Nach 11 Jahren ist Schluss an der Bernstrasse

Die Erlösung der Empörten: Erotikshop schliesst Ende Januar

Ab dem 27. Januar geschlossen: Der Libosan-Laden an der Bernstrasse in Luzern.

(Bild: zvg/XL Media)

Der Erotikshop Libosan an der Bernstrasse schliesst im neuen Jahr seine Türen. Dass er das Geschäft zu macht, kommt für den Betreiber jedoch nicht überraschend. Nach diversen Drohungen von empörten Personen sind es nun wirtschaftliche Gründe, die zur Aufgabe des Ladens führen.

Der Erotikshop Libosan an der Bernstrasse in Luzern erregte während Jahren die Gemüter vieler Personen im Quartier. Viele störten sich an den in den Schaufenstern präsentierten Produkten. Immer wieder wurde versucht, dem Geschäft den Garaus zu machen.

Thomas Scheurer, Inhaber des Sexladens, erhielt kurz nach der Eröffnung neben einer Drohung mit einer Stinkbombe auch Post von der Luzerner Bildungsdirektion, die sich  am Geschäft gestört zu haben schien, erinnert er sich.

Unter anderem mit dieser Postkarte wurde Ladenbesitzer Thomas Scheurer bedroht.

Unter anderem mit dieser Postkarte wurde Ladenbesitzer Thomas Scheurer bedroht.

(Bild: zvg/XL Media)

Shop im Quartier mit schwerem Stand

Der Sexshop liegt am Schulweg vieler Kinder, die das Schulhaus Grenzhof besuchen. Deshalb müsse er weg, lautete der Tenor seit der Eröffnung. Deshalb wären vor allem die Schaufenster ein Problem, hört Scheurer die Stimmen noch heute. Sogar die Justiz wurde bemüht, um dem Treiben am Luzerner Stadtrand ein Ende zu setzen. «Alle möglichen Gesetze wurden herangezogen, auch ganz alte Zöpfe», sagt er.

Letztlich aber ohne jeglichen Erfolg. «Wir haben uns stets an die gesetzlichen Bestimmungen gehalten», so Scheurer. Die Auslagen in den Schaufenstern seien stets korrekt gewesen. Verfehlungen konnten dem Betreiber denn auch nie nachgewiesen werden. 

Den Zenit erreichte die öffentliche Empörung über das Erotikgeschäft durch dessen Auszeichnung mit der so genannten «sauren Zitrone» durch das Kinderparlament der Stadt Luzern. «Der Shop wurde für besonders kinderfeindliches Verhalten getadelt», erinnert sich Thomas Scheurer. Den Preis nahm er damals nicht entgegen.

«Der Erotikhandel ist zum Tode verurteilt.»

Thomas Scheurer

Wieso Kinder, die gar keinen Zutritt zum Laden haben, sich öffentlich gegen den Laden gestellt hatten, kann sich Scheurer nur so erklären: «Hier wurden bewusst Kinder vor den Karren gespannt, um dem Shop den Garaus zu machen. Diese Instrumentalisierung der Kinder finde ich sehr fragwürdig», so Scheurer. 

Schliessung eine Frage der Zeit

Trotz den diversen Anfeindungen von verschiedener Seite machte Scheurer unbeirrt weiter. Doch nun ist für alle Empörten die Erlösung gekommen. Der Libosan-Shop schliesst am 27. Januar für immer seine Türen. Zwei Angestellte verlieren ihren Arbeitsplatz.

Muss seinen Erotikladen an der Bernstrasse schliessen: Inhaber Thomas Scheurer.

Muss seinen Erotikladen an der Bernstrasse schliessen: Inhaber Thomas Scheurer.

(Bild: zvg/XL-Media)

«Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Shop letztlich geschlossen würde», sagt Inhaber Thomas Scheurer. Die Gründe seien aber rein wirtschaftlicher Natur und hätten keinesfalls mit den Konflikten mit Anwohnern und Behörden zu tun. «Das Erotikgeschäft ist heute schlicht und einfach kaum mehr rentabel», erklärt Scheurer das Aus des Ladens.

Filme als Haupteinnahmequelle

Die rosigsten Zeiten erlebte der Sexshop 2007, gleich im Jahr nach der Eröffnung. Auch wenn das Geschäft nie eine Goldgrube war, wie Scheurer erklärt. Der Handel mit Erotikartikeln sei ein Knochenjob, sagt er. «Wer nicht das Ziel hat, reich zu werden, kommt damit aber durchaus über die Runden.»

«Gut liefen lange vor allem Pornofilme», blickt Scheurer, der seit 1988 im Erotikhandel tätig ist, zurück. Sie hätten stets den grössten Teil seines Umsatzes generiert. Dies sei seit der Legalisierung solcher Streifen in der Schweiz im Jahr 1992 in diesem Business generell so gewesen.

«So hatten wir auch an der Bernstrasse gute Jahre.» Pornofilme würden eine hohe Marge aufweisen. Ganz im Gegenteil zu Sextoys, so der 57-Jährige.

Mehrere Dutzend Angestellte

Dass das Erotikgeschäft schon durchaus gute Zeiten erlebt habe, zeige sich gemäss Scheurer daran, dass seine Firma, welche in der Schweiz mehrere Shops betreibt, alleine an ihrem Hauptsitz im aargauischen Othmarsingen zeitweise 18 Mitarbeitende zählte. Hinzu kamen die Angestellten in den einzelnen Läden. Insgesamt waren es gut 35 Personen.

Mittlerweile arbeiten indes nur noch eine Handvoll Leute am Firmensitz. Dies habe mit dem kontinuierlichen Niedergang des Gewerbes zu tun, so Scheurer. Es gelte deshalb, einen geordneten Ausstieg zu finden. «Ein Festhalten an den Shops wäre wirtschaftlich unverantwortlich», sagt er.

Onlinehandel ist keine Option

Auch die weiteren Erotikgeschäfte werde er nach und nach schliessen und sich mittelfristig komplett aus diesem Geschäftsbereich zurückziehen, sagt Betriebsökonom Thomas Scheurer. Der Löwenanteil von Sexartikeln jeglicher Art werde heute online eingekauft.

Da Pornographie heute im Internet kostenlos konsumiert werden könne, falle das Hauptgeschäft mit den Filmen in den Geschäften weg. Es gebe nicht genug neue Kundschaft, während die bisherige immer mehr verschwinde.

«Es gibt Leute, die den Shop vermissen werden.»

Thomas Scheurer

Steigt auch Thomas Scheurer in den Onlinehandel ein? «Dies ist keine Option», sagt er. Denn auch der Erotikhandel im Internet sei hoch defizitär. Viele Investoren würden hier ihr Geld verbraten.

Egal ob online oder im Laden: Der vermeintliche Hype um Sexartikel, der von vielen Anbietern angepriesen werde, sei eine reine Werbemasche. «Alle warten auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, an dem sie mit dem Erotikhandel reich werden», erklärt sich Thomas Scheurer die momentane Situation auf dem Markt. Er selber werde sicher nicht mitmachen, betont er.

Seine Firma werde sich künftig anders orientieren. Das geänderte Konsumverhalten habe in seinem Fall nun erreicht, woran die Moralapostel jahrelang gescheitert seien, sagt Thomas Scheurer.

«Erotikmarkt» bislang zufrieden

«Auch wenn einige wohl über die Schliessung froh sein werden, gibt es sicher auch Leute, die den Laden vermissen werden», ist Scheurer überzeugt. Denn einige Kunden würden auch heute, trotz Internet, die persönliche Beratung in einem Erotikgeschäft noch schätzen.

Dies bestätigt auch Phil Scheck, Verkaufsleiter der Kette «Erotikmarkt». «Vor allem junge Leute kommen in die Filialen und wollen sich die neusten elektronischen Geräte von Angestellten persönlich erklären lassen», sagt er.

Trotzdem spürt auch «Erotikmarkt» insbesondere die Verlagerung des Geschäfts zu grossen internationalen Anbietern im Netz. Dies sei aber nicht ein spezifisches Problem der Erotikbranche, sondern des gesamten Detailhandels.

In den vergangenen Jahren wurden schweizweit sechs Filialen des «Erotikmarkts» geschlossen. Darunter auch diejenige in Ebikon. Damit wolle man die Filiale beim Littauer Boden stärken. Gesamthaft sei der Geschäftsverlauf zufriedenstellend, so Scheck.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von myjoy
    myjoy, 09.11.2021, 05:46 Uhr

    Die Zeiten haben sich wirklich rasant geändert. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich vor Jahren in Luzern öffters war da waren wir auch bei libosana. Die Angestellten waren wirklich super nett und hilfsbereit.

    Heute hat sich das ganze komplett ins Internet verlagert und man kann heute alles von Daheim aus bestellen und erhält es bequem am nächsten Tag.

    Irgendwie vermissen wir auch als jetziger Onlinehändler die guten Alten Zeiten, als wir noch Kunden im Laden begrüssen durften.

    Liebe Grüsse euer myjoy.ch Team

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