Stadt Luzern muss umdisponieren

Die Corona-Krise hat Folgen für den Wahlkampf

Am Wahlsonntag im Luzerner Stadthaus ist normalerweise nichts mit Abstandhalten – dieses Jahr wird sich das ändern. (Bild: Jakob Ineichen)

Der Wahlsonntag in den Luzerner Gemeinden wird anders, als er in der Vergangenheit war: Das Corona-Virus und die damit verbundenen Massnahmen haben Anpassungen zur Folge. Welche genau, ist noch unklar. Hinter den Kulissen wird rege diskutiert.

Nicht nur die Wirtschaft leidet unter der Corona-Krise: Von den Einschränkungen des öffentlichen Lebens ist auch die Politik betroffen. Sowohl in Zug als auch in Luzern haben die Kantonsparlamente ihre Sitzungen abgesagt.

Das hat auch Auswirkungen auf politische Kampagnen im Hinblick auf den Abstimmungssonntag am 17. Mai. Der Luzerner Mieterinnen- und Mieterverband, dessen Initiative dann an die Urne kommt, hat am Mittwoch eine Verschiebung ins Spiel gebracht. Denn die Krise habe bereits jetzt massive Auswirkungen auf den Kampagnenverlauf und beschneide die öffentliche Meinungsbildung (zentralplus berichtete). Auf nationaler Ebene wird dies auch im Zusammenhang mit der Begrenzungsinitiative der SVP diskutiert.

Definitiv eingehalten wird hingegen der Termin der Wahlen in den Luzerner Gemeinden. Die kommunalen Wahlen am 29. März fänden indes geplant statt, bestätigte der Kanton am Dienstag gegenüber der «Luzerner Zeitung».

Ein aussergewöhnlicher Wahlsonntag

Doch der Wahlkampf in den Luzerner Gemeinden ist vom Corona-Virus abrupt ausgebremst worden. Statt über Parteiversprechen und politische Themen diskutiert die Bevölkerung derzeit über geschlossene Beizen und wirtschaftliche Einbussen. Die Parteien haben ihre Standaktionen eingestellt und ihre Wahlaktivitäten vor Ort abgeblasen.

Bei den Behörden wird derzeit über die Organisation der Wahlen beraten. Denn es stellen sich im Zusammenhang mit den vom Bundesrat angeordneten Empfehlungen viele Fragen. Noch unklar ist etwa, wie die Situation am Wahlsonntag vor Ort aussehen wird.

«Die aussergewöhnliche Situation rund um die Folgen des Corona-Virus wird auf jeden Fall Folgen haben für die städtischen Wahlen.»

Simon Rimle, Stadt Luzern

In der Stadt Luzern wuseln normalerweise viele Kandidaten, Medienschaffende und Angehörige von Politikern durch das Stadthaus. Wird der Zutritt zum Gebäude beschränkt? Wie wird dafür gesorgt, dass der nötige Abstand beim Stimmenzählen eingehalten wird? Braucht es zusätzliche Massnahmen?

Auf diese Fragen gibt es noch keine Antwort. Nur so viel: «Die aussergewöhnliche Situation rund um die Folgen des Corona-Virus wird auf jeden Fall Folgen haben für die städtischen Wahlen», sagt Kommunikationschef Simon Rimle auf Anfrage. Man stehe in Kontakt mit dem Kanton und mit dem Bund, der am Freitag die «ausserordentliche Lage» erklärt hat. «Sobald wir Klarheit haben, wie wir vorgehen wollen und können, werden wir informieren.»

Gratis abstimmen?

Die SP Stadt Luzern verlangt, dass die Wahlcouverts ausnahmsweise nicht frankiert werden müssen. Damit möchte die Partei die Wahlbeteiligung so hoch wie möglich halten, schreibt sie in einer Mitteilung. Denn es sei für die politischen Institutionen der nächsten Legislatur von hoher Wichtigkeit, dass die Legitimität uneingeschränkt bleibe. Die Stadt Luzern soll die Bevölkerung zudem speziell dazu auffordern, an den Wahlen teilzunehmen. Wegen des Coronavirus verzichtet die städtische SP ihrerseits auf ein Wahlfest am 29. März. Man werde sich mittels Videostream und den sozialen Medien an die Mitglieder wenden.

In der bislang bekannten Form werden die diesjährigen Wahlen kaum stattfinden können. Dem Vernehmen nach haben sich in der Stadt Luzern bereits zahlreiche Stimmenzähler für die diesjährigen Wahlen abgemeldet. Seitens Behörden wird das weder bestätigt noch dementiert.

Flacht die grüne Welle nun ab?

Spannend wird auch zu sehen sein, ob die Präsenz des Corona-Virus das politische Resultat beeinflusst. Es gibt Stimmen, die behaupten, in Krisenzeiten setzten die Wähler eher auf bewährte Kräfte und seien weniger wagemutig. Möglich ist auch, dass die Sorge um die Wirtschaft und den eigenen Arbeitsplatz nun stärker beeinflusst, welche Liste die Bürger einwerfen.

Zumindest hat die Corona-Krise die Themen Klimawandel, Verkehrsprobleme oder neues Theater abrupt aus der öffentlichen Debatte verdrängt. Was noch vor wenigen Wochen grosse Diskussionen auslöste, gibt kaum mehr zu reden. Daher ist denkbar, dass das Corona-Virus die grüne Welle, die 2019 noch für so viel Aufsehen sorgte, am 29. März abflachen lässt. In der Stadt Genf und im Kanton Thurgau haben die Grünen am letzten Sonntag zwar stark zugelegt. Allerdings haben die Wähler dort ihre Stimme abgegeben, bevor der Bundesrat am Montag den grossräumigen Stillstand des öffentlichen Lebens beschloss.

Anzunehmen ist auf jeden Fall, dass das Corona-Virus einen Einfluss auf die Wahlbeteiligung haben wird. Diese lag in der Stadt Luzern bereits vor vier und acht Jahren bei relativ bescheidenen 36,3 beziehungsweise 37,5 Prozent. Bis heute Mittwoch haben 7'880 Stimmberechtigte in der Stadt ihr Wahlcouvert abgeschickt – das entspricht einer Beteiligung von 14,8 Prozent. Obwohl einzelne Parteien auf den sozialen Medien zum Urnengang aufrufen: Derzeit dürfte das Ausfüllen und Abschicken der Wahlunterlagen bei vielen nicht oberste Priorität haben.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von faktencheck
    faktencheck, 20.03.2020, 10:37 Uhr

    «In der Krise Köpfe kennen» – dieser bekannte Spruch kann sich durchaus auf die Wahlen durchschlagen. Vor allem bei der Exekutive muss man in der gegenwärtigen Situation sorgfältig abwägen, ob man mit neuen Köpfen, welche die Dossiers, Mitarbeiter, Prozesse und Partner nicht kennen, kurz- und mittelfristig die erforderlichen Massnahmen treffen und umsetzen kann. Eine «frische» Legislative könnte dabei auch neue Impulse setzen.

    Dieser Wahlsonntag wird uns allen aufgrund der Umstände sicherlich in Erinnerung bleiben. Da viele stimmberechtigte Personen momentan zu Hause sind, müsste man von einer hohen Wahlbeteiligung ausgehen, auch wenn die Couverts nicht pauschalfrankiert sind. Ein Spaziergang zum Stadthaus – für sich oder solidarisch für andere – täte nicht nur der Demokratie gut.

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