Schiissigässlizunft mischt bei der Fasnacht mit

Der Zunftvater, der anmutig die WC-Bürste schwingt

Die Chefs der Schissigässli- und der Letzibutzäli-Zunft: Remo I. und Richard Rüegg.

(Bild: Wia)

Die Zuger haben Grund zur Freude. Nicht nur, weil gerade wie wild Fasnacht gefeiert wird. Sondern auch, weil es mit der Schiissigässlizunft eine neue Gesellschaft gibt. Remo I. und sein Gefolge finden auch ohne Einladung Wege, bei den wichtigsten Anlässen dabei zu sein – dank einer gehörigen Portion Dreistigkeit.

Wir haben Glück. Mitten am Schmutzigen Donnerstag, am heiligsten aller fasnächtlichen Feiertage, können wir einen Termin vereinbaren mit dem Gründungsmitglied der neusten Zuger Fasnachtszunft. Und das nur wenige Stunden vor dem Kinderumzug.

Wir treffen Remo Hegglin, der heuer ausserdem auch gerade noch das Amt des Zunftvaters der frischgebackenen Schiissigässlizunft Zug bekleidet, vor dem Zunftlokal. Vor dem Zuger Rathauskeller tummeln sich allerhand Samtbekleidete, als Remo I. der Sparsame mit seinem Gefolge um die Ecke biegt. Ganz in Blau-Weiss gekleidet, mit Narrenkappe und erhabener Miene, nickt er anderen Zünftlern zu. In seiner Rechten das Zepter, eine Klobürste.

Ein Letzibuzäli-Zunftmitglied spricht den neuen Zunftvater an. «Schau, ich hab euren Pin schon angesteckt», sagt dieses und tippt auf die eigene Brust. Tatsächlich, dort prangt der blau-weisse Anstecker der Schiissigässlizunft Zug mit dem Konterfei von Zunftmutter und -vater Nicolett I. und Remo I.

 

Das traute Zunftpaar: Remo I. und Nicolett I.

Das traute Zunftpaar: Remo I. und Nicolett I.

(Bild: zVg)

Wer den Rappen nicht ehrt …

Wir setzen uns ins Lokal. Remo I. der Sparsame legt die Klobürste auf die Theke. Er bestellt Wasser. Sein Hofstaat – heute Nachmittag besteht er aus bloss einer Person – tut es ihm gleich. «Das ist Frederike. Sie ist unsere deutsche Ehrendame. Das kommt günstiger so», erklärt Remo I., während Frederike, gekleidet in blau-weiss geringelter Mütze und ebensolchen Strümpfen, eifrig nickt.

«Insgesamt sind wir zu viert», ergänzt der Zunftvater ernst. «Mehr Mitglieder können wir uns ja auch gar nicht leisten.» Offen für Legate sei man jedoch.

«Wir sind zu dieser Zunft gekommen wie die Jungfrau zum Kind.»

Remo I., Zunftvater der Schiissigässlizunft Zug

«Wir werden dauernd auf dem falschen Fuss erwischt. Letzthin hat uns jemand aus einer anderen Zunft gefragt, ob wir denn einen Fasnachts-Fahrplan hätten. Darauf sind wir selber noch gar nicht gekommen.»

Es sei alles sehr schnell gegangen, sagt er. «Wir sind zu dieser Zunft gekommen wie die Jungfrau zum Kind», so Remo I. «Deshalb sehen wir uns auch noch als Lehrlinge auf dem Gebiet.» Umso glücklicher sei man über die Hilfe anderer Zünfte. «Damit wir in der Szene Anschluss finden, haben wir alle Zuger Zünfte und Fasnachtsgesellschaften über diverse Kanäle angeschrieben.»

Erhört worden sei man bisher von der Hünenberger Eiche-Zunft. Mit dieser habe man bereits eine Zunftpartnerschaft beschlossen. «Was uns natürlich ausserordentlich freut», so Remo I. der Sparsame. «Wir erhoffen uns daraus einen interkulturellen Austausch zwischen Zug und dem Ennetsee», sagt er ernst.

Von dieser Vertragsunterzeichnung zeugt ein Foto, das die Schiissigässlizunft auf ihrer Facebook-Chronik veröffentlicht hat.

Erste Bünde werden geschaffen. Michael Werder (l.), Präsident der Eichenzunft und Remo I. unterzeichnen den Vertrag.

Erste Bünde werden geschaffen. Michael Werder (l.), Präsident der Eichenzunft und Remo I. unterzeichnen den Vertrag.

(Bild: zVg)

Wie man sich zu Einladungen verhilft

«Die Eiche-Zunft hat uns versichert, dass wir mit ihr zum VIP-Apéro der Letzibuzäli dürfen. Denn von dieser Zunft haben wir noch keine Einladung bekommen», sagt der Zunftvater. Er wirkt etwas konsterniert.

Plötzlich geht Richard Rüegg, Zunftmeister ebendieser Letzibuzäli am Tisch vorbei. Die zwei Oberhäupter grüssen sich herzlich, als wären sie langjährige Bekannte. Remo I. zu ihm: «Du, am Samstag sind wir anscheinend nicht eingeladen bei eurem Apero …» Betretenes Schweigen. «Neinei, kommt doch auch», antwortet Rüegg kurzerhand. Remo I. nickt ermutigend.

«Die Farben braun und gelb würden ja viel besser zu euch passen.»

Richard Rüegg, Zunftmeister der Letzibuzäli zu Remo I.

Dem Letzibuzäli-Zunftmeister liegt noch etwas auf dem Herzen: «Also, eigentlich haben wir uns ja eine Urheberrechtsklage überlegt, weil ihr, so wie wir, in blau-weiss unterwegs seid. Braun-gelb würde ja auch viel besser zu euch passen.» Diesen Input nimmt der Schiissigässli-Zunftvater dankend auf. «Wir sind halt heute im Festtagsgewand unterwegs.» Worauf sich die beiden Herren zunicken und verabschieden.

«Dreist? Schon, ja. Auch von den Letzibuzäli, die uns nicht eingeladen haben.»

Remo I., Zunftvater der Schiissigässlizunft Zug 2019

Auf die Erkenntnis von zentralplus, dass da doch eine gehörige Portion Dreistigkeit an den Tag gelegt werde, findet Remo I. todernst: «Schon, ja. Auch von den Letzibuzäli, die uns nicht eingeladen haben.»

Beim Hünenberger Umzug ist man offiziell dabei

Beim Umzug in Hünenberg dürfe die Schiissigässlizunft Zug übrigens ganz offiziell – als geschätzte Partnerzunft – mitziehen. «Wir sind die Nummer 00», sagt der Zunftvater mit sichtlichem Stolz. Viel weniger offiziell ist der Plan, beim Kinderumzug mitzulaufen, der eine Stunde später stattfindet. «Wir sind die Nummer 4», beschliesst Remo I. spontan. «Weil, um 15 Uhr muss ich auf den Zug, und wenn wir weiter hinten sind, müssen wir länger warten.»

Bevor die zweiköpfige Zunft in Richtung Umzug geht, wollen wir aber noch ein paar Hintergrundinfos. Wofür setzt sie sich etwa ein, die Schiissigässlizunft Zug?

«Für uns sind Themen wichtig, die andere Zünfte lieber geheimhalten. Etwa die Finanzierung», so der Sparsame. «Wir legen unsere Kosten vollständig offen», sagt er. «Wir sagen offen, dass wir wenig Geld haben. Darum versuchen wir ja auch, uns möglichst oft zum Nachtessen einladen zu lassen. Und zwischendurch gibt’s halt nur Wurst und Brot.» 

Der bescheidene Anspruch: Jeweils in der Kutsche mitzufahren

Die Zunftmutter Nicolett I. die Umtriebige, die an diesem Nachmittag leider nicht dabei sein könne, habe nur einen, bescheidenen Anspruch. «Es ist ihr wichtig, möglichst oft mit einer Zunftkutsche mitfahren zu dürfen.»

Dann haben die Schiissigässlizünftler also die Hoffnung, an mehreren Umzügen dabei zu sein? «Was heisst da Hoffnung? Wir gehen einfach.» Auch, wenn sie nicht dazu eingeladen werden, wollen sie kurzum die Anlässe crashen? «Wir sehen das nicht als ein Crashen, sondern viel eher als ein Ergänzen.»  

Die ersten Groupies sind schon an Bord

Wieder kommt eine Zunftfrau an den Tisch. Es dürfte sich um eine ehemalige Letzibuzäli-Prinzessin handeln. Sie nimmt sich einen Button und fragt verwundert: «Ist das etwas Neues?» Darauf Remo I.: «Also. Das ist eigentlich schon ziemlich traditionell.» Sie bestaunt nicht nur das feine Kostüm, sondern auch das Zepter. Nickt zustimmend, steckt sich den Button ans Kleid und schliesst mit den Worten: «Ich finde alle gut, die Fasnacht machen.»

«Ein paar Groupies haben wir schon», stellt Remo I. trocken fest. Nicht bei allen vermag die Schiissigässlizunft Zug jedoch Wohlwollen auszulösen. Einige samtgekleidete Letzibuzäler beäugen den selbsterkorenenen Zunftvater misstrauisch. Man scheint zu ahnen, dass mit der neuen Zunft die Narren zum Narren gehalten werden.

Das Schiissigässli-Programm wird immer dichter

Ironisch oder nicht: Die Schiissigässlizunft Zug steckt nun selber von Kopf bis Fuss in der Fasnacht drin. Und auch wenn ihr Fahrplan etwas légèrer sein mag wie die der etablierten Zünfte: Wenn Remo I. mit dem Netzwerken so weitermacht wie bisher, dürfte das Wochenende für die vier Zünftler vor lauter Apéros, Umzügen und Bällen ein strenges werden. Auch wenn der Zunftvater betont: «Wir lassen uns einfach mal treiben und schauen, was passiert.»

Zunftvater Remo I. und seine Zunftdame Frederike beim Kinderumzug in Zug.

Zunftvater Remo I. und seine Zunftdame Frederike beim Kinderumzug in Zug.

(Bild: zVg)

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