Adipositas-Fälle nehmen zu

Dickmacher Corona schlägt auch in Luzern auf die Waage

Gemäss der Luzerner Ernährungsberaterin Wilma Schmid hat sich die Pandemie auf unser Essverhalten ausgewirkt. Und damit auch aufs Gewicht. (Bild: zvg / Yunmai / Unsplash)

Während der Corona-Pandemie haben die meisten ein paar Kilos zugelegt. Das liegt zum einen an der mangelnden Bewegung während der Lockdowns, kann aber auch psychische Ursachen haben. Grundsätzlich ist Übergewicht in Luzern aber schon seit Jahren konstant weit verbreitet.

Corona hat uns träger gemacht. Davon kann auch der Autor ein Lied singen. Nach eineinhalb Lockdowns und einem weiteren halben Jahr Homeoffice war die Waage nicht mehr so gnädig wie auch schon. Zugegeben, die Ernährung war davor schon im besten Fall «mangelhaft ausgewogen» und von Bewegung und Sport hält der Autor etwa gleich viel wie von öffentlichen WCs an einem heissen Sommertag.

Trotzdem, dass die Anzeige gleich so schnell in die Höhe schiesst, erstaunt dann doch – scheint aber «normal» zu sein. Wie eine Studie der Universität St. Gallen zeigte, ging es einem grossen Teil der Schweizer Bevölkerung ähnlich. Seit 2019 hat diese nämlich im Schnitt 3,3 Kilogramm zugelegt. Besonders Personen im Alter zwischen 45 bis 64 Jahren haben ihr Hüftgold um ganze 6,7 Kilogramm aufgestockt.

Corona schlägt auf die Psyche

Aber warum die stetige Zunahme? Ein Faktor lautet tatsächlich Corona. Nicht nur die Schliessung von Freizeitangeboten – darunter auch Sporteinrichtungen – sondern auch das Homeoffice haben einen grossen Einfluss auf unsere Bewegungs- und Essgewohnheiten gehabt. Weniger Bewegung, ungesündere Ernährung und schon schnellt das Gewicht in die Höhe. Aber auch psychologische Aspekte haben sich negativ auf das Gewicht ausgewirkt, wie die Luzerner Ernährungsberaterin Wilma Schmid auf Anfrage bestätigt.

So haben sich während der Lockdown-Monate bestehende Probleme wie Essstörungen zusätzlich verschärft. Auch die Einsamkeit, die viele Menschen während der Krise verspürt haben, hat gemäss der Ernährungsberaterin zu einem veränderten Essverhalten geführt. Einem, das in beide Richtungen ausschlägt: So haben Leute sowohl mehr als auch viel weniger als gewöhnlich gegessen.

«Trends sind immer auch Sehnsüchte, also noch keine Realität.»

Wilma Schmid, Ernährungsberaterin

Dass sich die Luzerner Bevölkerung seit dem vergangenen Jahr verstärkt mit dem Thema Gesundheit und Ernährung auseinandersetzt, spürt Wilma Schmid auch bei der Arbeit. So verzeichnet sie seit Beginn der Pandemie einen Anstieg von Kundenanfragen in ihrer Praxis in Luzern und stellt ausserdem fest, «dass auch im Kanton Luzern die Schere zwischen Menschen, die sich sehr reflektiert mit der Ernährung auseinandersetzen können, und Menschen, deren Einkommen und Bildung tief ist, recht gross ist.»

Trends sind Sehnsüchte

Dass Ernährung und Bildung zusammenhängen, hat auch ein Monitoring des Kantons Luzern gezeigt, das im Juni im Zusammenhang mit der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen publiziert wurde. Von den rund 1100 untersuchten Schülerinnen in den kantonalen Volksschulen sind 14,8 Prozent übergewichtig oder adipös. Schülerinnen mit Migrationshintergrund sowie Schüler aus bildungsferneren Familien sind gemäss der Statistik deutlich häufiger von Übergewicht betroffen als Schweizer Kinder und jene von Eltern mit einer höheren Ausbildung (zentralplus berichtete).

Die Grafik zeigt die Entwicklung von Übergewicht an Luzerner Volksschulen in den vergangenen Jahren. (Bild: Kanton Luzern)

Ernährungsberaterin Wilma Schmid stellt zwar grundsätzlich fest, dass aktuelle Trends zunehmend in Richtung «gesunde Ernährung» zeigen, doch das muss noch nicht viel heissen. «Trends sind immer auch Sehnsüchte, also noch keine Realität», sagt Schmid. «Und wie gesagt, es gibt immer noch einen grossen Teil der Bevölkerung, welcher sich diese Gedanken ‹nicht leisten kann›.» Nicht zuletzt sind Trends oft auch kurzlebig.

Ein Problem verschärft sich

Übergewicht ist ein Problem, das in der Schweiz schon länger besteht. Gemäss der Schweizerischen Gesundheitsbefragung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) von 2017 sind 51 Prozent der männlichen Bevölkerung übergewichtig. 12,3 Prozent davon sogar adipös, also fettleibig. Bei den Frauen leiden 22,8 Prozent an Übergewicht und 10,2 Prozent an Adipositas. In die Statistik eingeflossen sind Personen ab dem 15. Altersjahr. Über sämtliche Altersklassen hat sich die Anzahl der adipösen Menschen in den letzten 25 Jahren verdoppelt, wie das BAG weiter schreibt.

«Die Zahl der adipösen Patienten ist relativ konstant.»

Markus von Rotz, Mediensprecher Luzerner Kantonsspital

Im Kanton Luzern sieht es für die Männer noch etwas schlimmer aus. Bei der Befragung gaben 55,9 Prozent der Luzerner an, übergewichtig zu sein. Bei den Frauen liegt der Wert mit 30,2 Prozent etwas tiefer als der gesamtschweizerische Durchschnitt. «Tendenziell bleiben die Zahlen aber auf hohem Niveau seit Anfang der 2000er-Jahre stabil», schreibt David Dürr, Leiter der Dienststelle Gesundheit und Sport gegenüber zentralplus.

Um gegen den stabil hohen Anteil an Übergewichtigen vorzugehen, hat der Kanton Luzern im Rahmen des Programms «Ernährung und Bewegung» mehrere Projekte initiiert, die zu mehr körperlicher Ertüchtigung für Kinder und Jugendliche animieren sollen und bietet auch für Erwachsene mit Velo-Aktionen (zentralplus berichtete) und anderen Angeboten eine Plattform mit Ratschlägen rund um die Themen Bewegung und Ernährung.

Corona nicht zu stark gewichten

Dieser Anstieg ist auch beim Luzerner Kantonsspital (Luks) spürbar. Im Adipositaszentrum des Luks wurde in den vergangenen zwei Jahren ein Patientenanstieg von rund 20 Prozent verzeichnet. Das Luks stellt aber klar, «dass die Zunahme nicht durch Corona bedingt ist», wie Mediensprecher Markus von Rotz schreibt. Denn auch in den Jahren vor der Pandemie nahm die Anzahl der Patientinnen jährlich um zirka 10 Prozent zu. Aber: «Die Zahl der adipösen Patienten ist relativ konstant.» Stabil bleiben auch die Zahlen von operativen Eingriffen wie Magen-Bypass oder einer Magenverkleinerung.

Zwar können die Auswirkungen im Zusammenhang mit Corona zumindest zeitweise einen Einfluss auf unser Gewicht haben, aber mit der generellen Adipositas-Situation steht sie nicht im Zusammenhang. Von Rotz dazu: «Die Krankheit Adipositas mit einer nicht krankheitsbedingten Gewichtszunahme der Allgemeinbevölkerung von 3,3 Kilo in einen Topf zu werfen, wird diesem komplexen Krankheitsbild nicht gerecht.»

Bewegung und Ernährung

Zurück zum Corona-Ränzli. Wie geht der Autor damit um? Er hat auf kalorienarmen Kaffee umgesattelt und Gummibärchen gegen Cherrytomaten getauscht. Macht zwar weniger Spass, aber freut dafür die Waage. Und was die Bewegung angeht, hat er den gemütlichen Fahrstuhl gegen die Treppen getauscht und den Bus für die Heimfahrt mit einem bequemeren Paar Schuhe.

Denn letztlich läuft der Kampf gegen das Übergewicht meistens auf zwei Massnahmen heraus: Bewegung und Ernährung. Zumindest in Bezug auf Letzteres kann zentralplus etwas helfen. Beispielsweise mit unserem Wanderblog, der sowohl für Bewegungsmuffel als auch Hardcore-Kraxler etwas zu bieten hat.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 09.09.2021, 13:14 Uhr

    Es ist ein alter Zopf,die Kinder zu zwingen,was auf den Tisch kommt,muss man essen(gesund??)
    Wenn man keine Zeit(Faul) kommt der Pizzakurier.
    Was macht es mit dem ersten Geld,ein Hamburger Kaufen.
    Mann kann auch gesunde Pizza und Hamburger produzieren und die Beilagen ohne Zucker fein zubereiten.
    Ohne Fake Industrie Nahrungmittel
    Solange die Jungen keine anderen Vorbilder Haben werden Sie es auch nicht lehrnen.
    Das könnten zum zB preventiev die Krankenkassen unterstützen (zB You Tube) und entlasten.

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 09.09.2021, 12:52 Uhr

    Das ständige BlaBla Bla……Übergewicht.
    Dann macht doch endlich Nägel mit Köpfen.wo sollen die Jungen Leute gesund Essen und lehrnen wenn Sie keine Vorbilder haben.Aber bitte nicht mit Industrie Fake Fleisch.Sie zu Zwingen Vegetarisch zu Essen find ich auch falsch.Wenn Mann als Kind lehrnt mit Nahrung umzugehen kann mann(auch mit real Fleisch) sich auch Gesund Ernähren .
    Aber eben mit Angebot und Vorbilder oder zB
    You Tube und ohne Chemie

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