Zuger Denkmalschutz

Die Denkmalpfleger wollen es wissen

Nur 1,86 Prozent der Gebäude im Kanton Zug stehen unter Denkmalschutz, ein grosser Teil davon steht in der Zuger Altstadt. Die schweizerische Norm liegt bei fünf bis acht Prozent. (Bild: fam)

Welche Art von Denkmalschutz will der Kanton Zug in Zukunft betreiben? Eine Motion hatte im Januar die Neuorganisation der Denkmalpflege gefordert. Statt sich dagegen zu verteidigen, nimmt die Denkmalpflege die Herausforderung an.

«Denkmalschutz ist Teil unseres gesetzlichen Auftrages», sagt Stefan Hochuli, Leiter des Amts für Denkmalpflege, «wir setzen uns für Denkmalschutz ein, weil es ein Bedürfnis der Gesellschaft ist, Heimat zu haben.»

Ein Bedürfnis, das es momentan schwer hat im Kantonsrat: Drei Motionäre rund um den Generalunternehmer und Kantonsrat Thiemo Hächler haben im Januar eine Motion eingereicht, in der sie die Reorganisation der Denkmalpflege fordern: Die Leistungen der Denkmalpflege seien schlecht, ein Verzeichnis über alle geschützten Gebäude seit Jahren nicht vorhanden und das Inventar über schützenswerte Gebäude fehle trotz Auftrag. Zudem habe die Denkmalpflege nur einzelne Objekte schützen können, keine Ortsbilder.

Das sind Vorwürfe, die für die Denkmalpflege zum Teil leicht zu entschärfen wären: Das von den Motionären geforderte Verzeichnis der geschützten Gebäude zum Beispiel besteht schon seit 1991 und ist online abrufbar. Der Ortsbildschutz ist Aufgabe der Gemeinden, die kantonale Denkmalpflege darf dabei nur beraten. Der Schutz einzelner Gebäude ist die eigentliche Kernkompetenz der Denkmalpflege, nur dafür hat sie einen Auftrag. Das Inventar für schützenswerte Bauten ist allerdings tatsächlich noch nicht vollständig.

«Das ist eine Chance für die Denkmalpflege»

Statt sich aber einzubunkern und gegen die Motion zu verteidigen, setzt die Denkmalpflege auf Angriff: «Die Motion löste kurzfristig einen Schock im Amt aus», sagt Regierungsrätin Manuela Weichelt, «Aber wir erkannten schnell: Das ist eine Chance für die Denkmalpflege.» Eine, die auch genutzt wird: Das Amt startet im Juni eine grossangelegte, von Externen durchgeführte Umfrage bei Partnern und Kunden: «Wir möchten herausfinden, wie die Denkmalpflege dasteht, wo der Schuh drückt, und wo Verbesserungen anstehen», sagt Weichelt.

Was wäre eine ideale Folge dieser Umfrage? «Dass es über den Denkmalschutz eine stärkere öffentliche Debatte gibt», sagt Stefan Hochuli, «dass sich die Bürger dazu wieder mehr Gedanken machen und den Denkmalschutz als Aufgabe der Gesellschaft wahrnehmen.»

«Ein respektvoller Dialog»

Die Denkmalpflege stellt sich der Herausforderung, und das kommt beim Motionär an: «Die Motion hat viel Positives ausgelöst», sagt der Generalunternehmer und CVP-Kantonsrat Thiemo Hächler. «Es sehen heute alle Parteien eine Chance in der Aufarbeitung des Themas Denkmalpflege. Es findet ein guter und respektvoller Dialog statt.» Liegt aber eine stärkere Denkmalpflege überhaupt im Interesse des Motionärs? «Dass die Interessen eines Denkmalpflegers und eines Generalunternehmers nicht aus dem gleichen Blickwinkel betrachtet werden können, das liegt wohl in der Natur der Sache», sagt Hächler, «obwohl ich auch schon gute Erfahrungen mit der Denkmalpflege gemacht habe.»

«Es sehen heute alle Parteien eine Chance in der Aufarbeitung des Themas Denkmalpflege.»

Thiemo Hächler, Kantonsrat

Aber haben konservative Wähler wie die der drei Motionäre nicht auch ein Interesse daran, dass schöne Häuser erhalten bleiben? «Ich bin durchaus davon überzeugt, dass auch bürgerliche Politiker und Wähler eine Denkmalpflege wollen. Der Erhalt von wertvoller Bausubstanz und Ortsbildschutz hat sehr viel mit Emotionen, Erinnerungen und auch Heimatschutz zu tun. Wir Motionäre sind davon überzeugt, dass die Denkmalpflege im Kanton Zug durchaus gestärkt aus diesem Prozess herausgehen kann», sagt Hächler.

Das bedeute für ihn allerdings nicht, dass in Zukunft mehr Gebäude geschützt werden sollen. «Wir möchten stattdessen, dass das Amt für diese Aufgaben klare Richtlinien erhält. Es soll nicht mehr vorkommen, dass in letzter Minute vor einer Baubewilligung das Amt für Denkmalpflege quasi ein Vetorecht ausüben kann.»

«Wir sind froh, dass wir im Zuge dieser Motion die Chance erhalten, unsere Arbeit und unsere Prozesse dem Kantonsrat vorzustellen», sagt Stefan Hochuli, «und dass im Rat intensiver über die Denkmalpflege nachgedacht wird.» Denn dass es Herausforderungen gebe, da seien sich auch die Denkmalpfleger einig: Wo das Amt im Jahr 2004 noch 176 Baugesuche bearbeiten musste, waren es im Jahr 2013 mehr als doppelt so viele: 381.

«Wie die alte Fasnacht»

«Die Anforderungen an das Amt steigen stetig», sagt Hochuli, «wir versuchen unsere Prozesse und Ressourcen laufend daran anzupassen.» Ein grosses Problem allerdings sei das Fehlen des vollständigen Inventars über schützenswerte Gebäude: Das Inventar würde Besitzern von Liegenschaften Rechtssicherheit bieten. Dank ihm wüssten Interessierte schon vor dem Kauf einer Liegenschaft; bei einem Umbau wird sich die Denkmalpflege einschalten. 2018 soll das Inventar fertig sein. Dessen Vervollständigung entsteht, so Hochuli, auf Initiative der Direktion des Inneren und werde von Gemeinden und vielen Eigentümern unterstützt.

«Das ergänzte Inventar wird vieles erleichtern», sagt der kantonale Denkmalpfleger Artur Bucher: «Solche Fälle wie an der Rigistrasse in Zug könnten künftig verhindert werden.» Beim Doppelhaus an der Rigistrasse 6 / Gartenstrasse 7 schritt die Denkmalpflege erst spät im Planungsprozess ein, da das Haus noch nicht im Inventar schützenswerter Gebäude aufgenommen worden war. «Das ist uns natürlich sehr unangenehm, wenn wir wie die alte Fasnacht im letzten Moment ein Projekt stoppen müssen, weil wir das Haus erst noch überprüfen müssen.»

Warum eckt in Zug die Denkmalpflege so sehr an?

Zug ist bei weitem nicht vorne mit dabei beim Denkmalschutz: 458 von total 24’638 Gebäuden sind unter Schutz gestellt, das sind 1,86 Prozent. Die schweizerische Norm liege bei fünf bis acht Prozent, so Hochuli. Warum eckt die Denkmalpflege in Zug so sehr an?

«Es sind die hohen Bodenpreise», sagt Artur Bucher, der kantonale Denkmalpfleger. «Der Boden, auf dem jedes alte Gebäude im Kanton steht, ist oft viel mehr wert als das Gebäude selber. Da verlieren viele Besitzer den Willen, Altes zu erhalten. Eigentümerschaften werten ihr Privatinteresse für einen Neubau höher als das Interesse der Allgemeinheit am Erhalt eines historischen Umfelds.» Dass es dieses öffentliche Interesse aber gibt, davon ist Stefan Hochuli überzeugt: «Wenn das Volk abstimmt, dann setzt es sich oft für den Erhalt ein. Zum Beispiel beim Schloss St. Andreas in Cham, wo ein hochstehendes Neubauprojekt von Herzog und de Meuron abgelehnt wurde. Das Volk wollte kein Stück der historischen Substanz aufgeben.»

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