Gemeinde Meierskappel

Die Fusion ist in Meierskappel noch nicht vom Tisch

Die Kirche steht noch im Dorf, aber das Dorf will weg: Meierskappel träumt immer noch von der Fusion mit Risch-Rotkreuz.

(Bild: zvg)

Die Gemeinde am Rand des Kantons Luzern hat den Sprung nach drüben schon einmal gewagt – und ist gestolpert: Der Zuger Fusionskandidat Risch-Rotkreuz hat Nein gesagt. «Die Braut stand bereit», sagt der Meierskappeler Gemeindepräsident, «aber der Bräutigam hat sie nicht abgeholt.» Das ist neun Jahre her. Und die Braut wartet immer noch.

Meierskappel hat eine Dorfbäckerei, vier Bushaltestellen und ein Problem: Es ist zu klein. Und der naheliegendste Fusionskandidat Risch-Rotkreuz hat Nein gesagt. Das war 2005: Die Bevölkerung der Zuger Gemeinde wollte keine Fusion über die Kantonsgrenze, wollte sich nicht mit der kleinen Luzerner Gemeinde Meierskappel zusammentun: Die spekulieren nur auf tiefere Steuern, dachte mancher in Risch, und höhere Grundstückspreise, und am Schluss muss man denen die Schulden zahlen.

Kein Wunder fühlt sich Meierskappel unverstanden. Und das bis heute, neun Jahre später: «Die Braut stand bereit, der Bräutigam wollte sie nicht abholen», sagt der Meierskappeler Gemeindepräsident André Iten.

Und die Braut wartet immer noch: «Die Fusion mit Risch ist für uns auch heute ein brandaktuelles Thema, natürlich: Gerade an der letzten Gemeindeversammlung hat ein Einwohner gefragt, ob der Gemeinderat die Fusion nicht wieder angehen könnte. Die Meierskappeler Bevölkerung spricht darüber. Es geht um die Zukunft der Gemeinde.»

Hoffnung auf LuzernPlus

Hat die Gemeinde Meierskappel neun Jahre nach dem Nein der Risch-Rotkreuzer Bevölkerung immer noch keine neue Vision entwickelt? «So wie die heutige Denk- und Vorgehensweise vorherrscht, gibt es keine wirkliche Alternative zur Fusion mit Risch-Rotkreuz. Wir fühlen uns vom Kanton Luzern immer wieder alleine gelassen, es interessiert die nicht stark, was in Meierskappel passiert.» Hoffnung setzt Iten allerdings in den Entwicklungsträger LuzernPlus, der der Region Luzern mit 25 Gemeinden eine Stimme geben will. «Davon erhoffe ich mir mehr Aufmerksamkeit vom Kanton.» Der Verband LuzernPlus setzt sich für eine übergemeindliche, regionale Entwicklung ein. In diesem Zusammenhang sagt Iten, wäre es das Schlaueste, wenn mindestens Meggen, Adligenswil, Udligenswil und Meierskappel fusionieren würden. Sagt er und ergänzt: «Aber das ist für uns Schweizer wohl ein Schritt zu weit gedacht.»

«Zwei Kranke werden zusammen nicht gesünder»

Denn für Meierskappel sei die Sache nach wie vor klar: «Es wird über kurz oder lang nicht ohne Fusion gehen», so Iten. Und die Fusion mit Risch sei die einzige, die wirklich Sinn mache. «Sehen Sie sich doch an, wohin die Gemeinde orientiert ist: In fünf Minuten ist man in Rotkreuz, beim Bahnhof. Stellen Sie sich mal an einem Morgen an die Bushaltestelle und schauen Sie, wo unsere Bevölkerung hauptsächlich hinfährt.» Richtung Udligenswil und Luzern? Bestimmt nicht, sagt Iten. Deshalb setzt er keine Hoffnung auf eine Fusion in Richtung Udligenswil: «Zwei Kranke zusammen werden nicht gesünder: Selbst mit Udligenswil und Adligenswil zusammen wäre die Gemeinde immer noch zu klein, um erfolgreich überleben zu können.» Deshalb müsste die Fusion mit Risch wieder angerollt werden.

Eine neue Bewegung ist nicht in Sicht

Und vielleicht gibt es neue Hoffnung, denn die Situation hat sich geändert: Meierskappel ist mittlerweile schuldenfrei. «Unsere Schulden waren damals ein wichtiges Argument in der Debatte. Wir haben uns saniert, das könnte in einer neuen Abstimmung die Meinungen positiv beeinflussen. Und die Rischer Bevölkerung ist stark gewachsen, vielleicht hat sich die öffentliche Meinung über eine Fusion auch grundsätzlich geändert.» Nur, dass es zu einer neuen Abstimmung überhaupt kommen könnte, dafür stehen die Chancen schlecht.

Denn dafür fehlen schlicht die Leute. «Wir im Gemeinderat können das nicht wieder anstossen, dafür war der Volksentscheid in Risch zu deutlich. Das muss aus der Meierskappeler Bevölkerung kommen.» Nur ist diese Bevölkerung politisch nicht sehr aktiv: Die CVP hat sich faktisch aufgelöst, die FDP ist inaktiv, die SVP unternimmt nicht viel, so Iten. Seine eigene Partei GiB-M (Gruppe interessierter Bewohner/innen Meierskappel, ausgesprochen: «gib em») sei in den späten 90er-Jahren aufgrund der schwierigen politischen Verhältnisse in Meierskappel entstanden, sagt Iten. GiB-M hat die erste Fusionsdebatte angestossen und stellt jetzt selber zwei Gemeinderäte. Aber die Gruppe hat gleichzeitig mit ihrer Etablierung an Schwung verloren. Und eine neue Bewegung ist nicht in Sicht.

Zwangsfusion könnte Thema werden

Die Alternative zu einer neuen Fusions-Debatte ist allerdings düster: Eine Zwangsfusion könnte in zehn Jahren zum Thema werden, wenn Meierskappel als Gemeinde nicht mehr überlebensfähig sein sollte. Und dass diese Möglichkeit besteht, das zeigen die letzten Anstrengungen der Gemeinde: Gerade hat sie das Steueramt mit der Stadt Luzern fusioniert, und gleichzeitig die Musikschule mit der Gemeinde Risch. «Das Steueramt konnten wir gut mit Luzern fusionieren, das macht Sinn: In der Stadt gehen unsere Steuerfälle in der Masse unter. Bei uns ist das nur eine Person, die die Fälle bearbeitet, und wenn sie ausfällt, geraten wir bei den Einschätzungen ins Hintertreffen. Dann kommt schnell der Kanton und fordert von uns, wir müssten mehr Stellenprozente einrichten. Und das können wir uns einfach nicht leisten.»

Das Steueramt ist aber nur eines der Symptome: Die Gemeinde ist schlicht zu klein, um die immer komplexeren Geschäfte und Aufgaben alleine stemmen zu können. «Und in anderen Dingen können wir uns nicht einfach nach Luzern ausrichten. Meierskappel hat sich schon lange der Nähe wegen nach Rotkreuz orientiert. Deshalb bestehen etliche Zusammenarbeiten, so zum Beispiel bei der Oberstufe der Schule und beim Alterszentrum. Bei den bestehenden Zusammenarbeiten eine Neuausrichtung vorzunehmen, würde in der Bevölkerung kaum verstanden werden.»

Gemeinde Risch sieht keinen Handlungsbedarf

In Risch-Rotkreuz ist die Lage weniger dramatisch: «Für uns besteht kein Handlungsbedarf», sagt Gemeindepräsident Peter Hausherr, «und die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Meierskappel funktioniert gut, das sieht man auch bei der kürzlich beschlossenen Zusammenlegung des Musikschulwesens.»

Seiner Gemeinde sei die Abstimmung von 2005 zwar noch im Gedächtnis, aber über eine Fusion werde nicht mehr diskutiert: «Das ist kein Thema. Für Risch ist der Gedanke auch nicht dringend, die Gemeinde ist gut aufgestellt. Es gibt viele andere grosse Themen, die uns im Moment beschäftigen, deshalb wird der Gemeinderat nicht von sich eine Fusion auf das Tapet bringen.» Man müsse auch abwägen, wie viel Aufwand die Planung einer Fusion mit sich bringen würde. «Da müsste man viele Detailfragen erörtern, das ist eine Aufgabe, die unsere voll ausgelastete Verwaltung nicht einfach so erbringen kann. Dafür bräuchte es einen starken Impuls aus der Bevölkerung.» Zudem habe der Kanton Luzern damals klare Signale gegeben, dass er sich einer Fusion über die Kantonsgrenze entgegenstellen würde. «Und das Verdikt der Bevölkerung war deutlich: Die Rischer wollten keine Fusion.»

Debatte «über Neid geführt»

Für Meierskappel überlebenswichtig, für Risch nicht dringend, die Lage für eine neue Fusionsdebatte ist schwierig. Dabei hätte eine Fusion auch für Risch finanzielle Vorteile, sagt André Iten. «Das haben damals die Rischer falsch verstanden. Risch muss keine Schulden von Meierskappel übernehmen.» Im Gegenteil: Wenn Meierskappel zur Gemeinde Risch fusionieren würde, dann würden in Meierskappel die Bodenpreise steigen, so Iten. Ein Teil dieses Gewinns fliesst in die Grundstücksgewinnsteuer. «Und wo würde diese Steuer bei einer Fusion anfallen? In Risch natürlich. Das habe ich kürzlich einem Rischer erklärt, der gegen die Fusion war. Da hat er nichts mehr gesagt.» Die Debatte sei stattdessen immer wieder über Neid geführt worden, auch beim Kanton Luzern. «Statt dass man einfach pragmatisch anschaut: Was wäre für die Entwicklung der Region am besten? Was macht am meisten Sinn? Und Meierskappel liegt nun mal am Rand der Boomstadt Risch-Rotkreuz.»

 

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