Schiesssport in Luzern

Die Alten schiessen weiter

300 Meter wird meist im Liegen geschossen. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Immer mehr Schiessanlagen werden geschlossen oder zusammengelegt. Und viele Wehrpflichtige gewinnen beim «Obligatorischen» jeweils den Eindruck, dass Schützengesellschaften oftmals alteingesessene und überalterte Vereine sind. Stimmt. Und es wird sich auch oft zu sehr auf die Armee verlassen.

Liest man vom Schiesssport, dann liest man von Überalterung. Und von kleinen Gemeinden, deren Schützenvereine sich gegen die Zusammenlegung der Schiessanlage mit der Nachbarsgemeinde sträuben. Durch die Zusammenlegungen gehe Tradition und ein Stück Schweizer Kultur verloren. Jeder der traditionsreichen Vereine brauche einen eigenen Schiessstand, heisst es.

Die Luzerner Schützen freuen sich derweil über ihre neue Anlage. «Die neue Schiesssport Halle in der Allmend ist die erste in der Schweiz, in welcher alle drei sportlichen Disziplinen unter einem Dach geschossen werden können. Also 50 Meter, 25 Meter und 10 Meter», erklärt der Präsident der Schützengesellschaft der Stadt Luzern, Peter Studer. Die Anlage wurde grösstenteils von der Stadt Luzern und der Trägerschaft der neuen Überbauung des Fussballstadion-Geländes finanziert. Und sie lässt das 300 Meter-Schiessen aussen vor. Dieses Beispiel zeigt die Entwicklung im Schiesssport der letzten Jahre auf: Fokus auf die Kurzdistanzen-Disziplinen und ein Rückgang im 300 Meter-Schiessen.

Die Schützengesellschaft der Stadt Luzern hat derzeit ungefähr 350 Mitglieder, davon zirka 100 Aktive. Bis 2004 hatten die Stadt-Luzerner noch ihre eigene 300 Meter Schiessanlage auf der Allmend. Mittlerweile trainieren Sie diese Disziplin in Emmen. Studer: «Die Lärmschutzgesetzgebung hat vor allem zu dieser Zusammenlegung geführt. Es muss bei jeder alten Anlage entschieden werden, ob eine Lärm-Sanierung möglich und auch verhältnismässig ist».

Peter Studer sieht den Verlust der eigenen 300 Meter-Anlage pragmatisch: «Das ist, unter dem Aspekt der Lärmschutzgesetzgebung, eine folgerichtige Entwicklung. Es hat ja auch nicht jedes Dorf ein Hallenbad.» Es sei deshalb auch nicht zwingend, dass jedes Dorf eine eigene Schiessanlage besitze, «eine Regionalisierung macht heute Sinn».

«Es hat ja auch nicht jedes Dorf ein Hallenbad.»
Peter Studer, Präsident Schützengesellschaft Stadt Luzern

Doch nicht nur die Schiessanlagen werden weniger. Auch die Schützenfeste haben sich in den letzten Jahren dezimiert. Peter Studer weiss: «Es gibt einige Schützenfeste, die verschwinden, doch die grossen historischen Schiessen wie das Rütlischiessen oder das Morgartenschiessen sind noch immer sehr beliebt.» Jene Feste sind allerdings an die Art des Schiessens gebunden, welche immer weniger Anhänger findet. Studer erklärt: «An diesen Wettkämpfen wird auf 300 Meter geschossen, mit der Armeewaffe, also der Ordonanzwaffe». Bei den Schützenfesten und dem 300 Meter-Schiessen hat der Bezug zur Armee noch einen grossen Stellenwert, wird deshalb auch oft «Armeeverbundenes Schiessen» genannt. Und gerade diese Abhängigkeit von der Armee scheint bei vielen Vereinen das Problem zu sein. Auch Pascal Gwerder, Präsident der Feldschützen Nottwil, ist dieser Meinung. «Vereine welche sich auf die Einnahmen bei der Durchführung von ‹Obligatorisch› und Feldschiessen verlassen, würden nach dem Streichen dieser schnell von der Bildfläche verschwinden.» Deshalb sei die Kreativität der Vereine gefragt.

Weniger 300 Meter-Schützen

Man müsse der Realität ins Auge sehen. «Durch den Rückgang des Armeebestandes ist die Zahl der Schützen beim obligatorischen Schiessen zurückgegangen, wie auch die Zahl der Leute, die nach dem Militärdienst weiterhin dem ‹300 Meter› treu bleiben», erklärt Studer. Dies bestätigt auch Max Flückiger, Kommunikationsleiter des Schweizer Schiessportverbandes. «Der Rückgang der Zahl der Armeeangehörigen und damit auch der Schiesspflichtigen wirkt sich auf die Auslastung der 300 Meter-Anlagen aus. Daher werden sie vermehrt zusammengelegt.» Gwerder kann davon ein Lied singen: «Mit der Einführung der Armee 21 bemerkt man vor allem im 300 Meter Bereich einen Rückgang an Schützen und gar Schützenvereinen.» In seinen vergangenen 20 Jahren bei den Feldschützen seien im Amt Sursee die Schützenvereine Grosswangen, Geuensee, Schenkon, Schwarzenbach und Pfeffikon eingegangen. Weitere Vereine hätten fusioniert und Mühe ihre Mitgliederzahlen zu halten.

Schiessen im Alter

«Das Schiesswesen hat sich in den letzten 20 Jahren verändert», bestätigt auch Studer und präzisiert: «300 Meter hat in der Stadt defnitiv Nachwuchssorgen. Auf dem Land hat diese Disziplin einen viel höheren Stellenwert.» Max Flückiger bestätigt dies und macht auf eine generelle Überalterung der Schützenvereine aufmerksam, die auf 300 Meter schiessen. «Vor allem bei 300 Meter-Schützen ist das Durchschnittsalter relativ hoch. Natürlich auch deshalb, weil man die Sportart bis ins hohe Alter ausüben kann», gibt er zu bedenken. Durch die liegende Position beim 300 Meter-Schiessen, darf die Kraft und Schnelligkeit auch schon etwas nachgelassen haben. Man kann die Sportart daher sehr lange betreiben. Gleichzeitig hat die Sportart vor allem für junge Städter an Attraktivität eingebüsst.

Trend zur Druckluftwaffe

Luftgewehre und Lufpistolen gewinnen seit Jahren an Beliebtheit, vor allem als olympische Disziplinen. Druckluftwaffen gibt es jedoch bereits seit dem 17. Jahrhundert und damals wurden sie sogar in Gefechten eingesetzt. Heute gelten Druckluftwaffen als Sportgeräte. Sie werden aber noch in der Zoologie eingesetzt  – zum Verschiessen von Betäubungspfeilen.

Trend zur Druckluft

Flückiger beobachtet jedoch vor allem bei den jüngeren Interessierten einen Trend hin zum Schiesssport mit Luftgewehren und Pistolen. «In den Vereinen, die Druckluft-Pistolen und -Gewehre anbieten ist der Altersdurchschnitt auffällig tief.» Flückiger erklärt sich dies durch den kompetitiven Charakter dieser Schiessarten: «Es sind olympische Disziplinen und beinahe Spitzensportarten. Bei den Jungen liegt das richtig im Trend.»

Gwerder ist jedoch überzeugt, dass auch 300 Meter-Schützenvereine mit guter Jugend- und Öffentlichkeitsarbeit kaum Probleme haben.

Gesetzgebung und Lärmschutz

Wenn man die Zahlen der Schützen am Rütlischiessen und anderen Schiesssportanlässen vergleicht, sind diese seit Jahren auf einem hohen Stand. Flückiger weiss, es geht nicht um die Teilnehmerzahlen, wenn beispielsweise kleinere Schützenfeste eingestellt werden. «Immer mehr Vereine verzichten auf die Durchführung von Schützenfesten, wegen den gesetzlichen Vorlagen. Es wird immer schwieriger, einen Schiessplatz zu betreiben und auch bei den ehrenamtlichen Organisatoren rücken wenige Junge nach.»

Gwerder spricht dazu auch die politische Situation an. «Die Schützen erlebten in letzter Zeit vermehrt durch Initiativen Gegenwind.» Eine Akzeptanz der Schützen bei der Bevölkerung sei aber immer noch zu spüren. «Dazu müssen allerdings die Schützenvereine ihren Beitrag leisten und sich bei der Bevölkerung zeigen und sich nicht verstecken.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Philipp Buergler
    Philipp Buergler, 11.08.2014, 09:45 Uhr

    Der Artikel spiegelt leider genau das wieder, was über Jahrzehnte kultiviert wurde: 300m, 50m, 25m, 10m sind die einzigen erwähnten Disziplinen. Kein Wunder, praktisch nur diese werden vom SSV gefördert und wie im Bericht erwähnt, haben Vereine und Verband sich zu lange auf die Armee verlassen, was sich nun rächt.

    Ja, schwierige Rahmenbedingungen wie Lärmschutz und die allgemeine anti-Waffenbewegung spielen sicherlich auch eine Rolle. Aber diese Kritik müssen sich Vereine und vor allem der Verband gefallen lassen, gäbe es doch noch viele andere Möglichkeiten, Schiesssport zu betreiben: Schiessen mit nicht ordonnanz Waffen und Kalibern, Dynamisches Schiessen, Western Schiessen, Vorderlader, Benchrest, Long Range, Wurfscheiben, Silhouetten, usw. Damit lockt man jüngere Personen hinter dem Ofen hervor, dies wird aber leider nach wie vor ziemlich konsequent ausgeblendet, wie man auch in diesem Bericht sieht.

    Einige wenige Vereine haben dies erkannt, haben ihre Kugelfänge bei der vorgeschriebenen Sanierung entsprechend ausgerüstet und erlauben auch das Schiessen mit nicht ordonnanz Waffen. Diese haben kaum Probleme, auch jüngere Mitglieder zu gewinnen. Im Übrigen erfreuen sich private Schiesskeller und Schiesszentren wachsender Beliebtheit, weil auch dort mit nicht ordonnanz Waffen geschossen werden darf.

    Bevor jetzt wieder der Einwand kommt, das seien alles «Rambos» die nur rumballern wollen: Nein, diese Schützen halten sich an die Sicherheitsregeln und pflegen einen verantwortungsvollen Umgang mit den Waffen. Und es geht nach wie vor einfach darum, Löcher möglichst in der Scheibenmitte zu stanzen.

    Übrigens: Dass das Schiessen mit Luftdruckwaffen bei Jungen so beliebt ist, liegt wohl auch am möglichen Einstiegsalter von etwa 8 Jahren und den tiefen Kosten. Das Schiessen mit Klein- und Grosskaliber Waffen beginnt bei ungefähr 10 Jahren und verursacht schon etwas mehr Kosten.

    Grüsse

    Ein 28-jähriger Schützenmeister, ordonnanz- und nicht ordonnanz Schütze, der sich für ein offenes und geeintes Schiesswesen einsetzt.

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