Sammlung Rosengart: Kreativschub dank Lockdown

Die «Grande Dame» der Luzerner Museen blickt in die Zukunft

Angela Rosengart im Jahr 2015. (Archivbild: jav)

Hinter den dicken Mauern des ehemaligen Bankgebäudes scheint die Zeit stillzustehen. Geschützt vor den Turbulenzen der Gegenwart, sorgen Werke von Klee, Picasso, Chagall und anderen Meistern für eine Oase der Ruhe. Nun werden die Mauern der Sammlung Rosengart sanft aufgebrochen – von innen heraus.

Die Sammlung Rosengart ist nicht wie die anderen Museen der Stadt Luzern. Was Angela Rosengart und ihr Vater Siegfried Rosengart (1894–1985) zusammengetragen haben, ist in vielerlei Hinsicht ein geschlossenes Ökosystem.

Der rote Faden, der die über 300 ausgestellten Werke verbindet, besteht aus den unzähligen Referenzen, Verweisen, Anekdoten und Schnittstellen zueinander. «Im Zentrum dieses Geflechts steht aber immer die Liebe der Rosengarts zur Kunst», erklärt die kunstwissenschaftliche Leiterin des Museums, Kerstin Bitar.

Geschlossenes Gesamtwerk

Die Idee eines in sich geschlossenen Gesamtwerks drückt sich auch in der Tatsache aus, dass die Sammlung nie Werke an temporäre Ausstellungen und Werkschauen leiht. Die Bilder gehören zueinander und nach Luzern. Das zurückhaltende Ethos des Museums könnte als Reflexion seiner Patronin interpretiert werden, die sich am liebsten fernab der Öffentlichkeit bewegt.

«Im Zentrum dieses Geflechts steht die Liebe der Rosengarts zur Kunst.»

Kerstin Bitar, kunstwissenschaftliche Leiterin der Sammlung Rosengart

Das wirft jedoch eine wichtige Frage auf: Wie kann sich eine Sammlung weiterentwickeln, die ein permanentes Zuhause hat und inhaltlich praktisch abgeschlossen ist? Dem eingangs beschriebenen Gefühl der stillstehenden Zeit wohnt auch immer die Gefahr inne, statisch zu werden. Und kein Museum will in einen Dornröschenschlaf verfallen.

Mitarbeiter präsentieren ihre Lieblinge

In gewisser Weise forcierte der Corona-Lockdown aber genau ein solches Szenario. Plötzlich blieben die Besucher weg. Wie umgehen mit der Situation? Was kann man als Museum tun, wenn die Türen geschlossen bleiben?

Die Antwort der Sammlung Rosengart lautet: «Die Kunst kommt zu Ihnen nach Hause.» In einer Reihe von kurzen, inhouse produzierten Videos stellen die Museumsmitarbeiter ihre jeweiligen Lieblingsbilder der Sammlung vor. Mittlerweile sind über ein Dutzend solcher Clips entstanden. Unter anderem auch solche auf Englisch, Italienisch oder Französisch.

So kommt es etwa, dass der Haustechniker die «Hafeneinfahrt von St. Tropez» von Paul Signac vorstellt. Die Rezeptionistin zieht es derweil zum Impressionisten Paul Cézanne – weshalb, verrät sie auch auf Niederländisch. Und der Gebäudemanager erklärt – mit einem Augenzwinkern –, weshalb der Boden vor dem «Kauernder Akt, Vallauris» noch ein Quäntchen sauberer ist als sonst wo im Museum. Die Blickwinkel der Mitarbeiter erlauben einen gänzlich neuen Zugang zu manchen der ausgestellten Werke.

Videoreihe soll weitergetragen werden

Die Videoreihe ist ein kleiner, aber bewusster Effort, um die schützenden Mauern des Museums sanft aufzubrechen und das Innere nach aussen zu tragen. «Die Idee dazu wuchs schon lange vor dem Corona-Lockdown heran», sagt Kirstin Bitar rückblickend. «Die Zwangspause verlieh dem Projekt aber sicherlich einen gewaltigen Schub.»

Bei Angela Rosengart sei man auf offene Ohren und einen offenen Geist gestossen. «Sie ermutigte uns, das Projekt auch in die Zukunft weiterzuziehen.» Spannend: Angela Rosengart schreibt keine E-Mails, sondern Briefe. Sie besitzt auch keinen Internetzugang. Dennoch sei der 88-Jährigen bewusst, dass solche digitalen Lösungen dazu beitragen können, die Geschichte des Hauses und ihrer Kunstwerke weiter in die Zukunft zu tragen.

Weitere digitale Projekte sollen folgen. Zudem ist die Sammlung Rosengart mittlerweile auf den gängigen sozialen Medien präsent.

Normalität kehrt nur schleppend zurück

Dennoch: Die Erleichterung, endlich wieder Besucher empfangen zu können, sei immens gewesen, sagt Kerstin Bitar. Nach ersten Familienführungen kann nun etwa auch das Programm «Kinder führen Kinder» weitergeführt werden, bei dem der Name Programm ist.

Es kehrt «Normalität» ein, auch in der Sammlung Rosengart. Es ist aber eine langsame Rückkehr. Wie anderen Museen fehlen auch der Sammlung Rosengart die ausländischen Besucher. Wann die Touristen wieder kommen, ist noch nicht absehbar. Rund 70 Prozent der Besucher machen diese Gruppe bei der Sammlung Rosengart aus.

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