Städte fordern mehr Platz für die Velos

Deutlicher Parkplatzabbau kommt auch in Luzern aufs Tapet

Die Tödistrasse heute: Parkplätze, Beton, Hecken. Ab Sommer soll die Strasse aufgewertet werden.

(Bild: jwy)

Parkplätze weg, Velowege hin: In Basel, Bern und Zürich geht’s in diese Richtung. Nach dem Willen der SP soll dafür der historische Parkplatzkompromiss fallen. Auch in Luzern wollen linke Politiker den Parkplätzen an den Kragen.

In der Schweiz hat die Veloinfrastruktur einen schweren Stand, weil’s in den Städten schlicht zu eng ist. Also muss man Platz schaffen.

Die Städte Zürich, Basel und Bern bauen Oberflächenparkplätze ab zugunsten der Velos. Bern will in den nächsten zehn Jahren die Hälfte der öffentlichen Parkplätze aufheben.

In Zürich bringt aktuell die SP mit der Forderung nach einem «deutlichen Abbau» den historischen Parkplatzkompromiss aus den 90ern in Gefahr, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet hat. Der Zürcher Kompromiss sah bisher so aus: Jeder abgebaute Oberflächenparkplatz wird unterirdisch kompensiert.

Adieu Kompensation

Auch in Luzern werden gemäss aktueller Praxis wegfallende Oberflächenparkplätze unterirdisch kompensiert – oder gar überkompensiert, wie das Beispiel rund um die neue Himmelrich-Siedlung zeigt. Dort kommen mit der neuen Tiefgarage zusätzliche öffentliche Parkplätze dazu. Die SP hat sich im Parlament vergebens dagegen gewehrt.

«Höchst problematisch» findet Nico van der Heiden diese Entwicklung. Der SP-Grossstadtrat und Co-Präsident von Pro Velo Luzern fordert auch für Luzern eine «grundsätzliche Parkplatzreduktion». Momentan sind es auf Stadtgebiet rund 65’000 Parkplätze, davon rund 15’000 öffentliche. «Es gibt in Luzern ja nicht mal einen Parkplatzkompromiss, sondern jedes Jahr mehr Parkplätze», so van der Heiden.

Diesen Trend will er umkehren. «Es gibt verschiedene Strassen, die heute wegen der vielen Parkplätze für Velos gesperrt sind», so van der Heiden und nennt als Beispiel den Kauffmannweg in der Neustadt. «Die Ausgangslage ist in Luzern die gleiche, nur dass andere Städte hier deutlich progressiver sind.»

Wenig Platz für Velos: Kaufmannweg in der Luzerner Neustadt.
Wenig Platz für Velos: Kaufmannweg in der Luzerner Neustadt.

(Bild: Google Maps)

Parlament gegen Reduktion

Seine Meinung entspreche nicht der konsolidierten Fraktionshaltung der SP, fügt van der Heiden an. Das Parlament wird sich im Rahmen des neuen Parkierungsreglements 2020 wieder mit der Parkplatzfrage beschäftigen (zentralplus berichtete). Erst dann wird klar sein, welche Anzahl Parkplätze der Stadtrat anstrebt – und wie sich die Parteien positionieren.

Das Luzerner Stadtparlament hat Ende letzten Jahres eine Reduktion der Parkplätze abgelehnt. Die Geschäftsprüfungskommission hatte sich für eine jährliche Reduktion um ein Prozent der Parkplätze ausgesprochen – was 650 Plätzen entspräche. SP und Grüne unterlagen einer bürgerlichen Mehrheit inklusive GLP.

8 Parkplätze auf 10 Einwohner

Linke Politiker halten an einer Gesamtreduktion fest – egal ob öffentlich, privat oder unterirdisch. «Auch unterirdische Parkplätze generieren Verkehr. Das langfristige Ziel muss eine deutliche Reduktion der Parkplätze sein», sagt van der Heiden.

Auch SP-Kollege Mario Stübi fordert eine «mess- und spürbare Reduktion der Gesamtzahl an Parkierungsmöglichkeiten auf Stadtgebiet» – also sowohl öffentliche wie auch private Parkplätze. Aktuell kämen auf 10 Einwohner in der Stadt sagenhafte 8 Parkplätze. «Noch nie in der Geschichte der Stadt Luzern hat die Gesamtzahl der Parkierungsmöglichkeiten abgenommen, das will ich ändern», sagt Stübi. Auf eine Zahl will er sich momentan noch nicht festlegen.

Platz für Handwerker

Der kriselnde Detailhandel fürchtet sich vor einem Parkplatzabbau. Nico van der Heiden dazu: «Wenn das Gewerbe verstehen würde, dass 12 Veloparkplätze viel mehr Umsatz generieren als ein von einem Anwohner belegter Autoparkplatz, wäre schon viel gewonnen.»

Bern und Basel haben für das Gewerbe eine pragmatische Lösung gefunden: Handwerker, Spitex oder Ärzte dürfen vorübergehend ihr Auto ausserhalb von Parkfeldern abstellen.

Spezifische Handwerkerparkplätze auf Kosten von Dauerparkplätzen wären für van der Heiden ein Ansatz für eine gewerbefreundliche Verkehrspolitik. Oder aber intelligente Logistiksysteme für die Mikroverteilung oder Cargobikes. «Von einer Stadt mit Lebensqualität im öffentlichen Raum profitiert auch das Gewerbe», sagt er.

Stübi verweist auf Städte wie Madrid, wo in der inzwischen autofreien Innenstadt die Umsätze gestiegen seien. «Der Witz ist: Das Gewerbe würde von einer Reduktion der Parkplätze sogar profitieren.»

2020 fallen Entscheide

Im jetzigen Parlament sind diese Meinungen nicht mehrheitsfähig, auch der Stadtrat sprach sich bisher gegen einen Parkplatzabbau ohne Kompensation aus. «2020 sind Wahlen, wir freuen uns schon jetzt», sagt van der Heiden siegessicher.

«Wir sind guten Mutes, dass in Zeiten des dominierenden Klimadiskurses eine parlamentarische Mehrheit den Handlungsbedarf in diesem Dossier einsehen wird – für mehr Platz, für weniger CO2», sagt Stübi.

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