City-Managerin soll es verhindern

Lädelisterben in Luzern: So sieht das Horrorszenario aus

Beim Weinmarkt zieht der Instore ein. Damit auch künftig leere Schaufenster gefüllt werden, will Franziska Bitzi Staub eine City-Managerin. (Bild: mik)

Eine menschenleere Innenstadt, die nach und nach zu verlottern beginnt. Dass diese Schreckensvision zur Realität wird, will der Luzerner Stadtrat verhindern. Ein City-Manager soll her.

Wer durch die Luzerner Einkaufsmeilen wie die Hertensteinstrasse oder die Weggisgasse spaziert, blickt in so manches dunkle Schaufenster (zentralplus berichtete). Das ist nicht nur in Luzern so. Ob in Basel, Bern oder St. Gallen: In vielen Innenstädten stehen plötzlich Ladenlokale leer, auch an bester Lage (zentralplus berichtete).

City-Manager soll drohende Abwärtsspirale in Luzern stoppen

Für Schlagzeilen gesorgt hat letztes Jahr, dass das Luzerner Modehaus Kofler nach 170 Jahren sein Geschäft aufgibt. Doch das ist kein Einzelfall. «Oft schliessen Traditionshäuser, weil sich das Geschäft nicht mehr lohnt», schreibt der Luzerner Stadtrat in einem Bericht und Antrag an das Parlament.

Noch ist die Stadt vergleichsweise gut aufgestellt. Gab es im Jahr 2018 noch 1’347 Detailhandelsfilialen, waren es 2020 noch 1’318, also rund 30 weniger. Damit steht Luzern aber immer noch besser da als Städte wie Bern, Winterthur oder St. Gallen. Trotzdem warnt der Stadtrat vor einer möglichen Abwärtsspirale, die droht. Wie dieser Teufelskreis aussieht, verdeutlicht diese Bildergalerie.

Gemäss Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub sind die Konsequenzen in Städten im Vereinigten Königreich bereits heute sichtbar: «Ganze Gebiete in der Stadt verwahrlosen. Die Kriminalität nimmt zu, die Immobilien verlieren an Wert und niemand will mehr in der Innenstadt wohnen», sagt sie im Gespräch mit zentralplus.

Klar: Der Trend zum Online-Handel ist ein globales Phänomen. «Wir müssen den Trend auch gar nicht aufhalten», meint Bitzi. Aber: «Wir müssen den Wandel beobachten und Weichen stellen, damit dieser für Luzern positiv verläuft.»

Was Einkaufen mit Büsis zu tun hat

Wie diese Weichen aussehen? Mehr Erlebnis beim Einkaufen! Marco Fuhrer, der den Stadtrat als externer Projektleiter unterstützt, zitiert dazu ein Bonmot des Möbelhändlers Peter Schönhofen: «Der Kunde ist wie eine Katze. Er ist autark, will gereizt und stimuliert werden und streunt herum.»

Gibt es also an einer Strassenecke wenig zu erleben – weil ein Laden leer steht oder andere nicht interessant – «streunen» potenzielle Kundinnen an andere Orte. Und bleiben dem Ort künftig fern. «Menschen sind Gewohnheitstiere. Haben sie sich einmal die Meinung gebildet, in Luzern stehe eh alles leer und es gäbe kaum ein gutes Angebot, dann ist es sehr schwer, sie vom Gegenteil zu überzeugen», so Fuhrer.

«Ganze Gebiete in der Stadt verwahrlosen. Die Kriminalität nimmt zu, die Immobilien verlieren an Wert und niemand will mehr in der Innenstadt wohnen.»

Franziska Bitzi Staub, Finanzdirektorin Stadt Luzern

Um sie an einem Ort zu halten, müssen Erlebnisse vor Ort her. Wer Erfolg haben möchte, muss kreativ werden – indem er verschiedene Angebote und Dienstleistungen miteinander kombiniert. Ein Beispiel ist das Gameorama beim Hirschengraben. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Spieleladen gibt es hier ein Café, in dem aktuelle Brettspiele getestet werden dürfen. Und immer mal wieder locken Spielevents Kundschaft an (zentralplus berichtete).

Fuhrer betont: «Wichtig ist es, ein Gesamterlebnis zu bieten. Früher ging man einen ganzen Tag einkaufen. Heute geht man beispielsweise ins Kino und davor noch etwas einkaufen.»

City-Managerin soll es richten

Damit sich ein ansprechendes «Gesamtangebot» entwickelt, soll eine City-Management-Stelle her. Ein Postulat der SP, Juso und damaligen CVP Stadt Luzern hat der Grosse Stadtrat Anfang 2019 überwiesen. Ähnlich wie ein Center-Management sich um die Vermietung der Ladenflächen eines Einkaufcenters kümmert, soll eine City-Managerin sich künftig darum kümmern, dass leere Luzerner Schaufenster künftig nur kurz leer bleiben (zentralplus berichtete).

Nach Vorstellungen des Stadtrats hat der künftige Luzerner City-Manager drei Hauptaufgaben:

  • Erstens: Die Luzerner Innenstadt attraktiver machen. So zum Beispiel mit neuen Märkten oder Events. Dafür wird der ALI-Fonds (Fonds zur Attraktivierung der Luzerner Innenstadt) in der heutigen Form aufgelöst. Über die Gelder wird künftig die City-Managerin verfügen. Die jährlich 250’000 Franken kommen über Parkgebühren rein.
  • Die zweite Aufgabe des City-Managers ist die Vernetzung. Bereits heute setzen sich der Quartierverein Hirschmatt-Neustadt, die City-Vereinigung, der Detaillistenverband Kanton Luzern und der Wirtschaftsverband Stadt Luzern für eine lebendige Innenstadt ein. Dahinter steckt viel Freiwilligenarbeit. Deshalb fehlen den Organisationen schlicht die Zeit und die finanziellen Ressourcen, um grössere Projekte umzusetzen. Bei der City-Managerin laufen künftig alle Fäden zusammen.
  • Die dritte Aufgabe ist die längerfristige Planung. Welche Einkaufstrends kommen auf uns zu? Welche technischen Entwicklungen könnten einen Mehrwert für Besucherinnen in Luzern bieten? Oder schlicht: Welcher Laden oder Pop-up-Store könnte in die frei gewordene Ladenfläche passen? Auch mit diesen Fragen soll die City-Managerin sich befassen.

Stadt beteiligt sich mit 150’000 Franken – vorerst

Die Stadt rechnet damit, dass die City-Management-Stelle ein 150 Prozent Pensum wird. Der Lohn für die künftige City-Managerin plus ihren Sekretär beläuft sich auf rund 150’000 bis 200’000 Franken. Hinzu kommen Kosten für die Miete und die Administration, plus die erwähnten 250’000 Franken des ALI-Fonds. Gesamthaft schätzt die Stadt die Kosten auf rund 500’000 Franken.

Der Stadtrat will den Aufbau des City-Managements in der Anfangsphase finanzieren. In den ersten drei Jahren mit 150’000 Franken, im vierten noch mit 100’000 und im fünften mit 50’000 Franken. Danach soll die Organisation auf eigenen Beinen stehen, finanziert über private Organisationen, Unternehmen und Personen. Das heisst auch: Ziel des Projekts ist der Aufbau einer eigenständigen Organisation ausserhalb der städtischen Verwaltung.

Ob die Stelle so oder anders ausgestaltet wird, entscheidet der Grosse Stadtrat. Der Start der neuen City-Management-Stelle ist in der zweiten Hälfte 2023 angedacht.

Verwendete Quellen
  • Bericht und Antrag des Stadtrats
  • Monitoring Branchenmix der Stadt Luzern
  • Reglement über den Fonds zur Attraktivierung der Luzerner Innenstadt
  • Postulat SP, Juso, Mitte
  • Antwort des Stadtrats auf das Postulat
  • Teilnahme an der Medienkonferenz vom 30. Mai
  • Gespräch mit Franziska Bitzi Staub, Finanzdirektorin Stadt Luzern
  • Gespräch mit Marcus Fuhrer, externer Projektleiter der Fuhrer & Hotz AG
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12 Kommentare
  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 19.12.2023, 11:59 Uhr

    Ja baut die Altstadt noch mehr für den Tourismus aus und lässt die Läden für die Einwohner sterben!
    Super Politik!Die Anwohner müssen ausserhalb Einkaufen!
    Erstickt doch an eurer Geldgier!

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    M. Moser, 09.06.2022, 13:40 Uhr

    Was dem Handel in der Innenstadt Luzerns gut täte wären vernünftige Mietpreise für Büroimmobilien und Ladenflächen. Wenn dies durch die neue Stadt-Managerin bewerkstelligt werden kann dann hat diese Stelle eine Berechtigung. Gelingt dies nicht, dann wird da für mich nur «heisse Luft» erzeugt und das Problem wird dann nicht grundlegend gelöst. Dies ist meine Befürchtung. Wenn Phantasiepreise für Ladenflächen und Büroetagen weiter gezahlt werden, dann wird diese Abwärtsspirale wohl kaum aufzuhalten sein.

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    Jörg, 04.06.2022, 12:45 Uhr

    Das haben wir ja der Regierung zu Verdanken, alles wegen dem Tourismus, die Tollen Einheimischen Lokale verschwanden, die Feinen Caffes wie Caffe Rüedi, oder Sonnstrahl, ,die Tollen Warenhäuser, ABM, EPA die hatte alles, Knopf, usw, sie wollten ja Blitze Glitzer Läden, und nobel Restaurant und wer über Haupt kann die Mieten noch Zahlen, Vögele weg, Koflfer weg, eine andere Zeit online Billiger einfach, zudem die Preise in den Restaurant,

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    Hampi R., 31.05.2022, 10:40 Uhr

    Ich bin 63 Jahre alt und früher machte das Einkaufen richtig Spass. Es gab eine Vielzahl von verschiedenen Geschäften wie; Feinkost, Lebensmittel, diverse Warenhäuser, Schuhmacher sowie bezahlbare Restaurants – und heute? Alles steril, Souvenir, Schmuck, Kleider – fertig! Parkplätze sucht man vergebens. Also direkt ins Shopping-Center oder eben online bestellen! Was soll sich also ändern? Kleine Geschäfte können sich die Miete ja gar nicht mehr leisten!

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    Sylvia Erler, 31.05.2022, 09:33 Uhr

    Ich freue mich wenn eine moderne Stadtplanung in Luzern gelingen würde. Ich erlebte am Wochenende Utrecht, viele schöne Caffees machten meinen Einkaufsbummel sehr angenehm. Ich finde das fehlt in Luzern

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    luna, 31.05.2022, 08:54 Uhr

    Günstigere Parkmöglichkeiten?

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    Karla Weisses, 31.05.2022, 08:47 Uhr

    Lautet die Prämisse, dass die Attraktivität der Innenstadt von gut laufenden Geschäften abhängt, gilt folgendes: Die Miete für ein Ladenlokal basiert auf der Gewinnformel: Gewinn = Anzahl der Besucher im Laden x Konversionsrate (Anteil kaufender Kunden an den Besuchern im Laden) x durchschn. Höhe des Warenkorbs x durchschn. Marge. Der City Manager muss für mehr Kundschaft in der Stadt sorgen, denn das ist die einzige Stellgrösse die er beeinflussen kann. Gelingt es nicht, werden die Gewinne aus der Vermietung der Ladenlokale sinken und ggf. die Läden dann in Wohnungen umgewandelt.
    Die Frage ist, ob das die einzige Prämisse für die Attraktivität der Innenstädte ist. Dann wäre der City Manager eher auf verlorenem Posten. Es wird sich wenig mit der Frage auseinandergesetzt, was eine Innenstadt attraktiv machen könnte, wenn das heutige Paradigma (Läden = Attraktiv) ausstirbt. Das wird die Hauptaufgabe des City Managers und genau diese Person wird von den heutigen Playern (Ladenlokalbetreiber) in der Innenstadt keiner einstellen wollen. So gesehen könnte man auch Variante 2 auswählen.

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  • Profilfoto von Stadt Luzerner
    Stadt Luzerner, 30.05.2022, 21:06 Uhr

    Ich bin weiss Gott kein Freund der Luzerner Regierung und deren Veloförderprogramm, welches durch alle Anderen, Hauptsache nicht durch die Velofahrer selbst finanziert werden soll, aber wer heute in irgendeiner Stadt (weltweit) ein Geschäft betreibt, bei welchem man auf autofahrende Kundschaft angewiesen ist, dann darf man sich schon fragen, ob dieses Geschäft seinen Sitz am richtigen Ort hat!?!? Daher als erstes die unsäglichen Cars (inkl. deren China-Rüpel-Touristen) aus der Stadt spedieren, Zentrumsparkplätze (bis auf wenige Kurzparkierer / Umschlag) weg, stattdessen Parkhäuser bei den Einfallsstrassen nach Luzern (Eichhof, Musegg und Kasernenplatz). Statt überteuerter Durchgangsbahnhof einen Bahnhof Luzern Nord (so muss auch nicht mehr Hinz und Kunz immer mitten ins Zentrum rein) und die Bahnhöfe Luzern Nord und Luzern Zentrum mit zwei Ring-Bus-Verbindungen (eine Uhrzeigersinn, eine Gegenurzeigersinn) verbinden. Meinetwegen auch mittels U-Bahn……. An diese Ring-Bus-Verbindungen dezentrale Bus-Hub’s anbinden und viele weitere Busse, welche täglich Richtung Bahnhof im Stau stehen fallen weg, da nicht mehr jedes VBL-Garettli zum Bahnhof muss (inkl. eigenes Businseli am Bahnhof). Danach eine Lösung für die Durchgangsachse Seebrücke (evt. Stadttunnel). So geht visionär, liebe Stadt Luzern!

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  • Profilfoto von Lionel
    Lionel, 30.05.2022, 17:28 Uhr

    Die Durchschnitts-Luzerner wollen unter sich bleiben, sie mögen keine Touristen, haben sie nie geschätzt. Not welcome. Immer gabs was zu nörgeln – zu viele Asiaten, zu viele Cars, politisch motivierte Autofeindlichkeit, andere Gewohnheiten. Nach Corona kommen weniger, und jetzt ists auch nicht recht. Mit Bürokratie gegen Ladenschliessungen? Wers glaubt. Man wird die Geschäfte in Wohnungen umnutzen, die Nachfrage nimmt ja ständig zu.

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  • Profilfoto von opm
    opm, 30.05.2022, 17:07 Uhr

    cool der instore zieht ein… wann ist eröffnung? bzw… wann ist der ausgezogen? soviel zum ladensterben… die meisten kennen ja nicht mal die vielfalt in der stadt…

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  • Profilfoto von Rolf Albisser
    Rolf Albisser, 30.05.2022, 16:28 Uhr

    Danke den Grünen und Linken. Alle Parkplätze sollen verschwinden. Nur, die Velo und Cargovelofahrer (da sitzen nur Kinder drin und keine Einkäufe) sind nicht ht die Geschäftskunden. Mit Flanieren rettet man keine Geschäfte. Scheinbar merkt das keiner. Lieber wird eine neue Studie mit Steuergelder aufgegleist.

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    • Profilfoto von Gertrud
      Gertrud, 30.05.2022, 18:35 Uhr

      Da sind die Ladenbetreiber selber Schuld wenn sie die Städtler nicht anzulocken schaffen. Heimlieferung ist für die grösseren Einkäufe so oder so notwendig.

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