Ein Hauch von Luxus an der Baselstrasse

Luzerner eröffnet Laden für gebrauchte Designermöbel

Jordi Bucher im Showroom von Moebu.ch in Luzern. (Bild: Moebu.ch)

Jordi Bucher handelt mit gebrauchten Designermöbeln im Retrostil. Mit seinem neuen Showroom verschiebt er Moebu.ch vom Internet an die Luzerner Baselstrasse.

Bürosessel von Eames, Sofas von Mario Bellini oder der «Lipstick Mirror»: Es sind ikonische Designermöbel wie diese, die der Luzerner Jordi Bucher ab Samstag in seinem neu eingerichteten Showroom an der Baselstrasse 25 verkauft. Mit seinem Fokus auf gebrauchte Möbel im Retrostil trifft er einen Nerv. Obschon das Geschäft läuft, ist er in Luzern praktisch konkurrenzlos.

Gemäss Jordi Bucher das schönste Möbelstück, das gerade auf Moebu.ch erhältlich ist: ein Werkentwurf des Hitzkircher Werklehrers Edi Frey. (Bild: Moebu.ch)
Ein Lipstick-Mirror ist ein Spiegel, dessen Design sich am Aussehen eines Lippenstifts orientiert. (Bild: Moebu.ch)

Im Gespräch mit dem 27-Jährigen möchte zentralplus herausfinden, warum die Wohnzimmer der Stadt Luzern immer chicer eingerichtet sind, was Ikea-Möbel in seiner Kollektion zu suchen haben und wieso nicht nur gutsituierte, sondern vor allem auch junge Leute bei ihm einkaufen.

zentralplus: Draussen ists kalt, der graue Winter schlägt vielen aufs Gemüt. Können ästhetische Luxusmöbel das fehlende Sonnenlicht kompensieren?

Jordi Bucher: Grad im Winter fand ichs immer schon schön, das Zuhause als heimelige Wohlfühloase zu nutzen. Ich denke, dass Corona auch bei vielen anderen Luzernern das Bedürfnis, schön zu wohnen, verstärkt hat.

zentralplus: Wie siehts bei Ihnen zu Hause aus?

Bucher: Seit Kurzem ganz anders, als zuvor. Das Wohnzimmer hab ich komplett umgestellt und neu eingerichtet. Der erste Kaffee am Tag darauf schmeckte besonders gut.

zentralplus: Bei aller Liebe zur Ästhetik: Sollen Möbel nicht einfach bequem sein?

Bucher: Die bekannte deutsche Kunstschule Bauhaus formulierte einst den Grundsatz «Form follows function» – Funktionalität solle gegenüber der Optik Vorrang haben. Doch haben diesen Grundsatz nicht alle Designer immer gleichermassen berücksichtigt. So gibt es super unbequeme Stühle, die aber wegen ihres Designs den Raum schöner machen. Es sind fast schon Kunstobjekte.

Hübsch, aber unbequem: Würdest du diesen Stuhl kaufen? Das Modell heisst «Aurora», ist von Beliani und steht beim Nachbar von Jordi Bucher im Wohnzimmer. (Bild: Moebu.ch)

zentralplus: Die besten Designer bringen Optik und Funktionalität unter einen Hut.

Bucher: Darum sind die meisten Möbel, die ich verkaufe, nicht nur schön anzusehen, sondern auch bequem.

zentralplus: Ihr Herzensprojekt Moebu.ch, bislang eine Onlineplattform, auf der Sie gebrauchte Designermöbel im Retrostil verkaufen, gibts erst seit knapp eineinhalb Jahren. Seit wann interessieren Sie sich für die Klassiker unter den Bürosesseln, Sofas und Spiegeln?

Bucher: Ich kam während meiner Ausbildung zum Grafikdesigner ein erstes Mal mit Designermöbeln in Kontakt. Als ich meine erste eigene Wohnung vor zwei Jahren einrichtete, wurde ich zum Sammler.

zentralplus: Obschon Sie damals, als junger Grafikdesigner, noch nicht das grosse Geld gemacht haben dürften.

Bucher: In der Tat hab ich meine Wohnung damals relativ günstig eingerichtet. Das funktionierte, weil ich auf Onlineplattformen wie Tutti viele gebrauchte Designermöbel zu erschwinglichen Preisen fand.

Auch bei Jordi Bucher gibts Designerobjekte zu erschwinglichen Preisen. Diese Kaktusvasen kosten 30 Franken und sind das billigste Produkt im aktuellen Angebot. (Bild: Moebu.ch)
Mit 2300 Franken am teuersten ist das Regal des Schweizer Designers Dieter Waeckerlin. (Bild: Moebu.ch)

zentralplus: Wie sahs denn zuvor bei Ihren Eltern zuhause aus?

Bucher: Zwar standen keine teuren Luxusmöbel herum. Doch die Wohnung war extrem stylisch eingerichtet.

zentralplus: Der Sinn für ästhetisches Wohnen wurde Ihnen quasi in die Wiege gelegt?

Bucher: Meine Mutter war einst Innendekorateurin. Darum: Ja, gewissermassen schon. Ich lerne aber heute noch dazu. An der Einrichtung des Showrooms hat sie massgeblichen Anteil.

zentralplus: Der Showroom diente bisher als Büro für Ihre Arbeit als Grafikdesigner, als Co-Workingspace zur Querfinanzierung der Raummiete und als Lager für die Möbel von Moebu.ch. Nun soll er öffentlich zugänglich werden. Was erwartet die Gäste bei der Eröffnung am Samstag?

Bucher: Vor ein paar Tagen haben wir hier noch eine Wand rausgerissen, vor einer Woche im Jura eine grosse Ladung Möbel aus einem Lager ergattert und zur Baselstrasse gefahren. Am Samstag stehen nebst den Möbeln aber auch Kleider im Fokus. Einerseits gebrauchte Designerklamotten im Retrostil, andererseits die Kollektion eines lokalen Brands, für den ich die Designs entwerfe.

Der Showroom von Moebu.ch eröffnet am Samstag. Wer keine Möbel mag: Es gibt auch Apérohäppchen und Drinks. (Bild: Moebu.ch)

zentralplus: Retrodesigns liegen im Trend. Auch bei jungen Luzernerinnen.

Bucher: Zu meiner Stammkundschaft zählen viele Architekten. Sie kennen die ikonischen Klassiker. Doch gibt es auch immer mehr Junge, die sich für Design und Retro interessieren. Die meisten meiner Kunden sind zwischen 25 und 35 Jahre alt. Bestimmt auch wegen unseres zeitgemässen Social-Media-Auftritts.

zentralplus: Nicht nur bei Ihnen steigt die Nachfrage. Auch auf Tutti und Co. tummeln sich die Schnäppchenjäger.

Bucher: Was ich definitiv zu spüren bekomme. Als ich vor zwei Jahren anfing, Designermöbel im Retrostil zu sammeln, war die Nachfrage noch nicht ganz so gross. Heute gehen die Inserate für gewisse Möbel innert Minuten wieder offline. Glücklicherweise kenne ich inzwischen einige Grosshändler, bei denen ich auch künftig genug Material finden werde.

zentralplus: Um immer genug Material im Lager zu haben, sind Sie viel unterwegs und holen sich die gebrauchten Designermöbel auch aus dem benachbarten Ausland. Was kann beim Transport schiefgehen?

Bucher: Bei einer Fahrt ins Wallis, wo ich für rund 1000 Franken Möbel eingekauft habe, verkratzte ich den gemieteten Lieferwagen. Der Selbstbehalt betrug 1000 Franken. Die Marge war weg.

Jordi Bucher auf einer seiner Fahrten im vollgepackten Lieferwagen. (Bild: Moebu.ch)

zentralplus: An welche Fahrt erinnern Sie sich besonders gern?

Bucher: Ich fuhr mal für ein einziges Möbelstück nach Dagmersellen. Als ich die Wohnung betrat, sahs dort aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Doch im Chaos fand ich massenhaft tolles Material, sodass ich den Bus gleich zweimal füllen konnte – gratis. Mir wurde dabei sogar gedankt. Denn dem Typen, der die Wohnung räumte, wars grad recht so.

zentralplus: Nebst bekannten Klassikern stehen bei Ihnen immer wieder auch Möbel von Ikea im Angebot. Ist das nicht paradox?

Bucher: Ich finde «Fast Furniture» eigentlich doof. Aber vor allem die alten Ikea-Möbel gelten heute ebenfalls als Designklassiker und sind teilweise extrem gefragt. Auch, weil sich die damaligen Ikea-Designer über all die Jahre einen Namen machen konnten. Seit Anfang Jahr gibts darum bei Ikea eine Vintage-Kollektion mit coolen Produkten.

zentralplus: Billige «Fast Furniture» von Ikea und Co. sorgen dennoch für enormen Verschleiss. Passiert dasselbe nicht auch, wenn man zwar schöne und wertige Designermöbel kauft, diese aber günstig und gebraucht sind?

Bucher: Ein Kratzer mehr oder weniger – das spielt bei gebrauchten Möbeln wohl wirklich eine kleinere Rolle als bei nigelnagelneuen. Generell sind die Möbel, die ich verkaufe, aber robuster als «Fast Furniture» – und somit auch nachhaltiger.

zentralplus: Auch die Baselstrasse ist robust, hat aber teilweise – zumindest optisch – ihre besten Zeiten hinter sich. Sie steht im Kontrast zu Ihren Luxusmöbeln.

Bucher: Ein Glücksfall. Die meisten Kundinnen, die ihre online gekauften Möbel bei mir abholten, waren überrascht und fasziniert, als sie von der Baselstrasse her kommend plötzlich in einem Showroom voller Designermöbel standen.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Treffen mit Jordi Bucher, Betreiber von Moebu.ch
  • Website und Instagramseite von Moebu.ch
0 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon