Teig aus der Slowakei? Luzerner Brot muss deklariert werden
Wo kommt ihr denn her? Neuerdings muss die Herkunft von Backwaren vor Ort angegeben werden. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)
Donuts aus Frankreich, Pizza aus der Slowakei – in Luzerns Supermärkten stammen einige Backwaren aus dem Ausland. Eine neue Vorschrift macht das nun sichtbar.
Donuts aus Frankreich, Pizza aus der Slowakei, Brötchen aus Deutschland. Nein, das ist keine Essensliste einer Europareise, sondern das Ergebnis eines kurzen Blicks in die Gebäckauslagen von Luzerner Supermärkten. Dass die Herkunft neuerdings so klar ersichtlich ist, geht auf eine neue Gesetzesregelung zurück. Doch von vorne.
Wie der Verein Schweizer Brot in einer Mitteilung schreibt, bevorzugen 75 Prozent der Schweizer Bevölkerung Backwaren aus dem eigenen Land. 57 Prozent gehen sogar automatisch davon aus, dass Brote, die im Offenverkauf in der Auslage liegen, hier produziert wurden. Tatsächlich stammt aber nicht jedes «Pfünderli» oder Gipfeli aus der Schweiz, wie der Blick in die örtlichen Auslagen zeigt.
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Backwarenimport nimmt stark zu
Der Import von Backwaren hat sich in den letzten 20 Jahren nämlich fast verdreifacht und liegt heute bei über 155’000 Tonnen pro Jahr, wie der Verein schreibt. Importiert werden oft sogenannte Teiglinge, also vorgefertigte Teige, die vor Ort nur noch aufgebacken werden müssen. Damit sparen Unternehmen Zeit und Geld, erhöhen im Umkehrschluss aber den wirtschaftlichen Druck auf lokale Bäckereien, weil die mit den niedrigen Preisen nicht mithalten können.
Wie die Erhebung des Vereins zeigt, wissen aber viele Konsumenten nicht, dass die von ihnen gekauften Brote und Schoggigipfeli nicht zwingend aus der Schweiz stammen. Dagegen reichte der Zuger Mitte-Ständerat Peter Hegglin 2019 eine Motion ein, die vom Bund eine Kennzeichnungspflicht forderte. Dieser lehnte die Motion damals ab, passte die Handhabe für Deklarierungen im Offenverkauf später dennoch um.
Und die ist nun seit Anfang Februar in Kraft. Eine jüngst beendete Werbekampagne «Schau drauf beim Brot-Kauf» des Vereins sollte die Bevölkerung darauf sensibilisieren, im Laden genau hinzuschauen. Auch in Luzern, wo Kampagnenplakate beispielsweise im Untergeschoss des Luzerner Bahnhofs anzutreffen waren.
Eigentlich wurde die Regelung bereits vor einem Jahr eingeführt. Bislang galt aber eine einjährige Übergangsfrist, damit die Betriebe genug Zeit für die Umsetzung hatten. Und in Luzern sieht das unterschiedlich aus. Denn, wie genau die Konsumentinnen über die Herkunft der Brote, Mutschli und dergleichen mehr informiert werden, ist den einzelnen Betrieben überlassen.
Geschäfte deklarieren unterschiedlich
Wer heute beispielsweise in Luzern in einer Aldi-Filiale zur Panetteria geht, sieht neu direkt, welche Backware woher stammt. Ein Schweizerkreuz auf dem angebrachten Preisschild symbolisiert die Schweizer Herkunft. Bei Schildern ohne Schweizerfahne steht das Herkunftsland unter dem Preis. So ist beispielsweise ersichtlich, dass das Steinofen-Oliven-Ciabatta aus Österreich stammt, die Steinofenpinsa aus der Slowakei und die Donuts mit Kakaofüllung aus Frankreich.
Bei der Migros ist die Herkunftsangabe bei Broten auf der Rückseite der jeweiligen Verpackung angegeben. Kleinere Produkte im Offenverkauf wie Weggli oder Gipfeli sind auf dem elektronischen Preisschild am Regal deklariert. Gemäss Nachfrage bei der Migros-Genossenschaft Luzern stammen rund 95 Prozent aller Backwaren aus Schweizer Herkunft. Einen Teil importiere sie aus dem Ausland. So stammen beispielsweise das Bio-Kartoffelbrötchen aus Deutschland und das Croissant pur Beurre aus Frankreich.
Teils im Laden fertig gebacken
In den neun Zentralschweizer Migros-Filialen mit Hausbäckereien werden viele Produkte direkt vor Ort hergestellt und unter dem Label «Hausbäckerei» verkauft. Andere Produkte werden in den jeweiligen Filialen vor Ort fertig gebacken, wie der Rückseite der Verpackung zu entnehmen ist. Da steht beispielsweise: «Ofenfrisch: für Sie vor Ort aus einem tiefgekühlten Produkt fertig gebacken.»
Anders löst die Migros die Vorgabe in den Restaurantbetrieben. Wie Laura Dittli, Mediensprecherin Genossenschaft Migros Luzern, auf Anfrage sagt, werde in den Gastronomiebetrieben nur die ausländische Herkunft am Produkt mit einem Schild deklariert. «Ansonsten weisen wir am Restauranteingang darauf hin, dass Schweizer Produkte keine Herkunftsdeklaration haben.»
Ähnlich ist es bei Coop. Details zur Deklaration seien einerseits am Regal über die Etikette und einen Strichcode, der mit der Coop-App gescannt werden kann, sichtbar. Oder über Nachfrage beim Personal vor Ort, wie es seitens der Medienstelle heisst. Auch hier stammen kleine Teile des Sortiments aus dem Ausland, etwa die Blueberry-Muffins aus Frankreich und die und Vanilledonuts aus Deutschland. Wie sinnvoll Coop die neue Regelung findet, lässt das Unternehmen unbeantwortet, verweist lediglich darauf, dass man sich an die gesetzlichen Vorgaben halte.
Das denken Luzerner und Zuger Bäckereien
Lokale Bäckereien stehen hinter der Einführung. So etwa die Luzerner Confiserie Bachmann, die auf Anfrage bekannt gibt, die Regelung als sinnvoll zu erachten. Sie selbst setze bei der Produktion ihrer Ware – die im Tribschenquartier hergestellt wird – «wenn immer möglich» auf regionale Produkte. Weil das von den Kunden von regionalen Bäckereien erwartet werde.
Bei der Konditorei Heini, die ihre Waren am Löwenplatz in Luzern herstellt, sei die Regionalität seit der Gründung 1957 ein Kernanliegen und eine «Selbstverständlichkeit», wie die Geschäftsleitungsmitglieder Philip und Niels Heini auf Anfrage schreiben. «Auch wenn wir gewisse Zutaten billiger aus Grossbetrieben und aus dem Ausland beziehen könnten, setzten wir lieber auf persönliche Beziehungen und nachhaltigen Lieferketten.»
«Zwar mag es für unsere Kunden wohl erstmal seltsam scheinen, dass wir nun auch darauf hinweisen (müssen), dass ihr Brot nicht nur aus Luzern kommt, sondern explizit aus der Schweiz», schreiben sie weiter. «Doch grundsätzlich finden wir es nicht schlecht, dass dem Kunden dies explizit gezeigt wird oder werden muss, da so das Bewusstsein für lokales Handwerk mehr in den Vordergrund gerückt wird.» So werde das Bewusstsein auch bei jenen Kunden geschärft, die sich darüber bislang nie Gedanken gemacht hätten.
Werden Kunden irgendwann «blind»?
In den Bäckereifilialen von Hotz Rust mit Standorten in Baar, Cham, Rotkreuz und Zug wird die Kundschaft über angebrachte Zettel über die Herkunft der Backwaren informiert. Da stehe drauf, dass die Produkte in der Backstube in Baar hergestellt werden. Mit Zutaten aus der unmittelbaren Region, wie Silvan Hotz auf Anfrage erklärt.
Gemäss Hotz ist es sinnvoll, dass die Kundschaft sensibilisiert werde und stärker darauf achte, woher das Brot komme. Allerdings fürchtet er auch, dass sich der angebrachte Hinweis irgendwann «totläuft» und zu einem Logo oder Zettel wird, der keine Beachtung mehr findet.
Ein grosses Gesprächsthema sei die Herkunft der Ware bei den Kundinnen bislang aber sowieso nicht gewesen. Nachfragen hat es gemäss Hotz diesbezüglich nicht gegeben. «Vielleicht auch darum, weil wir uns schon lange die Regionalität auf die Fahne geschrieben haben, das so kommunizieren und deshalb die Kunden das auch erwarten.»
Allerdings geben auch die anderen befragten Bäckereien und Detailhändler wie Coop und Migros an, dass es schon früher kaum bis keine Rückfragen der Kundschaft hinsichtlich der Herkunft der Backwaren gab. Ob die gesetzlich vorgegebene Deklaration etwas am Kaufverhalten der Kundschaft ändert, bleibt also noch abzuwarten.
Arbeitet seit 2020 bei zentralplus und betreut den Bereich Gastronomie.
In Luzern und Zug aufgewachsen und schon seit bald 20 Jahren als Texter und Autor unterwegs. Steht privat gerne am Herd und war während mehreren Jahren als Assistenz einer Luzerner Störköchin tätig.