Russ ist rausgeschaufelt, ZKB wieder begehbar

Die ganze rechteckige Pracht: So sieht die Zuger Kantonalbank von innen aus

Rechts die Aussicht, links Niquilles Büro.

(Bild: fam)

Sie hatte gebrannt, und wie. Und dann musste man von vorne anfangen mit dem Hauptgebäude der Zuger Kantonalbank. Aber: Seit zwei Tagen ist die ZKB wieder in ihrem Stammhaus. Und wir wagen einen ersten Blick hinein. Bitte aufpassen: Interessante architektonische Entscheidungen im Tresorraum.

Keine zwei Jahre ist es her, da tropfte es hier noch gewaltig. Das Dach pechschwarz, die nagelneuen Fenster zerbrochen, die Rauchfahne hüllte alles ein, was sich in Sichtweite befand. Die Bilder waren dramatisch. Heute sitzt ganz entspannt in demselben Stockwerk der Präsident der Zuger Kantonalbank und freut sich. Am Montag ist seine Bank umgezogen. Zurück auf Platz eins, vom Bahnhof an den Postplatz – im Monopoly kein guter Zug, in Zug ein Moment der Wiederherstellung der kleinstädtischen Seele.

Am Dienstag durften Medien rein, am Samstag ist Publikums-Eröffnung. Das neue alte Haus der Zuger Kantonalbank steht wieder da, in seiner ganzen rechteckigen Pracht, mitten am Postplatz, an der Grenze zwischen alter und neuer Stadt. ZKB-CEO Pascal Niquille sagt: «Der Brand, natürlich kann man das Thema nicht ignorieren. Dadurch, dass es aber nur Sachschaden gegeben hat, ist das nicht an uns hängen geblieben.»  

Artgerechte Haltung

Keine schlechten Gefühle, kein Trauma, keine Kosten – die Brandschutzversicherung deckt die 12,5 Millionen Franken ab, die der Brand gefressen hat, eine Ursache wurde bis heute nicht gefunden. Vielleicht ist sogar das Gegenteil der Fall: Die Belegschaft freue sich umso mehr, endlich ins Haus zurückzukommen, gerade weil es ein Jahr länger gedauert habe, sagt Niquille. Wie gross die Freude tatsächlich ist, ist schwer abzuschätzen, die Bankangestellten sehen in ihren Kravatten und deux-piece nach artgerechter Haltung aus und wirken dabei durchschnittlich glücklich.

Obwohl – ein Team unterwegs an eine Besprechung im brandneuen Sitzungszimmer federt schon recht beschwingt über den brandneuen Teppich – und eine gewisse Euphorie kann man sich gut vorstellen, wenn man hier durch die Gänge schlendert. In den Garderoben hängen die ersten schwarzen Sakkos, auf den Pulten liegen die ersten Notizen, die Besprechungszimmer sehen aus wie aus dem Katalog.

Elegant, luftig, auf Hochglanz lackiert

An schöner Aussicht mangelt es jedenfalls nicht. Nicht mal in der hintersten Ecke des Gebäudes: Durchsichtig ist das Haus, durch den Innenhof hindurch, durch glasbewehrte Besprechungszimmer, von unten bis oben. Von den Florence Knoll-Möbeln bis zum grünen Marmor im Foyer. Von der Staub-Statue im ersten Stock bist zuoberst, wo Niquille und die Geschäftsleitung ihre Büros aufgeschlagen haben. Man steht auf der Terasse und blickt rüber und runter aufs Regierungsgebäude, auf den See, auf die Altstadt, ist sogar versucht, ein wenig auf den Park Tower hinabzuschauen, einfach der schönen Lage wegen.

Obwohl, dazu brauchts etwas Fantasie. «Wir sind die einzige Bank, die hier in Zug ihren Hauptsitz hat», sagt Niquille beim Kaffee vor der Pressekonferenz, «die einzigen, die alle wichtigen Entscheide direkt hier in Zug treffen.» Das Haus passt zu ihm – gleichzeitig elegant, luftig, auf Hochglanz lackiert, aber freundlich und zurückhaltend. Eine Mischung aus globaler Aufgeräumtheit, 60er-Jahre-Chique und kleinstädtischer Bodenhaftung.

«Sie können sich ja vorstellen, dass das für eine Bank ein denkbar schlechter Tag zum Zügeln war. Wenn wir das gewusst hätten.»

Pascal Niquille, Präsident der Geschäftsleitung der ZKB

Durch ein helles Gebäude führt Niquille, über Marmor und Teppich, durch die frisch gebaute Galerie rund um den Lichthof, früher offen, heute bedeckt. Führt durch Grossraumbüros am Rand, alles sichtbar. «Von überall her sieht man den See», sagt Niquille und es stimmt. Es sieht aus, als wären die Mitarbeiter schon seit immer hier, keine Kisten mehr da.

Brexit erwischt die ZKB eiskalt

Der Zügeltag war ausgerechnet an jenem Freitag, an dem die Briten sich gegen die EU entschieden haben, obwohl sie offenbar gar nicht so recht wussten, was das ist – die zweihäufigste Google-Anfrage in GB am Freitag war offenbar: «What ist the EU?». Aber auch in Zug gab es Fragen. «Sie können sich ja vorstellen», sagt Niquille auf dem Gang zwischen einem Guido Baselgia und einem Türrahmen, «dass das für eine Bank ein denkbar schlechter Tag zum Zügeln war. Wenn wir das gewusst hätten.»

Sohn baut Haus des Vaters um

Alphons Wiederkehr ist der Sohn von Alfons Weiderkehr, der das Haus in den 60ern zusammen mit Leo Hafner gebaut hatte. «Es ist eine spezielle Aufgabe, so ein Haus umzubauen», sagt Wiederkehr. «Besonders auch deshalb, weil es der Gründungsbau unseres Architekturbüros war.» Die ZKB hatte damals den Auftrag an zwei junge Architekten gegeben, mit der Auflage, dass sie mindestens bis zum Abschluss des Baus ein gemeinsames Architekturbüro gründen sollten.

Wiederkehr ist mit Vorsicht an den Bau seines Vaters geraten, oder wenigstens an dessen Idee. «Wir mussten praktisch auf den Rohbau zurück, wegen der neuen Sicherheits-Bestimmungen.» Das alte Haus war papierdünn gebaut gewesen, wegen der instabilen Seekreide im Untergrund, es schwamm quasi im Grundwasser. Die Böden waren gerade mal sechs Zentimeter dick. Das neue alte Haus steht jetzt auf 60 Pfählen, darf viel schwerer sein.

Die Berater blieben bis zuletzt im alten Gebäude, durften erst am Abend ihre Sachen packen, als der Ansturm von Anfragen abflaute. Wobei, sagt Niquille, die Leute schon viel abgebrühter reagieren würden als früher. «Wenn es vor zehn Jahren so eine Schwankung gegeben hätte, wären die Menschen in Panik ausgebrochen.» Heute sagen sich die Leute: Die Kursschwankungen bleiben unter zehn Prozent? Halb so schlimm.

Für 25 Millionen Franken hat die Zuger Kantonalbank ihren Hauptsitz renoviert, denkmalrelevant, sagt Stefan Hochueli, der Leiter des Amts für Denkmalpflege und Archäologie, sind davon nur 1,5 Millionen Franken. Der Rest ist praktisch ein Neubau. «Aber das sieht man nicht», sagt Hochueli, «es ist so raffiniert gebaut, dass man das Gefühl bekommt, es könnte alles schon so gewesen sein. Man weiss nicht, was neu ist und was nicht.»

Tiefergelegtes UFO

Aber der Architekt Alphons Widerkehr von Wiederkehr Krummenacher Architekten hat nicht nur Altes neu gebaut, nicht nur Marmor ausgebaut, geputzt und wieder eingesetzt. Er hat sich auch die eine oder andere Spielerei erlaubt. Gerade betritt Niquille und die kleine Medienmeute den Tresorraum, respektive den Raum mit den Schliessfächern. Der Eingangsbereich ist pechschwarz, aus dem Tresor leuchtet es hell, und entlang der Schliessfachschränke schlängelt sich ein leuchtblaues LED-Lichtband, als wäre der Tresor ein tiefergelegtes Ufo.

Hat das blaue Licht banktechnische Gründe, fragen wir Niquille, und der schaut verdutzt drein, und Wiederkehr muss grinsen. «Ehrlich gesagt, ich war fast etwas überrascht, dass sie das durchgewunken haben», sagt er. «Wir wollten den Tresorraum futuristisch inszenieren, weil er ja auch brandneu ist.» Das Schwarz im Vorraum habe die Bankleute erst etwas verwirrt. «Aber wenn man ihnen erklärt, dass das besonders nützlich ist, weil man auf Schwarz verlorenen Schmuck besser findet», sagt Wiederkehr, «dann finden sie das eine gute Idee.»

Nachkriegsbau, der dem «Postplatz ein Gesicht verleiht»

Es scheint allen Beteiligten gut zu tun, das Resultat der jahrelangen Arbeit. Die Bauherrin ist stolz, die Architekten ebenfalls, und sogar die Denkmalpflege ist begeistert. Es sei ein Präjudiz dafür, wie Denkmalpflege im Jahr 2016 funktioniert, sagt Regierungsrätin Manuela Weichelt. «Stadt und Kanton brauchen ihre Denkmäler», sagt Weichelt, «in Zeiten wie diesen, wo so viel Bausubstanz verschwindet.»

«Wie die Zuger Kantonalbank an diesen Bau herangegangen ist, das ist wirklich sehr vorbildlich – sie hat die alte Bausubstanz weiterentwickelt», sagt Stefan Hochueli. So sei gute Denkmalpflege– nicht einfach erhalten, sondern mit Respekt vor dem alten etwas neues entwickeln. «Wunderschön» findet Regierungsrätin Manuela Weichelt den Bau, «jedes Mal wenn ich am Morgen ins Büro komme, oder spätabends gehe, sehe ich das Haus in einem anderen Licht.»

Es sei ein Paradebeispiel für gute Zusammenarbeit zwischen Eigentümer, Architekten und Denkmalpflege. Und eines der Häuser, die die Stadt prägen. «Der Zuger Postplatz ist ohne dieses Haus gar nicht vorstellbar», sagt Weichelt. «Es ist der Nachkriegsbau, der dem Stadtzentrum ein Gesicht verleiht – zusammen mit dem Regierungsratsgebäude und dem leider momentan verwaisten Post-Gebäude.»

Niquille zeigt eine Grafik aus dem ursprünglichen Siegerprojekt von Hafner und Wiederkehr. Der Postplatz ist darauf verkehrsbefreit, die ZKB umringt von anderen damals modernen Gebäuden. «Wenn man sieht, wie man sich das damals schon vorgestellt hat», sagt Niquille, «dann zeigt sich, es war ein zukunftsorientierter Bau.» Und wer weiss: «Das mit der Verkehrsbefreiung kommt vielleicht auch noch.»

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