine taktischen Vorstellungen einzuimpfen, erklärte Häberli.

Ein halbes Jahr später, in der erst vier Partien alten Saison 2019/20, spielt die Mannschaft noch immer im 4-2-3-1-System. Der später zum Captain ernannte Pascal Schürpf hatte sich auf die Vorbereitung und den Offensivfussball von Häberli gefreut. In den letzten drei Meisterschaftsspielen blieb der FCL ohne Torerfolg und Schürpf steckt in der grössten Formkrise seit seiner tollen Rückrunde im Frühjahr 2018 (zentralplus berichtete).

Nicht einen FCL-Spieler besser gemacht

Häberli definierte sich vor der zweiten Saisonniederlage am Sonntag gegen Thun (0:2) als Resultat-Trainer und verlangte Zeit und Geduld bis Oktober, um das wahre Gesicht seiner Mannschaft erkennbar werden zu lassen (zentralplus berichtete). Bisher hat er noch keinen FCL-Spieler besser gemacht. Im Gegenteil: Der in der letzten Saison auftrumpfende Marvin Schulz ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Erst das halbherzig durchgezogene Projekt als Nachfolger von Millionentransfer Ruben Vargas auf der rechten Seite – und dann kam der Deutsche plötzlich als hängende Spitze zum Einsatz. Mit Verlaub: Taktik konnte Weiler im Schlaf besser fehlerfrei buchstabieren.

Die aktuellen Geschehnisse im FC Luzern sind deshalb nicht dem Zufall geschuldet. Vielmehr Ausdruck einer Hilflosigkeit, geradezu einer Unbedarftheit auch, die vom grünen Rasen bis hinauf in das Büro des mandatierten FCL-Präsidenten reicht.

Warum sich Häberli stets erklären musste

Häberli, der Bauernbub aus Ballwil, ist unbelastet von jeglichem Charisma. Vielleicht kann er nichts dafür. Aber genauso unvorteilhaft: Häberli hat seit Beginn seiner Zeit beim FCL noch nie aus der Position der Stärke argumentieren können. Beim Jobantritt im Februar dieses Jahres musste er erklären, warum er nach vielen Jahren als Assistent bei den Young Boys und dem FC Basel den erstmaligen Schritt zum Cheftrainer wagte.

Thomas Häberli versucht, Verständnis für seinen langweiligen Fussball zu schaffen. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Er musste erklären, warum sein Vertrag nach den zunächst erfolgreichen Tagen und Wochen als FCL-Trainer über eine so lange Zeit nicht verlängert worden ist. Und letztlich auch, warum bloss eine einjährige Fortführung der Zusammenarbeit mit den Luzernern herausschaute.

FCL-Führung ist Häberli keinen Schritt voraus

In diesen Tagen versuchte Häberli jeweils vergeblich, Verständnis für seinen langweiligen Fussball zu kreieren. Er tat es geradezu hilflos. Weil seine Äusserungen zwar wohltuend unaufgeregt rüberkommen sollten, aber effektiv knurrend und grantlig angekommen sind. Das tönte nicht danach, als hätten der wichtigste Arbeitnehmer und mit ihm seine FCL-Vorgesetzten einen Plan.

Ganz generell: Eine starke Klubführung könnte dem eigenen Trainer aus der Patsche helfen. Aber nicht beim FCL. Präsident Philipp Studhalter und Sportchef Remo Meyer sind Häberli nicht einen Schritt voraus: Auch ihnen fehlen das Charisma, die Emotionen und vor allen Dingen ein durchdachter Plan (zentralplus berichtete).

Aber das mag man verstehen: Wie Häberli sind sie Anfänger. Sie üben ihren Job und ihre Verantwortung in einem Fussballklub zum ersten Mal aus. Eine Tatsache, die man vielleicht nicht als Mutmacher für die unmittelbare sportliche Zukunft des FCL wahrnehmen mag.

Schwung aus glückhaftem Saisonstart blieb aus

Der FCL der letzten Tage, Wochen und Monate wirkt vielleicht so, als ob er alles über sich ergehen liesse. Im positiven wie im negativen Sinne. Ein erfolgreicher Saisonstart wie mit dem glückhaften 2:0 in St. Gallen müsste eigentlich Schwung im Team auslösen. Aber er tat es nicht. Es ging bloss noch vom Berg abwärts.

Am Sonntag, nach dem ernüchternden 0:2 im Heimspiel gegen Thun, kritisierte der routinierte Aussenverteidiger Christian Schwegler die taktische Marschroute seines früheren YB-Teamkollegen und aktuellen Trainers Thomas Häberli. Sie sei zu defensiv gewesen, sagte er beim Fernsehsender «Teleclub». Derweil der bis anhin schier untadelige FCL-Goalie Marius Müller freimütig zugab, dass ihm die Spielweise seiner Teamkollegen keinen Spass machte (zentralplus berichtete).

FCL-Führung ist auswechselbar

Ihre Kritik trifft inhaltlich wunde FCL-Punkte, die es bedingungslos anzusprechen gilt. In ihrer öffentlichen Wirkung wird sie dadurch verstärkt, dass die FCL-Führung beliebig und gleichsam auswechselbar wirkt.

Beim FC Luzern ist Leadership dringend gefragt. Doch wer hat das Charisma, den Mut und die Erfahrung, dem Präsidenten, dem Sportchef, dem Trainer und den Spielern Beine zu machen?

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11 Kommentare
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    Urs Luterbach, 15.08.2019, 08:55 Uhr

    Solange der Vorstand, der Trainer und die Spieler nicht am gleichen Strick ziehen und der Vorstand keinen guten Spieler kauft, werden die Fans nicht mehr kommen und der FCL bleibt eine Provinz Mannschaft welche mit dem Abstieg zu tun hat. Schade, man könnte viel mehr erreichen.
    1989 hatten wir einen FCL President der alles für den Verein machte und alle haben mitgezogen. 0

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    GH, 15.08.2019, 08:08 Uhr

    FCL in der Krise ? Na ja – davon geht die Welt nicht unter……..

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    Hans H.Buff, 14.08.2019, 23:21 Uhr

    Trainer Thomas Häberli über die Offensivleistung des FCL.Unser wahres Gesicht wird erst im Oktober erkennbar sein.Ausage im Zentral Plus.Meine Meinung über die schlechte Leistung des FCL außer dem St.Galler Spiel trotz der dauernden Überlegenheit der St.Galler ein schmeichelhaftes 0:2.Immerhin 3 P. Wert. Meine Aussage über die schlechten Spiele des FCL.Der FCL zeigt sein wahres Gesicht erst im Oktober bei der Übernahme der ROTEN LATERNE .P.S.Habe alle Spiele des FCL gesehen auch auswärts.

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    Joseph de Mol, 14.08.2019, 21:51 Uhr

    Man kann von Ineichen’s Kommentar halten, was man will. Fakt ist, dass der FCL seit Jahren, besser seit Jahrzehnten keinen Schritt voran kommt. Mal ist die Mannschaft schuld, dann wieder der Trainer, dann die Infrastruktur, dann das fehlende Geld usw. usw. Man mäkelt ständig an irgendetwas herum und hat darob die Fähigkeit verloren, zäh und kämpferisch zu sein. Der FCL gibt sich wie eine Diva, sieht sich als falschverstandener Star. Dabei gibt es nicht an Erfolgen – ich meine wirklich zählbare, die auch andere anerkennen – der vierte Tabellenschlussplatz ist kein Erfolg. Was der FCL braucht, sind hemdsärmlige Machertypen mit einem Kämpferherz aus Gold und einer bescheidenen Seele, die sich was zutraut. Die Archetypen Studhalter, Meyer usw. würden ganz gut nach Hollywood passen. Hier aber ist Bergland der Innerschweiz. Hier braucht es keine Anzugträger mit der erhobenen Nase im Wind. Jetzt braucht es Schlacht-bei-Sempach-Typen!

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    Thomas Thali, 14.08.2019, 19:57 Uhr

    Es ist Aufgabe von Journalisten, auch kritisch über Spieler, Trainer und Clubführung zu schreiben, aber einen Trainer als Bauernbub aus Ballwil zu bezeichnen und abzuqualifizieren, das ist schlicht und einfach völlig daneben. Das disqualifiziert Sie selber, Herr Ineichen.

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    Raphael Gassmann, 14.08.2019, 14:08 Uhr

    Die Webseite www.fcl.ch ist ein gutes Spiegelbild der aktuellen Situation beim FCL.

    Zum Saisonstart 2019/20 war ein Mannschaftsfoto mit René Weiler als Trainer auf dem Netz freigeschaltet. Nach dem Erfolg in Island hat man realisiert, dass es vermutlich an der Zeit wäre, dass Bild zu entfernen. Aktuell ist der FCL der einzige «professionelle» Club in Europa ohne Mannschaftsfoto auf der eigenen Internetseite.

    Dies ist vermutlich auch besser so…………

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    Maximilian von Müller-Bernstein, 14.08.2019, 08:05 Uhr

    Diesen unabhängigen Sportjournalismus lobe ich mir. Das ist Sportjournalismus at its best. Denn da schreibt einer gegen das instituationalisierte PR-Geschwurbel der Vereins-Verantwortlichen an. Herr Ineichen schaut genau hin. Das ist äusserst wohltuend und macht Zentralplus zur Pflichtlektüre für all jene FCL-Interessierten, die Klartext aushalten. Mehr noch: Die nach Klartext verlangen.

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    • Profilfoto von Peter Lehmann
      Peter Lehmann, 14.08.2019, 20:56 Uhr

      Was bittesehr ist an Herr Ineichens Journalismus unabhängig? Man merkt mit jedem Wort seine Enttäuschung und Abneigung gegenüber den Verantwortlichen. Er verfolgt eine persönliche Agenda, das ist mit jedem Beitrag offensichtlicher.
      Ja, sie machen vieles nicht gut auf der Allmend. Man muss ihnen aber auch zugute halten, dass sie ein riesiges Schlamassel ausbaden müssen, welches der «ehrenwerte» Herr Stierli angerichtet hat. Damals wurde geklotzt, nicht gekleckert. Ausbaden darf man es mit einem strukturellen Defizit in einer unpraktischen Goldschüssel und einem Konstrukt, welches nur die wenigsten verstehen. Dass der Hauptinvestor noch ein unglaublicher «Polteri» ist, macht die Arbeit für alle extrem schwierig.
      Ich frage Herrn Ineichen ganz direkt: Was würden Sie besser machen, hätten Sie einen Job beim FCL (erhalten)?

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  • Profilfoto von Roger Wicki
    Roger Wicki, 13.08.2019, 23:15 Uhr

    Das mag stimmen, dass erwähnte Personen ihren Job zum ersten Mal ausführen, sie jedoch als unfähig anzusehen, lasse ich nicht gelten, aber zumindest in einem Punkt bin ich mir sicher: Wir brauchen dringend einen Trainer. Denn von diesem Kader darf definitiv mehr erwartet werden. In dieser Konstellation wird das nichts…

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    Marcel Moser, 13.08.2019, 21:18 Uhr

    Der Herr Ineichen weiss mal wieder alles besser. Oder doch nicht? Er kritisiert zwar alle und bezeichnet sie als Anfänger, wie man es besser machen sollte schreibt er aber nicht.

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  • Profilfoto von Petar D
    Petar D, 13.08.2019, 20:16 Uhr

    Man könnte fast meinen, Sie hätten sich beim FCL als CEO beworben, wurden aber nicht berücksichtigt, Herr Ineichen. Oder woher all die Missgunst und Negativität? 😉

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