Ladenbetreiber genervt: «Die Zeiten haben sich geändert»
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Die Luzerner Regierung will die Öffnungszeiten für Hofläden und Co. etwas lockern. Sie sagt aber nicht genau, wie. Für den Betreiber des Selbstbedienungsladens auf dem Pilatusplatz in Luzern ist die Antwort unbefriedigend.
«Die Antwort gibt keine Antwort.» So das Urteil von Kevin Klak zu den Stellungnahmen der Luzerner Regierung bezüglich Ladenöffnungszeiten. Sein Unternehmen, die Digitalrat GmbH, steckt hinter dem Selbstbedienungsladen am Luzerner Pilatusplatz (zentralplus berichtete). Dieser muss sich gleich wie alle anderen Läden an die regulären Ladenöffnungszeiten halten – eine entsprechende Beschwerde hat das Justiz- und Sicherheitsdepartement abgewiesen.
Daraufhin haben Luzerner Kantonsräte zwei Vorstösse dazu eingereicht, mit denen sie Lockerungen für Hofläden und Co. forderten (zentralplus berichtete). Die Luzerner Regierung zeigte sich einer Ausnahme gegenüber offen, sagte jedoch nicht genau, inwiefern. Wohl aber werde es trotzdem noch räumliche und zeitliche Einschränkungen geben. Die wichtigste Frage beantworte die Stellungnahme aber nicht, so Klak: «Was passiert mit den über 50 Luzerner Hofläden, die gemäss Ladenschlussgesetz illegal geöffnet haben?» Vermutlich würden die nun einfach weitermachen, Kontrollen würden sie schliesslich nicht zu befürchten brauchen, sagt der Unternehmensberater.
«Der Ehrliche ist halt der Dumme»
Für Klaks Laden am Pilatusplatz bedeutet das, dass vorerst weiterhin um 19 Uhr Schluss ist. «Dabei würde es unserem Pilotprojekt guttun, wenn wir andere Öffnungszeiten hätten.» Auch andere könnten von den Erkenntnissen gewinnen, inklusive Behörden, ist er überzeugt. «Eigentlich müssten die Betreiber sich einfach darüber hinwegsetzen, wie das die Bauern unbewusst tun. Der Ehrliche ist halt der Dumme.»
Das merken nicht nur einzelne Betreiber: Wie die «Luzerner Zeitung» 2020 berichtete, setzen sich ganze Gemeinden über das kantonale Ladenschlussgesetz hinweg. So sind beispielsweise Volg-Läden im Meggen und Weggis auch sonntags offen. Dies, weil «Tourismusgemeinden», zu denen beide zählen, längere Öffnungszeiten in Eigenkompetenz beschliessen können. Zwar wären die im Volg angebotenen Waren gemäss der Tourismus-Sonderklausel nicht gesetzeskonform. Das scheint die Gemeinden aber nicht zu kümmern. 2020 versandte der Kanton einen Brief mit einem entsprechenden Hinweis. Geändert wurde von den Gemeinden aber nichts. Wo kein Kläger, da kein Richter.
Länger einkaufen zu können, entspreche einem Bedürfnis, ist sich auch Klak sicher. Etwa für eine Krankenschwester, die grad von der Abendschicht kommt, oder für einen Mitarbeiter im Durchgangszentrum. Oder auch für Junge, die bis 21 Uhr Training im nahe gelegenen Säli-Schulhaus hatten. «Als ich denen sagen musste, dass unser Laden ebenso um 19 Uhr schliessen muss, konnten sie das kaum glauben.»
Die Betreiber wollen keinen 24-Stunden-Betrieb. Lediglich Öffnungszeiten, solange draussen die Sonne scheine. Im Sommer also von 17 bis etwa 22 Uhr. Im Winter dann wieder andere Zeiten.
Arbeiterschutz oder nicht?
Die Ausführungen und Überlegungen des Kantons kann Klak nur bedingt nachvollziehen. Dass der Kanton erwähne, dass der Arbeiterschutz abschliessend im Arbeitergesetz geregelt sei, aber trotzdem vor «versteckter Mehrarbeit» warne, sei «paradox». Zumal dies seiner Meinung nach ja illegal wäre. Gleich sei mit Blick auf die Kantonsratsprotokolle auch schon bei der letzten Teilrevision 2020 argumentiert worden – obwohl das Ladenschlussgesetz eben nicht dafür zuständig sei. Und: «Kantone wie Ob- und Nidwalden haben kein solches Gesetz und beziehen sich auf das Arbeitsgesetz. Dort werden die Mitarbeiter deshalb nicht ausgebeutet.»
Auch die vergangenen Abstimmungen, bei denen die Luzerner Stimmbevölkerung eine Liberalisierung bachab schickte, sind für ihn nur bedingt ein Argument. «Klar, Volksentscheide muss man akzeptieren. Aber die Zeiten haben sich geändert.» Allein mit dem Aufkommen des Onlinehandels habe sich das Kaufverhalten der Bevölkerung stark verändert. Und: Er vermutet, der Luzerner Stimmbevölkerung – er eingeschlossen – war damals nicht bewusst, dass das Ladenschlussgesetz explizit den Arbeitsschutz ausschliesse.
- Die sind gut so, wie sie sind! Irgendwann muss auch mal Schluss sein.
- Zumindest für Selbstbedienungsläden und Co. sollten Ausnahmen gelten.
- Weg mit dem ganzen Gesetz – es soll den Läden selbst überlassen sein.
- Ich bin unentschlossen – es gibt Argumente dafür und dagegen...
Dass die bestehenden Läden nicht konkurrenziert werden sollten, findet er ebenso kein schlüssiges Argument. «Die Regierung fordert Gleichberechtigung, setzt sie aber selbst nicht durch.» Bereits heute seien gemäss Gesetz Apotheken gegenüber Parfümerien bevorzugt und Floristen gegenüber Kleiderläden, da sie vom Ladenschlussgesetz ausgenommen sind.
Kanton verhindere Innovation
Letztlich finde er es «traurig», unterstütze der Kanton solche Pilotprojekte nicht mehr. «Pilotprojekte sollten nicht scheitern, weil der Staat eingreift. Sondern weil die Geschäftsidee nicht funktioniert hat.» Dass eine Tür einen Laden ausmache, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Für ihn biete das Ladenschlussgesetz ohnehin den nötigen Spielraum, um solche Container ohne Personal zu bewilligen. Denn: In einem Absatz stehe, dass im Zweifelsfall die Luzerner Polizei entscheide, ob eine Verkaufsstelle unter das Gesetz falle oder nicht. Hier biss er in Luzern auf Granit.
Anders in anderen Kantonen: Klak habe sein Konzept auch 18 weiteren Kantonen vorgestellt. In Läden ohne Ladenschlussgesetz war es kein Problem. In einem anderen erhielt er die Rückmeldung, sie würden das wohl als «begehbaren Automaten» behandeln, womit er nicht den Öffnungszeiten unterliegen würden. Wiederum andere meinten, sie wären grundsätzlich offen, das zu prüfen.
Für Klak berücksichtige der Vorschlag der Regierung mit den Einschränkungen künftige technische Entwicklungen nicht. «Die Technologie wird rasant schneller, und neue Konzepte spriessen aus dem Boden. Sie machen auch keinen halt an der Kantonsgrenze. Mit dieser restriktiven Handhabe wird künftig nur die Kadenz bis zur nächsten Ausnahme kürzer.» Statt Ausnahme um Ausnahme hinzuzufügen, sollte man das Gesetz lieber ersatzlos streichen, findet Klak. «Wieso hat Luzern überhaupt ein Gesetz, wenn es eh nicht kontrolliert und konsequent umgesetzt wird? Zudem schaffen es andere Kantone auch ohne.»
In doppelter Hinsicht unsichere Zukunft
Wie es nun nach dieser Antwort weitergehe, wisse er noch nicht. Zuerst versuche er herauszufinden, was die Stellungnahme genau für sie bedeute und wie es politisch weitergehe. Er wäre aber nach wie vor offen, mit dem Kanton und Interessenvertretern wie Gewerbeverbände an einen Tisch zu sitzen und eine Lösung zu finden.
Auch ohne die Öffnungszeiten ist unklar, bis wann der Container auf dem Pilatusplatz bleibt. Das Pilotprojekt habe ihnen schon diverse Erkenntnisse geliefert, und einige Ideen würden sie noch testen, sagt Klak. Von der Stadt Luzern hätten sie eine auf drei Jahre befristete Baubewilligung erhalten. Jedoch müssten sie den Container schon früher abbrechen, sollte das Bauprojekt am Pilatusplatz in die Gänge kommen (zentralplus berichtete). Bis dahin verkaufen sie bis auf Weiteres Güggeli und regionale Produkte im Container. Wenn auch vorerst noch zu regulären Öffnungszeiten.
- Persönliches Gespräch mit Kevin Klak, Experte für Unternehmensentwicklung bei der Digitalrat GmbH
- Motion von Ursula Berset und dazugehörige Antwort der Regierung
- Postulat von Rolf Bossart und dazugehörige Antwort der Regierung
- Bundesgerichtsurteil 130 I 279 bezüglich Ladenschlussgesetz
- Luzerner Ruhetags- und Ladenschlussgesetz
- Schweizer Arbeitsgesetz
- Kantonsratsprotokolle zur Teilrevision des Ladenschutzgesetzes 2020
- Artikel in der «Luzerner Zeitung» zu den eigenwilligen Gemeinden