Unverpackte Lebensmittel

Zuger Geschäft hält am Null-Müll-Konzept fest

Hält in Unterägeri an seinem Unverpackt-Konzept fest: Freddy Gisler. (Bild: cbu)

Im Kampf gegen Verpackungsabfall haben einige Geschäfte ihre Waren unverpackt angeboten. Der Trend ist gegenwärtig zwar rückläufig, einige Unternehmen bleiben dem Konzept trotzdem treu. Eines davon gehört Freddy Gisler in Unterägeri. zentralplus hat bei ihm reingeschaut.

Mit dem eigenen Tupperware oder der Glasflasche ins Geschäft gehen und Produkte wie Nudeln, Reis oder Haferflocken selbst abfüllen? In sogenannten Unverpackt-Läden ist das möglich. Die Idee dahinter? Weniger Abfall durch unnötige Verpackungen. Die Idee schien anzukommen. Nebst Detaillisten wie Coop und Lidl sattelten mehrere kleinere Betriebe auf das verpackungsparende Konzept um.

Ein paar Jahre später macht sich allmählich Ernüchterung breit. So löblich die Idee, so wenig Anklang findet sie teilweise. Mehrere Betriebe gingen wieder ein – jüngstes Beispiel ist «Unfahrpackt» in Luzern, der Ende Januar seine Türen schloss (zentralplus berichtete). Grosse Unternehmen, die auf den Zug aufgesprungen waren, ruderten wieder zurück. Lidl beispielsweise baut seine Offenverkauf-Anlagen wieder ab.

Coop betreibt zwar weiterhin ein entsprechendes Unverpackt-Angebot, unter anderem in grösseren Filialen und den Karma-Shops, von denen einer beispielsweise im Bahnhof Zug zu finden ist. Der Detaillist hat aber das Sortiment verkleinert. Und auch den Verkauf von Waschmitteln, Mineralwasser und Bier im Offenausschank hat das Unternehmen nach einer Pilotphase wieder eingestellt, wie es gegenüber der «Sonntagszeitung» bekannt gab.

Ist das Konzept grundsätzlich gescheitert? Mitnichten. Wie das störrische Gallierdorf in den Asterix-Comics halten heute noch mehrere Geschäfte mit Erfolg an der Idee fest. Eines von ihnen ist «Gisler Regioladä» in Unterägeri.

Ein Beitrag für die Nachwelt

Wir besuchen das Geschäft und fahren dafür aus dem vernebelten Zug in die Höhe nach Unterägeri, wo uns nicht nur die Sonne begrüsst, sondern im «Gisler Regioladä» auch Freddy Gisler. Er führt uns vorbei an einer als Chalet dekorierten Molkerei- und Gemüseabteilung zu den «Zapfsäulen» mit den unverpackten Produkten, wo zwei Tische zum Verweilen einladen.

Seit 2019 führt der Unternehmer sein Geschäft an zentraler Lage an der Seestrasse 7, wie er uns erklärt. Die Idee dahinter, die schwelte aber schon länger in seinem Kopf. «Fünf Jahre habe ich die Idee nach einem solchen Geschäft mit mir herumgetragen», sagt Gisler. Stein des Anstosses? «Mir ging dieser generelle Verpackungswahn auf die Nerven.» Darum hat er ein Geschäft aufgebaut, das auf ein Null-Müll-Konzept setzt. «Ich möchte etwas Sinnvolles tun. Etwas, wovon auch die Nachwelt profitiert», so der zweifache Vater.

Auf Du und Du mit den Produzenten

Mittlerweile hat Freddy Gisler rund 2'000 Produkte von über 80 Lieferanten im Sortiment. «Mindestens 98 Prozent davon stammen aus der Schweiz.» Und bei den restlichen zwei Prozent weiss er genau, woher sie stammen, denn Gisler legt grossen Wert auf Transparenz. Alle Produzenten – viele davon Bauern aus der Region – kennt er persönlich. Er besucht auch jene, die vom Ausland liefern, regelmässig. Gisler ist zwar selbst nicht Landwirt, aber auf einem Hof aufgewachsen. Darum ist ihm die Nähe zu den Bauern eine Herzensangelegenheit. «Die Bauern sollen einen fairen Preis für ihre Waren erhalten.»

Regionale Läden kämpfen oft mit dem Vorwurf, teurer zu sein als Grosshändler. Das stimmt. Aber nur zum Teil. «Einige Produkte sind klar teurer als bei Grosshändlern», sagt Gisler. «Wir können uns diese Margen einfach nicht leisten.» Aber er fügt auch hinzu. «Andere Produkte hingegen sind bei mir günstiger.» Eben weil er direkt vom Produzent aus der Region bezieht und lange Transportwege – und Verpackungen – vermeiden kann.

Breites Sortiment

Seit der Eröffnung erfreut sich Gislers Regioladä nicht nur einer treuen Stammkundschaft, sondern auch dem Status als Begegnungsort. Auch bei unserem Besuch herrscht ein reges Kommen und Gehen. Man kennt sich, duzt sich, hält einen kurzen Schwatz. «Der Kontakt zum Menschen ist mir wichtig», sagt Gisler und fügt an: «Hier kommen Leute her, die entspannt einkaufen möchten.» Die Kunden schätzen es, nur so viel zu kaufen, wie sie auch wirklich brauchen. Das minimiert Foodwaste.

Freddy Gisler setzt aber nicht bloss auf unverpackte Lebensmittel, wie Früchte und Gemüse oder Behälter mit Reis, Getreide und Teigwaren, die grammgenau abgewogen und in eigene Behälter gefüllt werden können. In den Regalen stehen auch Fruchtbrände, Fleisch, Kosmetika, Molkereiprodukte und Reinigungsmittel. «Mein Ziel ist es, dass die Leute hier ihren Wocheneinkauf erledigen können», sagt der Unternehmer. Bei der Auswahl seiner Waren hat Gisler darauf geachtet, dass Verpackungen recycelt oder wiederverwendet werden können, um dem Null-Müll-Konzept Rechnung zu tragen.

Freddy Gisler baut aus

Dass andere Geschäfte mit ähnlichem Konzept wieder eingehen, bedauert Gisler. Trotzdem bleibt er optimistisch, dass Unverpackt-Läden eine Zukunft haben. «Das Bewusstsein in der Bevölkerung wächst. Langsam zwar, aber es wächst.» Und obwohl die Preisfrage immer ein Thema bleiben wird, glaubt Gisler auch, dass Regionalität und Saisonalität künftig einen immer grösseren Stellenwert haben werden. Die Corona-Pandemie und die gegenwärtige Lage mit dem Ukraine-Krieg hätten dies bereits gezeigt.

Trotz treuer Kundschaft und mehr oder weniger stabilen Verkaufszahlen will Freddy Gisler sein Geschäft weiterentwickeln. Derzeit arbeitet er an einem Webshop. «Mein Ziel ist es, die ganze Schweiz beliefern zu können.» Und im Ägerital will er nebst einer Abholung im Geschäft einst auch einen direkten Lieferdienst anbieten. Das alles will er noch im ersten Quartal dieses Jahres starten. Aber für diese Pläne braucht es künftig noch helfende Hände. Derzeit schmeisst er – abgesehen von Aushilfen – den Laden nämlich alleine.

Verwendete Quellen
  • Website «Gisler Regioladä»
  • Persönliches Gespräch mit Freddy Gisler
  • Artikel in der «Sonntagszeitung» (Paywall)
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